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"WELCOME HOME" in Athen 2004

„Welcome home“, leuchtet es einem in Athen an allen Ecken und Enden

entgegen, auf Fahnen, Plakaten und Leuchtschriften. Die Spiele sind

zurückgekehrt zu ihrem Ursprung. 108 Jahre, nachdem in Athen 1896 die

ersten Olympischen Spiele der Neuzeit stattfanden. Heute beginnen endlich auch

im Olympiastadion die Wettkämpfe. Es war, abgesehen vom nach Olympia

ausgelagerten Kugelstoßen der Männer und Frauen, das bereits am

Mittwoch stattfand, der erste Tag der olympischen Kernsportart

Leichtathletik.

Für viele beginnen die Spiele erst richtig, wenn die Leichtathleten in den

Mittelpunkt rücken.

Spiridon Louis und der Marathon über 40 km

„Welcome home“, das gilt besonders für die Leichtathleten.

Schon 1896 standen ihre Disziplinen in Athen im Zentrum des Interesses.

Speziell galt dies natürlich für den Marathonlauf, den der Grieche

Spiridon Louis gewann. Damals wie heute wird dieses Rennen in Marathon

gestartet und endet im Panathinaikon-Stadion von Athen. Schon am Sonntag

starten die Frauen, eine Woche später wird der Männer-Marathon die

letzte Entscheidung dieser Olympischen Spiele sein. 40 km betrug die Strecke

1896. Seitdem bei den Spielen 1908 in London das Ziel genau vor der

königlichen Ehrenlose sein musste, misst die Distanz krumme aber

längst klassische 42,195 km.

Paula Radcliffe (Großbritannien), Naoko Sakamoto (Japan),

Margaret Okaya oder Paul Tergat (beide Kenia)

Im Marathon werden die Deutschen keine Rolle spielen. Bei den Männern

wurde angesichts der Misere im deutschen Langstreckenlauf erst gar keiner

nominiert, bei den Frauen ist von Ulrike Maisch (Rostock) und Luminita Zaituc

(Braunschweig) keine Platzierung im Vorderfeld zu erwarten. Einen zweiten

Spiridon Louis wird es in Griechenland allerdings schon gar nicht geben. Die

Favoriten heißen Paula Radcliffe (Großbritannien), Naoko Sakamoto

(Japan), Margaret Okaya oder Paul Tergat (beide Kenia).

Eine Medaille im Jahr 1896 für die Deutschen

Auch wenn man nicht viel erwarten darf: Besser als vor 108 Jahren müsste

das heutige deutsche Leichtathletik-Team eigentlich abschneiden. Damals gab es

für die deutschen Leichtathleten eine einzige Medaille. Allerdings standen

1896 auch nur ein Dutzend Wettbewerbe auf dem Programm, und Frauen durften

damals noch gar nicht teilnehmen. Im Panathinaikon-Stadion gewann Fritz Hofmann

die Silbermedaille über 100 m mit einer Zeit von 12,2 Sekunden. Zu Gold

sprintete damals Tom Burke (USA) in 12,0 Sekunden. Heute werden 46

Olympiasieger in der Leichtathletik ermittelt, so viele wie in keiner anderen

Sportart.

Nadine Kleinert mit Bronze in Olympia

Der Auftakt der deutschen Leichtathleten war so wie ihn sich die Schwimmer

gewünscht hätten: Beim Kugelstoßen gewann am Mittwoch in

Olympia Nadine Kleinert (Magdeburg) die Bronzemedaille. Damit hatte man nicht

rechnen dürfen. Doch für Euphorie besteht trotzdem kein Anlass in der

deutschen Leichtathletik. Noch in frischer Erinnerung ist das Ergebnis bei der

WM in Paris vor einem Jahr, als die Starter des Deutschen

Leichtathletik-Verbandes (DLV) lediglich einmal Silber und dreimal Bronze

gewannen.

Es war das schwächste Abschneiden eines gesamtdeutschen Teams bei dieser

WM. Überraschend war diese Misere im Sommer 2003 eigentlich nicht

gekommen. Das Problem war jedoch, dass die Erwartungshaltung in der

Öffentlichkeit durch die Funktionäre des DLV unrealistisch hoch

geschraubt worden war.

Nickel: Leistungsvermögen voll ausschöpfen

Im Vorfeld von Athen hören sich die Prognosen der DLV-Funktionäre nun

anders an. Der für Leistungssport zuständige Vizepräsident des

Verbandes, Rüdiger Nickel, verzichtet auf eine Medaillenprognose und sagt

statt dessen gegenüber der Zeitschrift „Leichtathletik“:

„Es hat sich bestätigt, dass es sehr schwer sein wird,

Medaillenträume zu realisieren. Für mich sind Olympische Spiele dann

erfolgreich verlaufen, wenn möglichst viele Athleten in Athen ihr

Leistungsvermögen voll ausgeschöpft haben.“

Kein Gold-Favorit bei den Deutschen

Einen echten Gold-Favoriten hat die deutsche Leichtathletik auch in diesem Jahr

nicht. Die beiden deutschen Olympiasieger von Sydney 2000, Nils Schumann (800

m) und Heike Drechsler (Weitsprung), fehlen verletzungsbedingt. Mit

Dreispringer Charles Friedek (Leverkusen), Diskuswerfer Lars Riedel (Chemnitz)

und Speerwerfer Boris Henry (Saarbrücken) kämpfen drei routinierte

und aussichtsreiche Starter noch mit Verletzungsproblemen. Der 50-km-Geher

Andreas Erm (Potsdam), die Speerwerferin Steffi Nerius (Leverkusen) oder die

Stabhochspringer Tim Lobinger (Köln) und Danny Ecker (Leverkusen) sind die

aussichtsreichsten DLV-Athleten.

Wenn es in Athen nicht schlechter läuft als in Paris, wäre

das schon ein Erfolg.