„Das ist mein größter sportlicher Erfolg“ freute sich
Gamachu Roba, der äthiopische Läufer des ASC Darmstadt bei der
Pressekonferenz im Ehrengastbereich des Olympiastadions. Dort, wo sonst
Hitzfeld Hoeneß oder Beckenbauer die Bayern-Spiele kommentieren, galt am
Sonntag einem 22jährigen äthiopischen Läufer-Nobody die ganze
Aufmerksamkeit. Zwei Stunden zuvor war der seit dem vergangenen September beim
ASC Darmstadt trainierende Asylbewerber vor 10 398 Teilnehmern als umjubelter
Sieger des 4. Medien Marathon mit 2:19:26 Stunden ins Olympiastadion
eingelaufen. „Ich habe mich so gut gefühlt“, freute sich Roba,
„dass ich auf der zweiten Streckenhälfte noch einmal richtig Tempo
machen konnte!“ Nahe des Chinesischen Turmes, am Kilometerpunkt 27,
setzte sich Gamachu Roba erstmals an die Spitze einer dreiköpfigen Gruppe
und forcierte zum Leidwesen des Lokalmatadors Dennis Pyka und des
Südtirolers Hermann Achmüller das Tempo und hatte im Nu einen
beruhigenden Vorsprung herausgelaufen. Drei Minuten betrug sein Vorsprung des
Debütanten nach 42,195 km im Ziel vor Achmüller, der in seinem
vierzehnten Marathon auf 2:22:37 Stunden kam. Zudem noch vier Minuten schneller
als der vorjährige Sieger Jonathan Wyatt aus Neuseeland.
Bei den Frauen wiederholte Silke Fersch ihren Vorjahressieg. Die zweimalige
Ironman-Starterin von Hawaii verpasste trotz ambitioniertem Beginn mit 2:44:57
Stunden ihre im Vorjahr aufgestellte Bestzeit um fast eine Minute, war aber
dafür Wunschsieger von Marathonchef Gernot Weigl. „Das Rennen lief
für mich eigentlich gut“, zeigte sie sich bei der Pressekonferenz
zufrieden, wäre da nicht ein happiger Anfangsfehler gewesen, der der
früheren Triathletin wie Hunderten von Hobbyläufern ständig
passierte. Die 34jährige Ambergerin, die ihre Trainings-Kilometer zum
40-Stunden-Job als studierte Feinwerktechnikerin absolviert, lief mit
nagelneuen Laufschuhen und kämpfte sich nach 1:20:46 mit einer vier
Minuten langsameren zweiten Hälfte ins Ziel – und hatte wie im
Vorjahr ein „Gänsehaut-Gefühl“. „Mich hatte schon
im Vorjahr der Einlauf ins Olympiastadion überwältigt. Ich konnte es
nicht verhindern, dass auch heute Tränen gelaufen sind....!“ Der
„Disco-Tunnel“ im Marathontor und ein (musikalischer Empfang vom
Feinsten dank der Bayern 3-Disc-Jockeys) sind Momentaufnahmen, die kaum ein
Läufer der 10 000 Kopfe zählenden Marathonschar vermissen wollte.
Daß Silke Fersch auch im kommenden Jahr wieder am Start beim
„kleinen Jubiläum“ des Medien-Marathon stehen wird, dass
scheint schon jetzt sicher zu sein. „Mir gefällt München so
gut, dass ich mir schon heute überlegen muss, wie ich dies neben meinem
Job hinbekomme!“ Vielleicht rückt ihr dann die für die LG
Rupertiwinkel startende Birgit Koch noch näher auf die Pelle als bereits
heuer schon. Die 29jährige steigerte sich gegenüber dem
Vorjahresauftritt um glatte zehn Minuten auf 2:48:58 und ist mit ihrer
Entwicklung gewiss noch nicht am Ende. Darin ist sich auch die Dritte Jeannette
Vrga, eine in Darmstadt geborene 25jährige Kroatin aus dem Club des
Männer-Siegers Gamachu Roba, sicher. In Hamburg lief sie schon im
Frühjahr mit 3:01:28 Bestzeit, diese konnte sie nun bei nahezu idealen
Laufbedingungen auf 2:50:47 zu steigern. Und dabei die zweite Hälfte noch
schneller als die erste zurücklegte.
Welch ein Lauftalent in dem 23jährigen Johann Hillebrand aus
Gröbenzell hingegen schlummert, dass wird voraussichtlich nie
festgeschrieben werden können. In München jedenfalls lief der
Torhüter des unterklassigen Clubs in Adelshofen im Kreis
Fürstenfeldbruck auf Rang dreizehn in 2:36:43 Stunden ein – nur
fünf Minuten hinter dem im Vorjahr für Schlagzeilen sorgenden Anton
Gröschl, als dieser hinter dem neuseeländischen Sieger Jonathan Wyatt
einlief und die Pressekonferenz mit markigen Kommentaren auffrischte.
Natürlich zeigte sich Marathon-Chef Gernot Weigl in strahlender
Siegerlaune. Schließlich gab es bei der vierten Auflage unter seiner
Regie eine neuerliche Steigerung um zwanzig Prozent auf die 10 398 Anmeldungen,
die dem Medien-Marathon-München hinter dem real,- BERLIN-MARATHON, Hamburg
und Köln die vierte Position unter Deutschlands Stadtmarathonläufen
einbringt. „Natürlich wird dies nicht so weiter gehen
können“, blickt Weigl bereits in die nahe Zukunft.
„München wird der Höhepunkt der Laufsaison im Süden
Deutschlands sein, hat aber auch seine Grenzen. 12 500 bis 13 000 Starter
werden durchaus möglich sein!“ Apropos Medien. Hier hat die
Organisation durchaus noch Nachholbedarf. Nicht nur, dass die geringe
Medienpräsenz dem Namen der Veranstaltung wenig Rechnung trägt, die
Journalisten finden selbst zwei Stunden nach Einlauf des Siegers nur wenige
(spärliche) Namen in einer Ergebnisliste vor. Ein Arbeitsbereich für
die aktuelle Berichterstattung fehlt zudem vor Ort wie auch eine informative
Pressemappe zu Beginn der Veranstaltung.
Am Freitag war für einen verdienten Sportjournalisten bereits Sonntag.
Kollege Manfred Steffny umriss als Laudator bei der Verleihung des
„Medien Award“ die 1954 begonnene journalistische Tätigkeit
des heuer im Schwäbischen angesiedelten Werner Sonntag, der sich
zugegebener Maßen schwer tut, sich als schreibender Läufer oder
laufender Schreiber zu outen. „Irgendwann musst auch Du nach Biel“
haben bereits Läufergenerationen gelesen – und animiert zu einem
Start im Schweizer Ultra-Mekka Biel. Jüngst fällt Sonntag hingegen
als Kolumnist der deutschen Ausgabe von „Runner’s World“ auf.
Mit 77 Jahren ist Sonntag nicht nur für kritische Texte ein In-Begriff,
sondern auch läuferisch noch voll auf der Höhe, schließlich
schnürte der Lauf-Veteran am Sonntag früh am Spiridon Louis-Ring am
Olympiastadion zum 278. Male die Laufschuhe für einen Langstreckenlauf,
der Marathon und länger misst.
Wilfried Raatz
Ergebnisse: 4. Medien Marathon-München:
Männer: 1. Gamachu Roba (ASC Darmstadt) 2:19:26, 2. Hermann
Achmüller (Italien) 2:22:37, 3. Dennis Pyka (LG Domspitzmilch Regensburg)
2:26:47, 4. Arthur Landenberger (SC Ingolstadt) 2:27:30, 5. Christian Locher
(Italien) 2:28:07... 12. Stefan Eichheimer (SC Olympia Lorsch) 2:36:39.
Frauen: 1. Silke Fersch (CIS Amberg) 2:44:57, 2. Birgit Koch (LG
Rupertiwinkel) 2:48:58, 3. Jeannette Vrga (ASC Darmstadt) 2:50:47, 4. Brigitte
Rupp (SC Roth) 2:55:59, 5. Sabine Huber (LG Mettenheim) 3:00:41.
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