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Wie Haile Gebrselassie als Neunjähriger die Fußball-WM sah

„Heute würde ich sagen, der Senegalese El Hadj Diouf ist mein

Lieblingsspieler. Die Afrikaner sind im Kommen, und der Senegal hat eine tolle

Mannschaft. Ich drücke ihnen die Daumen und sehe mir die Spiele an“,

erzählt Haile Gebrselassie, der am vergangenen Sonntag in Hengelo seinen

Weltrekordversuch im Stundenlauf verletzungsbedingt abbrechen musste. Eine

Muskelverletzung in der Wade zwingt ihn nun sogar zu einer Laufpause.

Heute braucht Haile Gebrselassie nur den Fernseher anzuschalten, um die

Fußball-WM zu sehen. Wie es früher war und was er von der WM denkt,

erzählt Äthiopiens Läuferstar hier:

„Früher hieß mein WM-Held Diego Maradona. Er war ein

Ausnahmespieler, einer der sein Tor auch noch gleich selbst vorbereiten konnte.

Er schnappte sich den Ball, rannte über das Spielfeld, umkurvte seine

Gegenspieler und traf. Ich habe seine großen Spiele als Kind im Fernsehen

gesehen.“

„Das war gar nicht so einfach für mich, eine Weltmeisterschaft im

Fernsehen zu sehen. Ich habe in Äthiopien auf dem Land gelebt, 175

Kilometer entfernt von Addis Abeba. In der Stadt in unserer Nähe gab es

vielleicht zehn Fernsehgeräte. Das nächste zu erreichende Gerät

war etwa 10 Kilometer entfernt. Wir sind hin und zurück gelaufen, um die

Spiele zu sehen. Als die WM 1982 in Spanien stattfand, war ich neun Jahre alt.

Durch die zweistündige Zeitverschiebung, waren wir fast die ganze Nacht

unterwegs. Wir hatten so gut wie keine Zeit mehr zum schlafen.“

„Ich selbst habe nicht so viel Fußball gespielt. Wenn wir

spielten, war ich am liebsten der Torwart, weil ich als Spieler nicht gegen

meine Freunde kämpfen wollte. Einen richtigen Ball hatten wir

natürlich nicht. Es waren Papierkugeln oder irgendwelche Teile aus

Plastik, aus denen wir Bälle bastelten. Einen echten Fußball habe

ich erst mit 17 Jahren zum ersten Mal gesehen, als ich in Addis Abeba

war.“

„Über Äthiopiens Fußball-Nationalmannschaft rede ich

lieber nicht. Sie ist nämlich nicht besonders gut. Ich hoffe, dass wir es

eines Tages einmal schaffen, uns für eine WM zu qualifizieren. Immerhin

spielte Äthiopien bei der letzten Junioren-WM mit. Reden wir also lieber

von der deutschen Nationalelf. Ich glaube, sie kann bis ins Finale kommen und

könnte dort auf Argentinien treffen. Aber warum schießen die

Deutschen gleich im ersten Spiel acht Tore? Sie hätten sich ein paar

Treffer ruhig noch für die nächsten Gegner aufheben

sollen.“

„Den Afrikanern traue ich noch einiges zu. Nicht nur Senegal, auch

Kamerun oder Nigeria spielen sehr guten Fußball. Ich kann mir vorstellen,

dass eines Tages auch ein Team aus Afrika Weltmeister wird. Ich finde aber,

dass die Afrikaner zurzeit mit zu viel Kampf spielen, das kostet viel Kraft.

Sie sollten das machen, was sie können: nämlich schönen

Fußball spielen und taktisch noch etwas besser werden.“