Vizepräsident Leistungssport, Ulrich Feldhoff: Besser als in Sydney zum
gleichen Zeitpunkt - Nicht alle Erwartungen erfüllt
Ulrich Feldhoff, der Vizepräsident Leistungssport im Deutschen
Sportbund, sieht das deutsche Team trotz mancher herber Kritik von außen
besser als vor vier Jahren in Sydney. Im Interview mit der dsb-website bekennt
er aber auch, dass nicht alle Erwartungen erfüllt worden sind.
Das Interview:
Die deutsche Mannschaft hat für ihr bisheriges Abschneiden in Athen von
manchen Seiten herbe Kritik einstecken müssen. Wie bewerten Sie als
verantwortlicher Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Sportbundes
den Auftritt?
Feldhoff: “Es gab bisher aus unserer Sicht in Athen schon manche
positive Überraschung, siehe Vielseitigkeitsreiterei, Judo der Frauen,
Kugelstoßen der Frauen. Zudem haben wir mit Stand Mittwoch abend
insgesamt zehn Medaillen gewonnen. Manche Leute müssen sich einmal klar
machen:
Damit sind wir besser als zum gleichen Zeitpunkt bei Olympia in Sydney.
Allerdings ist eins auch klar, da gibt es nichts zu beschönigen. Bisher
sind nicht alle unsere Erwartungen erfüllt worden, die wir an Hand der
Ergebnisse der Welt- und Europameisterschaften des letzten Jahres sowie der
Resultate der internationalen Events aus diesem Jahr analysiert hatten. Das
gilt insbesondere für die Schwimmer, die Schützen, die Fechter und
die Radsportler, von denen wir uns ein besseres Ergebnis erhofft hatten, allen
voran von Jan Ullrich.”
Woran kann dieses schwächere Abschneiden liegen?
Feldhoff: “Ich bin kein Trainer, das müssen jetzt die
zuständigen Leute aus den Verbänden genau analysieren. Aber
auffallend ist bei den Schwimmern schon, dass die vor zwei bis drei Wochen noch
erreichten Zeiten jetzt nicht mehr erreicht werden. Auffallend ist auch, dass
fast durchgängig auf der letzten Bahn Plätze eingebüsst werden.
Es scheint die Kraft nicht zu reichen. Da stellt sich schon die Frage in
Richtung Periodisierung des Trainings. Aber das muss in aller Ruhe ausgewertet
werden.”
Nach den Spielen wird Ulrich Feldhoff wieder mit Bundesinnenminister
Otto Schily über die finanzielle Unterstützung für den
Spitzensport verhandeln müssen
Die Judokas glänzen hier in Athen. Woran liegt dieser
Aufwärtstrend?
Feldhoff: “Sie bestätigen mit ihren glänzenden Ergebnissen
eigentlich die Resultate der letzten Weltmeisterschaft in Japan und der
Europameisterschaft in Deutschland. Vor vier Jahren in Sydney hatten sie
ebenfalls ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis erreicht. Danach haben sie ein
völlig neues Konzept auf- und die Arbeit im Verband total umgestellt. Sie
konzentrieren sich nun auf zwei Leistungszentren. Der Trainingsprozess wurde
vereinheitlicht. Hier die Ergebnisse von Athen geben dem Verband nun
völlig recht in seinem Handeln.”
Ein anderes Thema: Der Zuschauerzuspruch bei Olympia hält sich
bisher in Grenzen. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Feldhoff: “Die Resonanz ist sehr unterschiedlich. Es liegt schon stark
daran, für welche Sportart sich die Griechen interessieren oder worin ihre
Sportler Chancen haben. Dazu kommen noch die Sportarten, die durch ihre
Eigenart auf Zuspruch stoßen. Ich selbst bin ja sehr viel beim
Kanuslalom, hier gibt es sogar in der Qualifikation mit 8.000 Zuschauern ein
volles Haus. Im Vorfeld ist fast beständig im griechischen Fernsehen
darüber berichtet worden, dadurch ist das Interesse der Griechen geweckt
worden.
Aber insgesamt ist das Interesse nicht so berauschend. Beim Volleyballspiel
Deutschland gegen Russland waren nicht sehr viel Zuschauer anwesend. Das ist
für ein solches Top-Spiel natürlich sehr traurig.”
Welches Erlebnis hat Sie denn bisher am meisten
beeindruckt?
Feldhoff: “Was mir sehr positiv auffällt: Ich habe mit den
Volunteers - also den freiwilligen Helfern hier vor Ort - trotz aller negativen
Ankündigungen im Vorfeld bisher nur gute, sehr gute Erfahrungen gemacht.
Beim Kanu ist es ein exzellentes Team, sehr hilfsbereit, sehr kompetent.
Die griechischen Helfer sind hier im Allgemeinen auf dem Stand von Sydney, im
Kanu sogar noch besser.”
Quelle:
www.dsb.de