Am Ende der Pressekonferenz des real,- BERLIN-MARATHON hatte Tegla Loroupe das
Wort, die im Rahmen einer Staffel am Sonntag läuft und Spenden für
die Deutsche Welthungerhilfe sammelt. Loroupe wird die ersten 15 Kilometer
rennen. “Das ist wie Training für mich. Außerdem bin ich gerne
bereit, der Deutschen Welthungerhilfe zu helfen – denn ich weiß,
wie es in Afrika ist und wie wichtig diese Hilfe ist.“
Dann aber hatte Tegla Loroupe noch etwas anderes zu sagen. Denn drei
Plätze weiter auf dem Podium saß ein anderer Star des kenianischen
Langstreckenlaufes: Paul Tergat. “Paul, ich wünsche Dir ein gutes
Rennen“, sagte die 30-Jährige: “Bringe den Weltrekord hierher,
nach Berlin. Lasse ihn nicht irgendwo anders. Du wirst sehen, das Publikum ist
phantastisch!“ Tegla Loroupe weiß, was sie sagt. Die Berliner
Zuschauer trieben sie vor vier Jahren zu einem Weltrekord. Beim BERLIN-MARATHON
rannte die Kenianerin damals 2:20:43 Stunden und verbesserte die Marke um vier
Sekunden. “Ohne die Zuschauer hätte ich es nicht
geschafft.“
“Ich glaube“, sagte Tegla Loroupe nach der Pressekonferenz,
“wenn das Wetter gut ist und Paul in guter Form ist, dann kann er am
Sonntag den Weltrekord brechen. Aber andererseits weiß man bei einem
Marathon nie genau, was wirklich passiert.“ Nie zuvor hatte das
Männerfeld beim real,- BERLIN-MARATHON einen derart hochkarätigen
Läufer am Start wie Paul Tergat. Auf dem bekannt schnellen Berliner
Pflaster sollte für den Kenianer in der Tat alles möglich sein, auch
wenn er selbst sich zurückhielt mit Prognosen.
“Bei einem Weltrekord müssen alle Rahmenbedingungen stimmen. Ich
habe in den letzten vier Monaten sehr gut trainiert. Und meine
Trainingsergebnisse zeigen mir, dass ich sehr gut laufen könnte. Ich will
es versuchen, aber mehr kann ich jetzt nicht sagen. Wir müssen am Sonntag
sehen, was herauskommt“, erklärte Paul Tergat, der die erste
Hälfte in etwa 63 Minuten laufen möchte.
Der Weltrekord steht bei 2:05:38 Stunden und wird gehalten von Khalid
Khannouchi. Der aus Marokko stammende US-Amerikaner lief diese Zeit beim
London-Marathon 2002, in dem Paul Tergat als Zweiter in 2:05:48 Bestzeit
gelaufen war.
Als der Kenianer Josephat Kiprono 1999 den BERLIN-MARATHON in 2:06:44
Stunden gewann, der damals drittschnellsten Zeit aller Zeiten, stand sein
Manager Gabriele Rosa im Zielbereich und sagte: “Wenn eines Tages einmal
Paul Tergat den BERLIN-MARATHON laufen sollte, könnte er in der Lage sein,
eine Zeit von 2:05 Stunden oder 2:04 zu erreichen.“ Jetzt wird sich
herausstellen, ob der Italiener recht hatte mit seiner Einschätzung.
Fünfmal in Folge wurde Paul Tergat, der früher Basketball spielte,
in den 90er Jahren Cross-Weltmeister. Doch bekannt wurde der Kenianer in erster
Linie als der große Herausforderer von Haile Gebrselassie. Den
10.000-m-Weltrekord hatte er dem Äthiopier einmal entrissen, doch bei den
großen Finals war er immer wieder Zweiter. Zuletzt verlor er gegen
Gebrselassie bei den Olympischen Spielen von Sydney 2000 nur hauchdünn.
“Ich schätze Paul Tergat – in Sydney hat er wirklich Pech
gehabt, denn es war so knapp“, sagt Haile Gebrselassie über seinen
smarten Konkurrenten.
Nach diesen Olympischen Spielen wechselte Paul Tergat die Strecke. Sein
Marathon-Debüt beendete er 2001 in London dann als Zweiter. Ein Jahr
später besiegte er Haile Gebrselassie beim London-Marathon, wurde aber
wieder nur Zweiter. Khalid Khannouchi (USA) siegte in der Weltrekordzeit von
2:05:38 Stunden. Seitdem ist Paul Tergat der zweitschnellste Läufer
über die klassischen 42,195 km, nur zehn Sekunden fehlen dem
Halbmarathon-Weltrekordler (59:17 Minuten), um auch über die
Marathondistanz in den Rekordbüchern zu stehen. Doch gewonnen hat er bis
heute keines seiner Marathonrennen. Das soll sich am Sonntag ändern.