Am 25. September 2003 veröffentlichten wir hier einen Bericht von der
Stiftung Kinderhilfe "Sternschnuppe" aus der Schweiz. Diese Stiftung
erfüllt Herzenswünsche von schwerst- und langzeiterkrankten Kindern
und Jugendlichen. Der 16-jährige Nicolai, durch eine starke Behinderung an
den Rollstuhl gefesselt wünschte sich die Teilnahme an einem Marathon. Die
Organisatoren ermöglichten ihm und seinem Begleiter die Teilnahme am
MARATHON in Berlin. Lesen Sie im folgenden den Bericht seines läuferisch
starken Begleiters und im Anschluß daran die Worte von Nicolai.
Liebe Organisatoren vom 30. real,- BERLIN-MARATHON: Als erstes noch einmal
herzlichen Dank für die Möglichkeit zur Teilname am BERLIN-MARATHON
2003. Ich möchte kurz schildern wie Nicolai und ich den Tag erlebt
haben.
Nachdem wir alle Nicolai, seine ganze Familie, Bekannte und Ich (etwas
früher als die anderen) gefrühstückt hatten begaben wir uns
gemeinsam zum Start. Bereits auf dem Weg dorthin schien Nicolai zu ahnen was im
bevorstand, denn er freute sich schon riesig. Kurz nach dem Brandenburger Tor
trafen wir unsere letzten Abmachungen und Nicolai und ich begaben zu den
Startblocks. während alle Übrigen sich ihren Weg zum ersten
"Anfeuerungspunkt" bahnten.
Wie abgesprochen reihten wir uns im letzten Startblock (H) ein, versuchten
uns hier aber möglichst vorne aufzustellen. Ca. 7 Minuten nach dem
offiziellen Startschuss überquerten wir die Startlinie. Vorerst war das
Tempo noch recht gemütlich, doch bereits nach 5 Kilometern hatten wir
unsere Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht. Kurze Zeit später wurden wir
zum ersten Mal von unserem Fanclub angefeuert. Die unzähligen Läufer
und Zuschauer, sowie die unglaubliche Geräuschkulisse und die
eindrückliche Stadt, liessen Nicolai kaum mehr aus dem Staunen
herauskommen, während ich mich praktisch nur auf das Vorderrad und die
Beine der Mitläufer konzentrierte. Die Reaktionen der anderen Läufer
überwältigten auch mich, sie reichten von Anfeuerungen und Nachfragen
wie es uns geht, über Erstaunen ("läuft ihr wirklich die ganzen
42km?"), bis zu Hilfsangeboten und am Ende vor allem Zustimmung und zum
Teil Bewunderung.
Auch viele Zuschauer bedachten uns mit einem Sonderapplaus, der von Nicolai
oft mit heftigem Winken und Freudenschreien beantwortet wurden. Nicolais
Freudentaumel seinerseits rührte mich sehr und spornte mich
zusätzlich an, mein Bestes zu geben. Nicolai trieb mich so sehr an, dass
wir beim Kilometer 20 etwas zu früh vorbeikamen und unseren Fanclub prompt
verpassten. Irgendwo zwischen Kilometer 25 und 30 hielten wir für knapp
zwei Minuten inne um erstens etwas zu trinken (Nicolai: Mineralwasser, ich:
Gatorade) und zweitens etwas zu essen (Nicolai: Croissant, ich: Energie-Gel).
Frisch gestärkt machten wir und wieder auf den Weg um beim Kilometer 35
noch einmal von Karin, Marc, Tanja, Yannick und Judith angefeuert zu werden.
Wie ich Nicolai schon versprochen hatte überholten wir auf den letzten
Kilometern am meisten Läufer, denn hier ist der Marathon am schwersten,
aber ich sag mir halt immer je schneller du läufst, desto schneller bist
du durch. Ausserdem geht das Marathonrennen eigentlich nur über 41 km, der
letzte ist zum Geniessen da, speziell dieses Jahr hier in Berlin (Brandenburger
Tor - Ziellinie). Auch nach dem Ziel wurden wir noch von vielen Finishern
angesprochen.
Es wurde uns sehr viel Sympathie entgegengebracht und es wurden
unzählige Gratulationen ausgetauscht. Die Stimmung war ausgezeichnet, dank
dem Sieg gegen sich selbst, dem Super-Publikum, dem schönen Wetter, dem
Weltrekord ... Nachdem wir beide eine Medaille umgehängt bekommen hatten,
begaben wir uns mit allen Mitläufern, im Mega-Stau zum Familientreffpunkt.
Als auch Marc (Nicolais Vater) beim Buchstaben N (wie Nicolai) eingetroffen war
machten wir noch ein paar Fotos und begaben uns in einem weiteren Stau zum
Hotel zurück um uns etwas zu erfrischen und zu verpflegen. Nach einem
unvergesslichen Tag und einem gemütlichen Abendessen ging ich zufrieden
und überglücklich ins Bett. Ich bin sicher Nicolai hat den Tag
ähnlich, wenn auch auf seine eigene Art, genossen und ich hoffe sehr, dass
wir noch oft solche Tage zusammen geniessen.
Danke Nicolai. Danke Familie Winterstein. Danke Judith. Danke Hüsli 3.
Danke Sternschnuppe. Danke Mitläufer und Zuschauer. Danke den
Organisatoren vom real,- BERLIN-MARATHON!
PS. Leider konnte ich es nicht vermeiden, dass ich zwei Läufer
touchierte, zum Glück ohne weiter Folgen. Wenn man allerdings bedenkt,
dass wir ca. 20000 Teilnehmer überholt haben (Start an 28000 Stelle, im
Ziel auf Rang 7897), sieht man hoffentlich mit wie viel Vor- und Rücksicht
wir unterwegs waren. Und noch ganz am Rand, war ich mit der Zeit von 3:40:41
sehr zufrieden.
Herzenswunsch Nicolai Winterstein
Vor etwas mehr als einem Jahr hatte das Team vom Hüsli 3, des
Sonderschulheims Ilgenhalde, Fehraltorf, der Stiftung Sternschnuppe die
Herzenswünsche meiner kleinen, behinderten Schwester und von mir
beschrieben. Letzten Sommer erfüllte sich Tanjas Herzenswunsch und heute
meiner.
Da ich schon einige male an einem Lauf in meinem Buggy teilnehmen durfte und
ich mich in einem turbulentem Treiben wohlfühle kam die Idee auf einmal an
einem internationalen Marathon teilnehmen zu dürfen und so fiel dann die
Wahl auf die Weltstadt Berlin.
Das Team Marco Spaargaren und Nicolai Winterstein trainierten schon im Mai,
um meine Kondition und auch das Material zu testen. Mein 3 Rad - Roadrunner
wurde modifiziert und fast Formel 1 - mässig für den 42 Km Lauf
angepasst.
Dann kam der grosse Tag und wir flogen, begleitet von Judith Jung, am 27.
September 2003 von Zürich nach Berlin. Mein Teamkollege Marco S. war
bereits vor Ort, löste unsere Startnummer und erwartete uns bereits im
Hotel als wir nach einer langen Reise mit Auto, Flugzeug,Taxi und
schlussendlich per pedes, durch die vom Marathonfieber blockierte Stadt,
endlich im Westin Hotel ankamen.
Ich war so aufgeregt, dass ich nur immer staunen und lachen musste. So viele
neue Eindrücke und Erlebnisse liessen die Zeit im Flug vorbeigehen.
Nach einem gemeinsamen Nachtessen ging’s dann zu Bett so dass wir am
nächsten Morgen fit für den grossen Tag waren.
28.September 2003 08:00
Nach einem reichlichen Frühstück sind Marco und ich bereit
für den Start. Wir gehen Richtung Brandenburger Tor, wo wir auf der
Strasse des 17. Juni unsere Startposition einnehmen.
Der Startschuss für die Weltspitze fällt um 09:00, Marco und ich
starten 09:15 an der Spitze des letzten Drittels. Meine Familie und Judith
erwarten mich zum ersten Mal an Km 7 und feuern uns an als wir vorbeiflitzten.
Danach an Km 20 und 35. Ich fühlte mich wohl und genoss die ganze
Atmosphäre von einem internationalen Marathon.
In der schier unglaublichen Zeit von 03.40.43 liefen wir ins Ziel ein. Eine
Zeit die im ersten Viertel aller 35’000 Läufer ist. Man bedenke,
dass ich mit meinem Roadrunner immerhin mehr als 40 kg wiege.
Marco, Du bist Weltklasse. We are the champions !
Ich bedanke mich bei der Stiftung Sternschnuppe und deren Sponsoren, die mir
diese Reise ermöglicht haben, dem Hüsli 3 der Ilgenhalde für die
Idee, Judith Jung für Ihre liebevolle Betreung und die perfekte
Organisation, meinem Bruder Yannick für die vielen schwungvollen Kurven.
Einen ganz besonderen grossen Dank gilt meinem Mami und Papi.