Schafft ein deutscher Läufer den Sprung in das Olympiateam? Diese Frage
drängt sich nach der Leistungsschau bei den deutschen
Straßenlauf-Meisterschaften in Siegburg auf. Die Nummer 1 der Männer
Carsten Eich lässt diese Frage eher unbeantwortet, zumal er keinen
Verbandsdruck verspürt. Mit eigenen Mitteln wird muss sich Eich für
einen Frühjahrsmarathon in Form bringen. Mit 2:11:00 ist allerdings die
Meßlatte hoch. Eichs 1:03:43 sind als Momentaufnahme zwar nicht schlecht,
doch für höhere Aufgaben nicht unbedingt eine Empfehlung. “Ich
habe bis Anfang Mai noch ausreichend Zeit“ macht sich der siebenmalige
Halbmarathonmeister Mut. Mit großen Schritten nähert sich Martin
Beckmann der nationalen Spitze, aber Athen ist wie auch für Umsteiger
Mario Kröckert noch zu früh. “Ein Sprung in Hamburg in Richtung
2:12 bis 2:13 wäre doch schon einmal etwas“, umreißt
Bayer-Coach Paul-Heinz Wellmann die Ziele für Kröckert. Hinter Eich,
klafft derzeit eine bedenkliche Lücke, die am ehesten jedenfalls Beckmann
und Kröckert schließen können.
Bei den Frauen sind die Fronten durch Luminita Zaituc und Ulrike Maisch
abgesteckt. Aus dem Kreis Melanie Kraus, Claudia Dreher und Sonja Oberem
könnte sich noch eine dritte Marathonläuferin für Olympia
empfehlen. Für die überaus zuverlässige Sonja Oberem wird es
allerdings nach einem Fehlversuch in Japan eng, vor allem, wenn die
Trainingskonstanz angesichts der Verletzungsprobleme fehlt.
Und die Situation beim Nachwuchs? “Die Ergebnisse sind
durchwachsen“, wägt Bundestrainer Henning von Papen ab.
“Erfreulich, dass es neben den uns bereits bekannten Athleten wie
Christina Mohr oder Verena Dreier und Johannes Raabe einige neue Gesichter wie
Tom Scharff, Vitali Müller oder Anja Schnabel, Sandra Thormann und Simone
Feld gibt!“ Natürlich lassen sich die Strecken nicht unmittelbar mit
einander vergleichen, doch gewisse Tendenzen sind sichtbar. Den nachhaltigsten
Eindruck hinterließ dabei Tom Scharff, eine Entdeckung von Dieter Conrad,
der einst Birgit Jerschabek oder Manuela Veith in die Spitze geführt
hatte. Der 19jährige des Schweriner SC trainiert erst seit zwei Jahren und
kann nach Conrad “einer werden“. Dichtauf im Ziel der ein Jahr
jüngere, in Kasachstan geborene Vitali Müller. Ein Vergleich mit
Stefan Koch, der die 10 km zuvor beherrschte, stellt sich gewiss nicht, schon
alleine aufgrund des Trainingsalters.
Bei der B-Jugend triumphierte mit Johannes Raabe ein 1500 m-Läufer, der
exakt diese Zeit bereits vor einem Jahr schon einmal gelaufen war, Cross und
Straße allerdings nur als Grundlage für eine weitere Entwicklung auf
der Bahn sieht. Bei den Mädchen gab es für Christina Mohr wie auch
für Verena Dreier aus gewiss unterschiedlichen Gründen keinen
Hallenschwerpunkt, mit exakt 36:00 Minuten war dabei die Gerolsteinerin etwas
schneller als die A-Jugendersten der vergangenen Jahre. Simone Feld hatte bei
der B-Jugend einen beruhigenden 30-Sekunden-Vorsprung vor Anna Chase, die mit
37:16 allerdings den Grundstock für den einzigen deutschen Rekord der
Veranstaltung sorgte, denn der TSV Bayer Leverkusen steigerte die
Team-Bestmarke um gleich sieben Minuten auf 1:56:24 Stunden.
Wilfried Raatz