Die Kenianer haben bei Olympischen Spielen ihre Monopolstellung im
3000-m-Hindernislauf verteidigt. Seit den Spielen 1984 in Los Angeles hat immer
ein Kenianer die Goldmedaille über diese Distanz gewonnen. Mit Hindernis-
oder Crossläufen wachsen die Kenianer auf, es ist ihre Disziplin. In Athen
gewann Ezekiel Kemboi, der Silbermedaillengewinner der WM von Paris 2003, in
8:05,81 Minuten vor dem erst 19-jährigen Brimin Kipruto und Paul Kipsiele
Koech. Zum zweiten Mal in der olympischen Historie schafften es die Kenianer,
alle drei Medaillen zu gewinnen. 1992 in Barcelona waren sie ebenfalls zu Gold,
Silber und Bronze gerannt.
„Das war gutes Teamwork, wir haben zusammen gearbeitet und zusammen
für unser Land alle Medaillen gewonnen“, erklärte Ezekiel
Kemboi. Sein Sieg in Athen war der erste für Kenia bei diesen Olympischen
Sielen. Und wenn die Ostafrikaner Pech haben, bleibt es allerdings auch der
einzige. Denn so dominierend wie teilweise in früheren Jahren sind die
kenianischen Langstreckenläufer nicht mehr. Bereits bei den
Cross-Weltmeisterschaften im März hatten die erfolgsverwöhnten
Kenianer empfindliche Niederlagen gegen die Äthiopier einstecken
müssen. Sie seien jetzt aber in der Lage, die Äthiopier in Schach zu
halten, hatte Kenias Nationaltrainer Mike Kosgei nach den
Olympia-Ausscheidungen in Nairobi vor zwei Monaten verkündet. Im
10.000-m-Finale war davon nichts zu sehen. Die Kenianer spielten keine Rolle
und liefen weit weg von den Medaillen ins Ziel.
Und es spricht vieles dafür, dass die Kenianer ihr Hindernis-Monopol
bei Olympia nur verteidigen konnten, weil sie zuvor den schärfsten Rivalen
über diese Strecke auf andere Weise ausgeschaltet hatten. Der Weltmeister
Saif Saaeed Shaheen (Katar) wechselte vor gut einem Jahr die Nationalität.
Unter dem Namen Stephen Cherono hatte er sich zuvor zum stärksten
kenianischen Hindernisläufer entwickelt. Weil ihm, wie auch anderen
ehemaligen kenianischen Läufern, in Katar eine Rente auf Lebenszeit
angeboten wurde, wechselte er Namen und Nationalität. Die Rede ist bei
Shaheen von 1.000 Dollar pro Monat.
Damit Kenias Leichtathletik-Verband dem Wechsel zustimmte, versprachen die
Ölscheichs aus Katar, in einem Talente-Zentrum der kenianischen
Läufer den Bau einer modernen 400-m-Bahn zu finanzieren. Bisher
können die Kenianer in Eldoret und Iten nur auf Aschenbahnen trainieren.
Durch dieses Geschäft war es möglich, dass Saif Saaeed Shaheen im
vergangenen Jahr bei der WM für Katar starten durfte und gewann. Doch
viele Kenianer reagierten empört. „Es wäre nicht gut für
Kenia, wenn dieser Mann gewinnt. Das ist demoralisierend, dass er ausgerechnet
kurz vor der WM diesen Wechsel gemacht hat – darüber ärgere ich
mich“, hatte Ezekiel Kemboi vor einem Jahr gesagt, bevor er das WM-Finale
gegen Shaheen verlor. Joyce Chepchumba, die bei Olympia vor vier Jahren
für Kenia Marathon-Bronze gewann, erklärte sogar: „Katar ist
ein dreckiges Land.“
Im Gegensatz zu Kenias Leichtathletik-Funktionären blieben die
Vertreter des Nationalen Olympischen Komitees hart. Für Olympia gaben die
Kenianer Saif Saaeed Shaheen keine Freigabe. Laufen für Katar durfte
dagegen Musa Obaid Amer, der früher als Moses Kipchirchir für Kenia
rannte. Er bedeutete keine Gefahr für Kenias Gold-Plan und wurde Vierter.
So gesehen kamen sogar die ersten vier Läufer des olympischen
Hindernis-Finales aus Kenia.