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Wider die Bequemlichkeit: Winterzeit ist Cross-Zeit!

Winterzeit ist - auch oder in erster Linie Cross-Zeit. Auch in Deutschland.

"Cross als integrativer Teil des Wintertrainings" nannte es einmal

die für den Laufbereich unter anderem verantwortliche Bundestrainerin

Isabelle Baumann und möchte die Teilnahme am Crosslauf in den

Wintermonaten als eine wichtige Vorbereitung auf eine möglichst

erfolgreiche Sommersaison verstanden wissen. Ehemann Dieter Baumann und Irina

Mikitenko haben dies in der Vergangenheit stets so verstanden und sich auch der

Konkurrenz auf internationalem Querfeldeinterrain gestellt, wenngleich mit

bescheidenen Erfolgen. Aber - an den exzellenten Leistungen im Stadionoval

jedenfalls ließ sich das hartnäckige Bemühen in Platzierungen,

Minuten und Sekunden bemessen.

Dies alleine sollte schon Richtungsweiser für den Deutschen

Leichtathletik-Verband sein, vor allem, wenn die Bemühungen ernsthaften

Charakters sein sollen, der Laufszene einen ordentlichen Schub zu verpassen. So

lange ein Nils Schumann auch ohne Cross die Medaillen holt, so lange die

Springer und Werfer den Medaillenspiegel bei internationalen Anlässen

hervorragend gestalten, so lange gibt es scheinbar keine Nöte, die

gewiß einmal geäußerten Vorsätze auch mit Nachdruck in

die Tat umzusetzen. Es bleibt somit bei den einsamen Rufern, den

Alleingängen Weniger.

Natürlich ist Leichtathletik Springen und Werfen. Vorrangig aber

Laufen. Ein Blick in die Mitgliederlisten der Vereine und Verbände zeigt

dies deutlich auf. Nichts gegen einen Volks-Zehnkampf, aber das Gros der

Leichtathleten sind die Teilnehmer an den unzähligen Laufveranstaltungen.

Ob bei Alt oder Jung, Laufen ist im Trend. Und hier scheint der Deutsche

Leichtathletik-Verband seiner Fürsorgepflicht, sprich Nachwuchspflege, nur

zum Teil nachzukommen. Was hilft das Wehklagen über die

rückläufige Präsenz der Jugend bei den

Leichtathletikereignissen. Wenn nicht andernseits Zeichen gesetzt werden, der

in die Jahre gekommenen Dame Leichtathletik auf die Sprünge zu helfen.

Eine Expertenkommission hat sich beispielsweise um den Crosslauf hierzulande

Gedanken gemacht, ein attraktives Programm mit dem vorrangig von den

Veranstaltervereinen getragenen Deutschen Cross-Cup und runderneuerten

nationalen Crossmeisterschaften auf die Beine zu stellen. Fazit? Die Papiere

sind in irgendwelchen Schubladen gelandet, aus dem Deutschen Cross-Cup hat sich

der DLV gänzlich herausgezogen, die deutschen Meisterschaften werden

gemäß der jahrzentelangen Praxis weiterhin mit der gleichen

Wettbewerbsfolge, dem gleichen Zeitplan und dem gleichen Zwei-Tage-Modus

durchgeführt. Es fehlt jeglicher Pepp und Schwung. Die

Leichtathletik-Schaltzentrale in Darmstadt ist bestverwaltet, doch an die

Umsetzung diverser Strukturveränderungen wagt man sich scheinbar aus

Bequemlichkeit nicht heran. Es könnte ja Mühe machen, aus

eingefahrenen Gleisen heraus neue Wege bestreiten zu wollen. Vielleicht, weil

auch die vorgegebenen Entscheidungswege (sprich Verbandsstrukturen) zu

langwierig sind. Und wer hat schon heute noch den langen Atem für den Weg

durch die Institutionen.

Mit Blick auf die Wirtschaftspartner sollte man beim Deutschen

Leichtathletik-Verband rasch erkennen, daß gerade die Laufbewegung

attraktive Veranstaltungen hervorgebracht hat, die es besonders zu umgarnen

gilt. Schließlich sind gerade einige aus dem Verbandsverbund nach den

Olympischen Spielen ausgeschert. Es kann freilich nicht daran liegen, daß

die Leichtathletik eine aussterbende Sportart ist. Sie ist nur anpassungs- und

erneuerungsbedürftig. Nicht alleine die Straßenlaufszene boomt,

interessante Veranstaltungen auf der Bahn und im Gelände ließen sich

gewiß auch den Sponsorpartnern näher bringen. Knebelverträge

(bzw. alte Seilschaften) machen gutgemeinte Ansätze kaputt, sodaß

Interessenten die Lust verlieren, sich neu in der Leichtathletik zu

orientieren. Wenn nun auch der Deutsche Cross-Cup beispielsweise kurz vor dem

Aus steht, dann hat der Deutsche Leichtathletik-Verband ein gerüttetes

Maß Mitschuld daran. Es kann gewiß nicht den Vereinen SCC Berlin,

TuS Köln rrh., TSV Bayer Lerverkusen, ASC Darmstadt und der Neusser

Veranstaltergemeinschaft alleinig überlassen bleiben, eine attraktive

Wettkampffolge in den Wintermonaten auf Erfolgskurs zu halten. Es kann

gewiß nicht daran liegen, daß die ganze Läufernation im Winter

auf den modernen Hallenovals zum Rundendrehen antritt, daß

Hundertschaften dem widrigen Winterwetter in sonnige Gefilde ausweicht, es

liegt eher an der Bequemlichkeit gewisser Funktionsträger. Eine späte

Einsicht ist immer noch besser als keine. Deshalb wird es höchste Zeit,

die Ärmel richtig hochzukrämpeln. Vielleicht gerade jetzt ein

wichtiger Vorsatz. In einem Jahr läßt sich vielleicht auch

hierüber eine Bilanz ziehen!

Wilfried Raatz