Prof. Dr. Wolfgang Maennig
Inzwischen nehmen jährlich rd. 100.000 Aktive an den
SCC‐Läufen teil, wobei real,- BERLIN‐MARATHON (rd. 35.000
Teilnehmer), BEWAG BERLINER HALBMARATHON (rd. 18.000 Teilnehmer) und
SKATER-MARATHON (rd. 9.000 Teilnehmer) die größten Events
darstellen. Rd. 32.000 der Läufer kommen aus Berlin (entspricht rd. 32%),
rd. 23.000 Läufer aus dem Land Brandenburg (24%), rd. 33.000 aus den
restlichen Bundesgebieten (33%) und immerhin rd. 11.000 aus dem
Ausland(11%).
In einer korrekten regionalwirtschaftlichen Analyse dürfen allerdings
nur die wirtschaftlichen Aktivitäten der Auswärtigen gewertet werden;
für die Berliner Aktiven und Zuschauer gilt, dass sie ohne die Läufe
andere Aktivitäten in der Region entwickelt hätten. Diese
wirtschaftlichen Wirkungen der auswärtigen Aktivitäten der
Läufer und ihrer Begleiter, die getrennt nach vier verschiedenen
Unterkunftsarten und dem entsprechenden Ausgabeverhalten berechnet wurden,
belaufen sich auf insgesamt rd. 23,0 Mio. €. Dieser primäre
Ausgabenimpuls kommt zu rd. 70,5% dem Berliner Beherbergungs- und
Gaststättengewerbe zugute. Die Verdrängungseffekte, die dadurch
entstehen, dass "normale" Berlin-Touristen aufgrund des MARATHON der
Stadt fernbleiben, wurden für die vornehmlich betroffenen Hotel-,
Gaststätten- und Einzelhandelsbereiche eingehend untersucht – und
fielen erstaunlich gering aus. Statt der häufig angesetzten pauschalen 10%
Verdrängung vom Primärimpuls ergab sich, dass in volkswirtschaftlich
relevanter Höhe allenfalls der übliche Hoteltourismus (und die
nachgelagerten Aktivitäten) aufgrund der ausgebuchten Kapazitäten um
rd. 2,2% verdrängt werden. Die Stadtrundfahrt-Unternehmen, deren Betrieb
am MARATHON-Sonntag eingestellt werden muss, erleiden trotz der Samstags und
Freitags erhöhten Stadtrundfahrt-Gästezahlen Umsatzeinbußen,
die sich im Vergleich zu September-Wochen ohne MARATHON zwar auf rd. 13%
belaufen und somit für den betroffenen Unternehmenssektor spürbar
sind, jedoch im unteren fünfstelligen €-Bereich liegen und mit nur
0,07% des vom MARATHON ausgelösten Primärimpulses volkswirtschaftlich
vernachlässigbar gering sind.
Auch die Umsatzeinbußen des Berliner Einzelhandels in den City-Lagen,
die je nach Verkehrsführung unterschiedlich ausfallen, stellen aus
volkswirtschaftlicher Sicht kein wesentliches Gegenargument dar. Die
verdrängten Berliner Konsumenten haben aufgrund der polizentrischen
Struktur Berlins gute Möglichkeiten der Berliner, in andere
Shoppingzentren auszuweichen. Insgesamt bieten die Ergebnisse einen Anreiz, die
Verdrängungseffekte in ähnlichen regionalwirtschaftlichen Studien
genauer zu berechnen und von (zu hohen) Pauschalansätzen Abstand zu
nehmen.
Zu den weiteren volkswirtschaftlichen Kosten gehören ferner diejenigen
der polizeilichen Sicherung der Laufstrecken. Der Polizeipräsident in
Berlin kalkuliert beim real,- BERLINER MARATHON mit einem Aufwand von 7.369,
beim samstäglichen SKATER‐MARATHON mit 5.200 Personenstunden. Hinzu
kommen rd. 900 Personenstunden für die Vor- und Nachbereitung. Unter
Berücksichtigung auch des Aufwandes für die anderen Läufe
ergeben sich unter Zugrundelegung der Berlin-typischen polizeilichen
Arbeitseinsatzkosten insgesamt Kosten in Höhe von rd. 470.000 €.
Der primäre Ausgabenimpuls der Auswärtigen (abzüglich der
Verdrängungseffekte) führt, weil diese Ausgaben (teilweise) zu
Einkommen in Berlin führen, welches wiederum (teilweise) verausgabt wird,
zu einem multiplikativen Einkommenseffekt. Am Ende des multiplikativer
Einkommenseffekt resultiert aus den SCC-Läufen ein Netto-Einkommensimpuls
von rd. 35,1 Mio. € (entspricht 0,05% des Berliner
Bruttoinlandsproduktes). Beim Vergleich mit anderen Studien und events muss die
besonders konservative Berechnungsweise berücksichtigt werden. So wurde
ein berlin‐spezifischer Multiplikator in Höhe von nur rd. 1,35
verwendet – bei den Berechnungen zur Fußball-WM 2006 wird
beispielsweise ein Multiplikator von rd. 2,25 verwendet. Auf entsprechender
kaufmännischer Vorsicht basieren auch die weiteren Abschätzungen zu
den mit dem Einkommensschub einhergehenden zentralen wirtschaftlichen
Wirkungen. Die Mehrbeschäftigung beläuft sich dennoch auf rd. 670
Personenjahre, und für die Berliner Öffentlichen Haushalte
resultieren Steuermehreinnahmen zwischen rd. 1,8 Mio. € und maximal rd.
4,0 Mio. €. Neben diesen „realwirtschaftlichen“ Wirkungen ist
auf den Imagegewinn zu verweisen, welcher der Berliner Region durch die
SCC-Läufe, insbesondere durch die real,- BERLINER MARATHON Rennen,
entsteht. Mit den zurzeit bestehenden ökonomischen Instrumenten ist dieser
zwar nur schwer einzugrenzen; der aufgrund einer detaillierten Media-Analyse
abgeleitete Erwartungswert von rd. 14,2 Mio. € erscheint jedoch aufgrund
des überragenden Umfanges der internationalen Berichterstattung, bei der
in 2002 72 internationale Sender in 41 Ländern 287 in internationale
Sendungen insgesamt über 57 Stunden berichteten und rd. 147 Mio. Menschen
erreichten, als ein angemessener Näherungswert.
Der Initiator profitiert, der Unternehmenssektor insgesamt profitiert, die
Öffentliche Hand profitiert, der Imagewert ist klar positiv – unter
solchen Umständen ist eine formale Nutzen-Kosten-Analyse unüblich.
Der Vollständigkeit halber soll dennoch erwähnt werden, dass die
Gegenüberstellung der direkten plus indirekten Nutzen mit den direkten
plus indirekten Kosten zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von rd. 12,0
führt. Selbst bei Außerachtlassung jeglicher Imageeffekte liegt das
Nutzen-Kosten-Verhältnis bei rd. 8,8. Beide Werte signalisieren eine sehr
hohe volkswirtschaftliche Effizienz und höchste gesellschaftliche
Priorität.
Zukünftige regionale Wachstumspotentiale aus den SCC-Läufen
müssen in den Events gesucht werden, die ein aktuell hohen Wachstumstrend
aufweisen, von ihrem Image-Beitrag dem angestrebten Bild Berlins als moderne
und flexible Stadt besonders nahe stehen und bei den denen angebotsseitige
Kapazitätsengpässe vorläufig keine Rolle spielen dürften.
Zu solchen Läufen dürfte übrigens insbesondere der (teilweise
besonders hinterfragte) Skater-MARATHON gehören, der bereits jetzt
volkswirtschaftliche Nutzenüberschüsse erzielt.
Die SCC-Läufe sind wirtschaftlich klar vorteilhaft für die
Berliner Region und sollten nach Kräften unterstützt werden.
können Sie hier einsehen
BERLIN-MARATHON
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