“Wir hoffen, dass sich diese Bewegung etabliert“, zeigte sich
Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Dr. Marianne Linke hocherfreut
über den großen Andrang zur “1. Rostocker
Marathonnacht“. Als Schirmherrin sieht sich die Politikerin vorrangig in
der Position, auch aus gesundheitspolitischer Sicht für den Freizeit- und
Breitensport ein besonderes Zeichen zu setzen.
“Als Olympia-Bewerberstadt geht es bei der Rostocker Marathonnacht
aber auch darum, die Stadt über das bisherige Engagement auch als
Läuferstadt bundesweit bekannt zu machen. Für mich ist der
Nachtmarathon das i-Tüpfelchen der Olympiabewerbung!“ Marathon-Chef
Helmut Hochmuth wirds mit Freude und Genugtuung zur Kenntnis genommen haben,
schließlich wussten die Rostocker nach der Halbmarathonpremiere mit 700
Teilnehmern beim ersten Marathonstart mit einem vielfältigen
Wettkampfprogramm die Beteiligung gleich zu verdreifachen. Denn als bei
Einbruch der Dämmerung Kassensturz gemacht werden konnte, durften die
Organisatioren des “Baltic Night Fever Marathon e.V.“ mit 1982
Anmeldungen eine unverhofft große Resonanz bilanzieren, die im Vorfeld
kaum einer erwarten konnte. Aber gerade das vielfältige (Zusatz-)Programm
mit Halbmarathon für Läufer und Skater, Staffel-Marathon, Nautischer
Meile, Kidslauf, Mastersrudern der vor Ort reichlich vorhandenen Prominenz an
Welt-, Europameistern und Olympiasiegern ist der Knackpunkt einer
Veranstaltung, die an der Peripherie der Hafenstadt an der Warnow um rasche
Anerkennung ringt.
Die Transparenz der Wettbewerbe überfordert nicht nur so manchen der
Zuschauer am Streckenrand, sondern auch die Streckenhelfer und sogar die
Teilnehmer selbst. So wähnte sich Katja Friedländer aus dem
unterfränkischen Niedernberg bei Aschaffenburg als spätere
Frauensiegerin des Marathonlaufes unterwegs gar nur auf Position sieben, weil
Staffelläuferinnen das Feld unübersichtlich machten und
Organisationshelfer falsche Informationen zuriefen.
Sichtlich abgekämpft, aber dennoch zufrieden zeigte sich Helmut
Hochmuth, der angesichts der Herkulesaufgaben bei Einbruch der Dunkelheit ein
erstes Fazit zog: “Es ist ein Qualitätssprung gegenüber dem
Vorjahr zu erkennen. Das überaus positive Echo ist zu hören, es ist
aber deutlich zu sehen, was nicht klappt. Ehrenamtlich ist derartiges nicht
mehr zu machen!“ Eine rasche Erkenntnis, der auch der einstige 5000
m-Olympiadritte Hansjörg Kunze ohne Wenn und Aber zustimmen dürfte.
Denn der frühere 5000 m-Weltklassemann und heutige LAV-Vorsitzende musste
in seinem Verein kurzfristig alle Kräfte mobilisieren, um mit helfendem
Personal weitere Schwachstellen abzudecken. “Hier müssen sich alle
einmal an einen Tisch setzen und gemeinsam die Weichen für eine Neuauflage
stellen!“ Dennoch dürfte Hochmuth froh gewesen sein, als die
Abenddämmerung das Finale der 1. Rostocker Marathonnacht ankündigte.
In Rostock ist der Spagat zwischen Wünschenswertem und Machbaren an vielen
Ecken zu spüren. Das nächtlich-maritime Flair am Warnowufer deckte
den Mantel des Schweigens über so manch Handgestricktes. Mangelnde
Absperrungen vielerorts, ein unzureichender Startbereich mit hohem
Gefahrenpotential oder fehlende Ausschilderungen – sie lassen sich
freilich mit der nötigen Bereitschaft zu einem Standard aufbessern, der
andernorts gang und gäbe ist. Mit allerdings dem erforderlichen Kleingeld
der Sponsoren, das bei allem guten Willen der Partner vor Ort (noch) fehlt.
Selbst bei eifrigem Studium des unhandlichen Streckenprospekts im
Großformat ist für Außenstehende eine Orientierung mit einer
Vielfalt von Wettbewerben kaum möglich. Da wäre weniger gewiss mehr.
Die Streckenführung der Marathondistanz entlang des Internationalen
Gartenbau-Ausstellungsgeländes, der Einbindung von elf Stadtteilen und dem
krönenden Durchlauf des 790 m langen Warnowtunnels ist durchaus reizvoll
für den landschaftsorientierten Läufer, der durchaus auch einmal
einen reinen Stadtkurs meiden möchte. Nur wenige Zuschauer an der Strecke
lassen gewiss auch das “Marathon-feeling“ weitgehend vermissen, das
angesichts der vielfältigen Konkurrenz quer durch Deutschland längst
an der Tagesordnung ist. Einig dürften sich jedoch nahezu alle der fast
2000 Starter mit der Sozialministerin Dr. Linke sein, die eine Veranstaltung
wie diese im umfangreichen deutschen Laufkalender als unabdingbar ansieht.
Zum Sportlichen. Erfreulich, dass so manche Sportler der Region vor
heimischer Kulisse die Akzente setzen konnten. Auf der Halbmarathondistanz
wiederholte mit Matthias Weippert der Junior des Rostocker Erfolgstrainers
Klaus-Peter Weippert seinen Vorjahreserfolg und war zudem noch mit 1:09:13
einen Tick schneller als im Vorjahr. Bei den Frauen zeigte sich die
offensichtlich (noch) vereinslose Anke Hierundar mit 1:28:26 als Tagesbeste.
Auf der Marathondistanz schnappte Klaus Bösang von Helios Berlin mit einem
starken Schlussdrittel und 2:47:26 dem Rostocker Burkhard Wrenger den Sieg noch
vor der Nase weg, während bei den Frauen die marathonerfahrene Katja
Friedländer in 3:26:09 gewann, die seit elf Jahren im
Unterfränkischen nahe Aschaffenburg wohnt, aber ursprünglich auch aus
der Hafenstadt stammt.
Wilfried Raatz
Alle Ergebnisse unter: http://www.rostock-marathon.de