Irina Mikitenko sorgte für den sportlichen Höhepunkt der
Laufentscheidungen bei den Deutschen Hallenmeisterschaften der Leichtathleten
in Dortmund, Dieter Baumann für einen ebenso aufsehenerregenden wie
umstrittenen Start. In erster Linie zwei Läuferinnen war es zu verdanken,
dass die Laufwettbewerbe der Frauen in der Helmut-Körnig-Halle in der
Spitze bessere Ergebnisse produzierten als die der Männer: Neben Irina
Mikitenko (Eintracht Frankfurt) gilt dies auch für Ivonne Teichmann (SC
Magdeburg). Die 29-Jährige, die erst vor kurzem ihre Grundausbildung bei
der Bundeswehr abgeschlossen hatte, wurde Deutsche Meisterin über 800 m in
2:03,33 Minuten.
Doch mit der Weltklasse mithalten kann zurzeit nur eine deutsche
Läuferin, und das ist Irina Mikitenko. Bereits im Vorfeld der
Titelkämpfe von Dortmund hatte sie beim Meeting an gleicher Stelle
für Furore gesorgt. Mit 14:55,99 Minuten war die 28-Jährige, die aus
Kasachstan stammt, als erste Deutsche unter 15 Minuten geblieben. Zuvor hatte
Uta Pippig den nationalen Rekord gehalten. Nun also machte Irina Mikitenko
einen Doppelstart und gewann sowohl das 1500-m-Rennen als auch den 3000-m-Lauf
in souveräner Manier. Ihre Zeiten, jeweils im Alleingang erzielt,
können sich sehen lassen. In einem gleichmäßigen Lauf siegte
sie zunächst am Sonnabend über die längere Distanz in 8:52,41
Minuten. Das war rund zwölf Sekunden schneller als die deutsche
Jahresbestzeit und etwa vier Sekunden besser als der Meisterschaftsrekord, den
Rita Marquard 1992 aufgestellt hatte. In 9:05,74 Minuten musste sich die
zweitplatzierte Luminita Zaituc (LG Braunschweig) deutlich geschlagen geben.
Fast genauso so groß war im Verhältnis dann der Abstand am
nächsten Tag. Wiederum zog Irina Mikitenko alleine ihre 200-m-Runden und
gewann in 4:09,97 Minuten vor Sylvia Kühnemund (SV Halle), die mit 4:16,22
Minuten nach diversen gesundheitlichen Problemen nach wie vor weit weg ist von
ihrer früheren Form.
Irina Mikitenko hatte die Norm für die Hallen-WM in beiden Distanzen
erfüllt, doch an den Start wollte sie in Lissabon trotzdem nicht gehen.
Denn wichtiger ist ihr die Vorbereitung auf die Freiluft-Saison, die sie mit
der 10.000-m-Challenge Anfang April beginnen möchte.
Während Nico Motchebon (LAC Quelle Fürth) im 800-m-Finale nach
einem taktischen Rennen in 1:51,28 Minuten gewann und den jungen Wolfram
Müller (LSV Pirna/1:51,77) recht deutlich auf Distanz halten konnte,
gelang dies einem anderen erfahrenen deutschen Mittelstreckenläufer nicht:
Rüdiger Stenzel (TV Wattenscheid) musste im 1500-m-Finale dem
20-jährigen Franek Haschke (LAC Quelle Fürth/3:47,89) den Titel
überlassen und wurde hinter Christian Knoblich (LAC Quelle
Fürth/3:48,08) Dritter (3:48,40).
Durch eine Einstweilige Verfügung hatte sich Dieter Baumann (LAV
Tübingen) das Startrecht für den 3000-m-Lauf erwirkt. Die Reaktionen
waren entsprechend unterschiedlich, Beifall und Pfiffe hielten sich insgesamt
in etwa die Waage. Allerdings war die Stimmung gegenüber Baumann, der in
7:47,29 Minuten gewann und damit eine deutsche Jahresbestzeit aufstellte,
deutlich kritischer als noch bei den Freiluft-Titelkämpfen von
Braunschweig im vergangenen Sommer. Und vorherrschend war die Meinung, dass
Baumann durch seinen Start eher an Anerkennung verloren hat. Gewonnen
hätte er, so hörte man immer wieder, wenn er mit seiner Einstweiligen
Verfügung in der Hand auf einen Start verzichtet hätte. So aber
reagierte der Weltverband IAAF hart: Baumanns Sperre wird aller Voraussicht
nach bis zum 25. Februar 2003 verlängert, seine Gegner wurden ebenso
regelkonform gesperrt. Der DLV hoffte auf eine Einigung mit der IAAF in Bezug
auf die Baumann-Gegner, doch danach sah es zunächst nicht aus. Besonders
betroffen war Vizemeister Jan Fitschen (TV Wattenscheid), der für die
Hallen-WM nominiert worden war, nun aber gesperrt wurde. Doch von jenen
deutschen Läufern, die in Dortmund an den Start gingen hätte nur
einer in Lissabon gute Platzierungschancen gehabt: Dieter Baumann.