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Tracey Morris - wie sich eine Hobbyläuferin für das britische Olympiateam qualifizierte

Es war die größte Überraschung aller großen

Marathonläufe in diesem Frühjahr. Beim Flora London-Marathon rannte

am vergangenen Sonntag eine Läuferin auf Platz zehn, die noch vor rund

vier Monaten der Kategorie ambitionierte Hobbyläuferin zuzuordnen war.

Tracey Morris lief in London nicht nur auf Rang zehn sondern steigerte ihre

Bestzeit um über eine Stunde von 3:39:21 (London 1999) auf 2:33:52. Doch

damit noch nicht genug: Tracey Morris war die schnellste Britin in London, und

da sie zugleich die Olympianorm von 2:35 Stunden unterbot, wurde sie tags

darauf für das britische Olympiateam nominiert.

"5" />Das war eine Sensation - und das Foto von Tracey Morris erschien auf

vielen Titelseiten der britischen Zeitungen. "Als ich die Fotos sah, habe

ich mich gefragt, warum ich? Ich komme mir immer noch vor wie jemand

anders", erklärte die 36-jährige Britin bei einer

Pressekonferenz in London.

In der Schule lief sie früher über Mittelstrecken, und ihr Idol

hieß Sebastian Coe. In den letzten Jahren bewunderte sie Paula Radcliffe,

ohne jemals davon zu träumen, dass sie sich neben der

Marathon-Weltrekordlerin für das britische Olympiateam qualifizieren

könnte. Tracey Morris hatte sich einst zum Ziel gesetzt, mit 30 Jahren den

London-Marathon zu laufen. Das tat sie, und danach lief sie weiter - allerdings

nur drei- bis viermal pro Woche etwa fünf Meilen (8 Kilometer).

Nachdem sie sich einem Leichtathletikklub (Valley Striders) angeschlossen

hatte, lief sie ein bisschen mehr. Doch erst nach Weihnachten entschied sich

die Läuferin aus Leeds für ein konzentriertes Training. Das

bedeutete, dass sie nun vor und nach der Arbeit trainierte. Zwischen 110 und

135 Kilometer rannte Tracey Morris dabei in der Woche - doch auch das ist wenig

im Vergleich zu einer professionellen Marathonläuferin. "Teilweise

war ich sehr müde von dem Training und der Arbeit", erzählte die

Läuferin aus Leeds, die bei einem Optikunternehmen (Dolland &

Aitchison) angestellt ist.

Wie aus einem Märchenbuch hört sich ihre Geschichte zur

Qualifikation zur Olympiastarterin an. Nur vier Monate seriöse

Vorbereitung auf den London-Marathon reichten. Tracey Morris isst Toast und

Marmelade vor dem Marathon. Sie gehört schon der Veteranen-Klasse an. In

ihrem letzten Rennen gewann sie 50 Pfund für Laufsachen. Sie hatte nie den

Gedanken, sich für Athen zu qualifizieren, sie meinte, dass viele andere

Frauen besser als sie wären. Ihr Mann Paul (36) war mit ihr per Handy in

Kontakt und lief selbst in 4:45:00 hinter ihr her.

Auf einem großen Bildschirm war der Lauf von Morris im Ziel zu sehen,

die Begeisterung bei den Zuschauern wuchs ständig, nachdem die

Favoritinnen im Ziel waren. Und als Tracey Morris auf der Mall auf die

Ziegerade einbog, standen die Zuschauer auf und es gab Standing Ovations

für die "Erfüllung eines laufenden Märchens"!

"Die Olympia-Qualifikation geschafft zu haben, war wie ein Schock

für mich", erklärte Tracey Morris. Nachdem ihr Chef am Montag

die Fotos auf den Titelseiten gesehen hatte, hinterließ er auf ihrer

Mailbox eine Nachricht: "Er gratulierte mir und sagte, dass er mich

unterstützen wird bei meinen Vorbereitungen auf Athen." Vielleicht

bekommt Tracey Morris Sonderurlaub, um sich auf Olympia vorzubereiten.

"Denn irgendwie muss ich nun versuchen, in der Wärme zu trainieren.

Bisher bin ich oft bei Wind und Regen gelaufen, jetzt komme ich aber in die

Hitze von Athen." Zu ihren Zielen bei Olympia sagte sie: "Ich habe

keine Ahnung, was dort möglich ist."