Einerseits war sie froh, andererseits aber auch etwas traurig. Froh war Naoko
Takahashi, weil es trotz der kürzeren Vorbereitungszeit zum Sieg gereicht
hatte. „Andererseits war ich auch ein bisschen traurig, weil ich den
Weltrekord dieses Mal nicht angreifen konnte“, erzählte die
Olympiasiegerin, die vor einem Jahr in Berlin als erste Frau unter 2:20 Stunden
geblieben war (2:19:46). Doch auch bei ihrem zweiten Berlin-Sieg überwog
schließlich die Freude. Der real,- BERLIN-MARATHON war für sie ein
erster Schritt in Richtung Olympische Spiele 2004 in Athen und viel Wert
für das Selbstvertrauen.
Erst im Juni hatte sie in Boulder mit der intensiven Marathonvorbereitung
begonnen, die dann auch noch durch zwei leichte Verletzungen behindert wurde.
So hatte Naoko Takahashi im Vorfeld davon gesprochen, dass sie nur etwa 80
Prozent jenes Leistungsniveaus erreichen könnte, mit dem sie im Vorjahr in
Berlin für Furore gesorgt hatte. Wenn es tatsächlich nur 80 Prozent
waren, was sie zeigte, wird Naoko Takahashi in der Zukunft weiter für
Marathon-Glanzzeiten sorgen. Denn trotz der nicht optimalen Vorbereitung lief
die 30-jährige Japanerin in Berlin mit 2:21:49 Stunden eine Zeit, die in
der ewigen Weltbestenliste nun auf Platz 13 steht. In Berlin ist Naoko
Takahashi die drittbeste Zeit der BERLIN-MARATHON-Historie gelaufen, und in der
Jahresweltbestenliste steht sie nun auf Position vier. Und das, obwohl sie seit
einem Jahr kein einziges Rennen mehr bestritten hatte. „Es ging mir heute
nicht um die Zeit, es ging nur um den Sieg. Aber ich weiß, dass ich noch
sehr viel schaffen kann. Ich denke, ich kann auch neue Rekorde
aufstellen.“
Für Naoko Takahashi war es der sechste Sieg im siebenten Marathonlauf
ihrer Karriere. Lediglich bei ihrem Debüt 1997 in Osaka hat sie nicht
gewonnen. Und der real,- BERLIN-MARATHON kann stolz darauf sein, dass die
japanische Olympiasiegerin außerhalb Japans noch bei keinem anderen
großen City-Marathonlauf an den Start gegangen ist. Die einzigen zwei
Marathonstarts außerhalb ihrer Heimat waren neben den Rennen in Berlin
Meisterschaftsläufe: 1998 wurde sie Asienmeisterin in Bangkok, zwei Jahre
später Olympiasiegerin in Sydney.
Und es scheint nicht ausgeschlossen, dass Naoko Takahashi auch ein drittes
Mal nach Berlin kommen wird. „Ich war begeistert von der Atmosphäre.
Auch viele deutsche Zuschauer haben mich angefeuert und dabei meinen Namen
gerufen. Hier stehen mehr Menschen an den Straßen als bei den Läufen
in Japan“, erklärte Naoko Takahashi, die noch nicht entschieden hat,
wo sie in einem Jahr laufen wird. Denkbar ist für Japans Nationalheldin
auch ein Start bei den Weltmeisterschaften im August in Paris.
„Aber ich würde auch gerne wieder in Berlin laufen“,
erklärte Naoko Takahashi. Um sich die Option für die WM offen zu
halten, wird sie bereits im November wieder einen Marathon laufen und in Tokio
an den Start gehen. Dieses Rennen gilt als erste Qualifikation für die WM.
„Aber auch wenn ich mich qualifiziere, ist noch nichts entschieden
bezüglich dem nächsten Jahr“, erklärte Naoko Takahashi,
die durch ihren großen Erfolg mehrere Millionen Dollar im Jahr verdient
und dennoch bescheiden geblieben ist. Als sie in Berlin einkaufen ging, konnte
sie sich nicht entscheiden zwischen einem Kleidungsstück das 69 Euro
kostete und einem, das mit 82 Euro ausgepreist war.
Nur eine Woche hatte Naoko Takahashi nach dem real,- BERLIN-MARATHON Pause,
dann fuhr sie schon wieder nach Boulder ins Höhentraining, um sich auf den
Tokio-Marathon am 17. November vorzubereiten. Die ungewöhnlich kurze Pause
zwischen zwei Marathonrennen sieht Trainer Yoshio Koide nicht als ein Problem
an: „Im vergangenen Jahr wollte Naoko ursprünglich eine Woche nach
Berlin auch noch in Chicago laufen. Wir hatten damals so trainiert, dass beides
möglich gewesen wäre. Jetzt haben wir 50 Tage zwischen Berlin und
Tokio. Das ist kein Problem.“
Die Marathonläufe von Naoko Takahashi
1997 7. Osaka, 2:31:32
1998 1. Nagoya, 2:25:48
1998 1. Bangkok (Asienspiele), 2:21:47
2000 1. Nagoya, 2:22:19
2000 1. Sydney (Olympia), 2:23:14
2001 1. Berlin, 2:19:46
2002 1. Berlin, 2:21:49