Die Rekordbeteiligung von 14.266 Teilnehmern sollte beim Eurocity Marathon
Messe Frankfurt der einzige Rekord bleiben, weil die orkanartigen Böen und
zeitweiser Regen weitere angestrebte Rekordversuche zunichte machten. Dennoch
zeigte sich Frankfurts Bürgermeister Achim Vandreike im
Pressegespräch im Journalistenkreis zufrieden: „Trotz schwerster
Witterungsbedingungen war die Veranstaltung ein großer Erfolg für
die Stadt Frankfurt. Es ist uns gelungen, mit dem Marathon, dem Ironman und der
Deutschen Triathlon Meisterschaft Frankfurt als Zentrum des Ausdauer-Sportes zu
etablieren“. Mit 10.247 Läufern, 2036 Skatern, 1938
Mini-Marathonläufern und 45 Handbikern und Rollstuhlfahrern gab es
durchweg positive Zahlen, die vor allem den neuen Titelsponsor Messe Frankfurt
GmbH überzeugt haben, der auch für die kommenden beiden Jahren der
Namensgeber des mit 21 Jahren ältesten deutschen Stadtmarathons sein wird.
Sportlich machte hauptsächlich der starke Wind den Läuferinnen und
Läufern an der Spitze des Marathonfeldes erheblich zu schaffen. Auf
pfützennasser Straße tat sich an der Spitze trotz erheblicher
Anstrengungen der verpflichteten Tempomacher Piotr Gladki, Dmitri Kapitonov,
Richard Mutai und Wilfred Kigen bis zur Hälfte (1:06:28) so gut wie
nichts, alleine ein bestens aufgelegter Luketz Swartbooi, der mit
intervallartigen Antritten im Verbund mit Wilfred Kigen sorgte für
Abwechslung im eher langweiligen Rennverlauf und brachte sich mit diesen
Eskapaden selbst um die Chance auf eine Spitzenplatzierung. In Höchst, dem
„Geburtsort“ des ältesten deutschen Stadtmarathons 1981, kam
Farbe ins Rennen. Hamburg-Marathon-Sieger Christopher Kandie fiel ebenso ab wie
der nicht minder hoch gehandelte John Rono, im Frühjahr Dritter des 25
km-Laufes in Berlin.
Eine vierköpfige kenianische Läuferfront mit dem
Überraschungssieger Eliud Kerling, dem 2000er Sieger Henry Cherono, James
Moiben und Barnabas Rutto setzte sich nach 35 km entscheidend ab – und
die bis dahin munter mithaltenden Daisuke Isomatsu und Laban Chege hatten im
Alleingang letztlich Mühe, das Tempo zu halten. Dem Kenia-Quartett war zu
diesem Zeitpunkt noch nicht nach Ausscheidungsrennen zu Mute, auch wenn mit
James Moiben, der beim 29. real,- BERLIN-MARATHON vier Wochen zuvor wegen
muskulärer Probleme nach 33 km aus dem Rennen gegangen war, noch ein
Läufer darunter war, der nicht dem Rennstall des Italienischen Managers
Dr. Gabriele Rosa angehörte. „Wir sind alle Brüder“
bekannte Henry Cherono später ob der Tatsache, die Rennentscheidung erst
auf den beiden Schlusskilometer nach der Alten Oper zu suchen und nicht wie
angenommen, den Nicht-Stallkollegen vorzeitig abschütteln zu wollen.
Möglicherweise ein Grund, dass der Kursrekord von Cherono zumindest ein
weiteres Jahr Bestand nunmehr haben wird. Den stärksten Schlusspurt legte
Eliud Kerling auf den Frankfurter Asphalt und kam zu seinem „schwersten
Sieg“, wie er später bekannte. Obwohl er auch schon in der Höhe
Mexikos erfolgreich war. Knapp geschlagen Cherono, der bei seinem dritten Start
in Folge schon eine gewisse Popularität dankbar verspürte. Hinter den
vier kenianischen Läufern folgte überraschend der Pole Marek Dryja
vor dem ersten Japaner Daisuke Isomatsu und dem zeitweise an der Spitze
inmitten der afrikanischen Phalanx munter mitmischenden Wiener Michael
Buchleitner. Der frühere Weltmeisterschafts-Zweite Luketz Swartbooi wurde
nach einem Einbruch auf dem Schlussdrittel Neunter.
Unbestritten, jeder der vier zuvorderst einlaufenden Kenianer hat gewiss das
Vermögen für eine Endzeit von unter 2:10 Stunden, doch einmal mehr
machten die ungünstigen Witterungsbedingungen allen Hoffnungen einen
Strich durch die Rechnung. „Es hätte nichts gebracht, die
Tempomacher zu einer schnelleren Gangart zu nötigen“, wischte der
für die Athletenverpflichtung verantwortliche Wilfried Raatz mögliche
Einwände vom Tisch, „die Bereitschaft zu einem höheren Tempo
war einfach nicht vorhanden. Vermutlich wäre dann das Ende noch fataler
ausgefallen!“
Zaituc: „Auch ein zweiter Platz ist bei solchen Bedingungen
ein Erfolg!“
Qualitativ besser sind die Spitzenzeiten der Frauen einzuordnen. Zwar
überquerte die EM-Zweite und Vorjahressiegerin Luminita Zaituc nicht wie
erwartet als Erste die Ziellinie, weil die Braunschweigerin nach der 30
km-Marke in Höchst eher mit Muskelkrämpfen beschäftigt war,
sondern die in letzter Minute in die Startlisten aufgenommene Maria Abel. Die
28jährige Spanierin verpasste mit ihrer Siegerzeit von 2:26:58 Minuten die
Landesrekordzeit trotz der harten Witterungsbedingungen um lediglich sieben
Sekunden. „Das ist die zweitbeste Leistung in Spanien
überhaupt“, freute sich die im Nordwesten Spaniens lebende Maria
Abel. „Ich hoffe, dass dieser Sieg heute ausreicht, um für die
Weltmeisterschaften 2003 in Paris nominiert zu werden!“
Für Luminita Zaituc wurde das Jahr 2002 hingegen ein Jahr der zweiten
Plätze. Nach einer krankheitsbedingten Niederlage im April gegen Sonja
Oberem in Hamburg und ihrem gewiss größten internationalen Erfolg
mit Rang zwei bei den Europameisterschaften in München gab es nun erneut
Rang zwei. „Auch ein zweiter Platz ist unter solchen Bedingungen ein
Erfolg“, wehrte die Vorjahressiegerin Spekulationen über ein
enttäuschendes Ergebnis ab. „Ich habe im Schlussteil mehrfach
überlegt auszusteigen. Man muss auch solche Erfahrungen machen, deshalb
bin ich froh, durchgelaufen zu sein!“ Der gebürtigen Rumänin,
die seit neun Jahren in Hamm im Westfälischen lebt und bereits ein Dutzend
deutsche Meisterschaften auf Strecken zwischen 1500 m und 10 000 m sowie im
Cross und im 10 km-Straßenlauf eingesammelt hat, schien zudem eine
schwere Last von den schmalen Schultern genommen, denn gegen Ende der
Pressekonferenz mit den Siegern plauderte sie angeregt über ihre
Empfindungen während der kritischen Rennphase. „Das war ein Spiel
zwischen einem Engelchen und einem Teufelchen, wo sich jeder mit Macht
durchsetzen möchte. Letztlich bin ich sehr froh, dass das Engelchen
gewonnen hat!“
Es ist gewiss müßig, darüber zu diskutieren, welche Zeiten
für Maria Abel und Luminita Zaituc bei besseren Bedingungen möglich
gewesen wären. „Zwei bis drei Minuten“, rechnete
Zaituc-Betreuer Hans-Günter Stieglitz hoch. Wer die Siegerin mit einem
klasse Finale in bester Manier allerdings auf der Ziellinie sah, der weiss,
dass hier eine absolute Weltklasseathletin ihre Visitenkarte abgegeben hat. Den
Namen Maria Abel wird man sich auf jeden Fall merken müssen. Ähnlich
wie im Vorjahr den des Siegers Pavel Loskutov, der ein dreiviertel Jahr
später in München EM-Zweiter werden sollte.
Spannendes Inliner-Finale im Sekundentakt
Im Weltcup-Klasse I - Wettbewerb der Inliner gab es angesichts der mit
Pfützen übersäten Straßen Frankfurts natürlich keine
Spitzenzeiten, aber dafür einen spannenden Zieleinlauf mit dem Sieg des
Franzosen Baptiste Grandgirard vor dem Liechtensteiner André Wille und
zwei weiteren zeitgleichen Konkurrenten. Bester deutscher Skater war der auf
Platz 5 gewertete Christoph Zschätzsch aus Groß-Gerau mit einer
Sekunde Rückstand auf den Sieger. Dagegen gab es bei den Frauen einen
deutschen Doppelsieg durch das Speed Team Rollerblade mit Evelyn Kälbe und
ihrer zeitgleichen Teamkollegin Nina Spilger.
Top Handbiker an der Weltbestzeit vorbeigefahren
Der nasse Asphalt und gewiss in weitaus stärkerem Maße der starke
Wind zerstörten die Hoffnungen der weltbesten Handbiker Johann Mayrhofer
und Franz Niedlispach auf eine neue Weltbestzeit. Der Österreicher
Mayrhofer gewann letztlich in einer knappen Zielentscheidung mit 1:12:56
Stunden vor dem mehrfachen Paralympicssieger Niedlispach aus der Schweiz.
Rock und Samba begeistern regenfeste Frankfurter
Über 100 000 Zuschauer säumten die Straßen Frankfurts und
zeigten sich nicht nur als fachkundiges Sport-Publikum, sondern auch als
Musik-Liebhaber, denn vielerorts animierten Samba-Rhythmen zu einem lockeren
Mitswingen, andere ließen sich hingegen wie an der Alten Oper von den
Rodgau Monotones in eine Revival-Stimmung versetzen. „Das war die
schnellste Veranstaltung, die wir bislang zu organisieren hatten“,
gestand Günther Hempel, der Geschäftsführer der Tourismus +
Congress GmbH, die für die Organisation der nahezu fünfzig
Stimmungsnester erstmals verantwortlich zeichneten.