Der folgende Artikel ist aus der aktuellen Ausgabe der Laufzeitschrift
SPIRIDON 11/04 entnommen und wird mit freundlicher Genehmigung des Verlages und
des Verfassers Manfred Steffny veröffentlicht.
Dieser Beitrag paßt genau in die Jahreszeit, um sich - als Anfänger
- auf die Laufsaison 2005 und insbesondere auf MARATHONläufe seriös
vorzubereiten.
Manfred Steffny ist der MARATHON-Papst in Deutschland. Sein legendäres
Buch "Marathontraining" hat er schon Ende der 70-Jahre - und seitdem
in vielfacher und verbesserter Auflage - herausgegeben. Generationen von
Marathonläufern haben das zu ihrer "Bibel" auserkoren.
Manfred Steffny - das Lauf-Urgestein - , geb. 1941, ist Chef und Herausgeber
der Lauf-Fachzeitschrift SPIRIDON und Herausgeber vieler weiterer
Laufbücher. Er hat selber weit über 50 Marathonläufe bestritten
und an 2 Olympischen Spielen (Mexico 1968 und München 1972) als
Marathonläufer teilgenommen: BL: 10.000m 29:06,8 (1972) und Marathon
2:16:45 (1972).
Er ist ständig bei den großen Läufen im In- und Ausland
anwesend, läuft meistens immer noch mit und fotografiert auch während
des Laufes. Mit seinen Kommentaren in SPIRIDON kann er dann danach Läufe
kritisch "zerreißen" oder sie aufs Schild heben. Viele
Läufe in Deutschland hat er auch selbst initiiert, war quasi dafür
der "Geburtshelfer"
Seine jährliche "SPIRIDON-Bewertung der deutschen
Marathonläufe" am Ende des Laufjahres findet immer große
Beachtung - und wird bei guter Beurteilung - als großes
Aushängeschild zur Werbung genutzt.
Er gehört auch zu den wenigen und kompetenten Streitern, die
öffentlich kritisch die Rolle des Deutschen Leichtathletik-Verbandes
bewerten und - zumeist - zu sehr negativen Urteilen kommt.
Horst Milde
"5" />Wer sich mit dem Gedanken trägt, im Frühjahr 2005 erstmals
einen Marathon zu laufen, sollte trotz fallendem Laub, früher Dunkelheit
und Novemberstürmen unverzüglich das Training beginnen. Denn eine
halbjährige Vorbereitung ist unbedingt erforderlich, will man nicht ein
blaues Wunder mit Erschöpfungszuständen und erzwungenen Gehpausen
erleben. Ein dreimal wöchentliches Training mit einem Pensum von
mindestens 42 km pro Woche (wer Marathon laufen will, soll Marathon in der
Woche laufen) ist die Voraussetzung.
Eine Grundkondition sollte vorhanden sein
Drei Jahre Lauftraining sind an und für sich erforderlich, um sich der
Herausforderung Marathonlauf erfolgreich zu stellen. Dies gilt insbesondere
für ganz junge Läufer um 20 Jahre und Läufer über 35 Jahre
ohne sonstigen sportlichen Hintergrund. Wer einen Ausdauersport betreibt oder
regelmäßig als Ballspieler aktiv ist, kann mit kürzeren
Anpassungszeiten rechnen. Da sollte eine Grundkondition vorhanden sein, die
einen leichteren Einstieg ermöglicht. Aber man sollte sich nicht
täuschen. Selbst erstklassige Radfahrer oder Skilangläufer bekamen
auf den 42,195 km Straße oft erhebliche Probleme mit den
Füßen, was sie völlig unterschätzt hatten.
Denn der Läufer kämpft mit Schritt und Tritt mit dem Dreifachen
seines Körpergewichts gegen die Schwerkraft an, während der Radfahrer
rollt und der Skifahrer gleitet, der Schwimmer nur die Schwerkraft von einem
Zehntel seines Körpergewichts zu tragen hat, allerdings gegen einen
erheblichen Wasserwiderstand anzukämpfen hat.
Von einem Internisten untersuchen lassen
Wer einen Marathon laufen will, sollte sich ab 35 Jahren von einem Internisten
untersuchen lassen, ob er herzgesund ist. Dazu sollte ein Test auf einem
Ergometer oder einem Laufband mit EKG-Messung gehören. Eine sogenannte
Leistungsdiagnostik mit Laktattest, Conconi-Test und Herzfrequenzbestimmung ist
so überflüssig wie ein kleines Schwarzes bei MacDonald, denn
besonders im Breitensport ändern sich solche Sekundär-Werte
ständig, werden durch unbekannte Faktoren wie Ernährung, Schlaf, zwei
Tassen Kaffee so stark beeinflusst, dass sie nutzlos sind, worauf kürzlich
beim Kölner Marathon- Kongress noch der Sportwissenschaftler Dr. Dieter
Lagerström hinwies (siehe SPIRIDON 10/04). Letztlich gewann Nina Kraft
vielleicht deswegen den Ironman von Hawaii 2004, weil ihr Herzfrequenzmesser
ausfiel und sie nach Gefühl radelte und lief.
Laborwerte nur sehr bedingt
Wenn wir laufen wollen, helfen uns Laborwerte nur sehr bedingt. Je
wissenschaftlicher das Lauftraining von interessierten Kreisen gestaltet wurde,
desto langsamer wurden die Läufer. Der Hauptfehler sind Empfehlungen
für ein Training, das erstens zu kurz und zweitens zu schnell ist und
damit für die lange Distanz wirkungslos bleibt. Ich muss mich als
Marathonläufer größtenteils in einem Tempo bewegen, das
langsamer ist als das angestrebte Marathon- Renntempo. Das gilt für
Läufer im Bereich von 2:20 h bis 4:20 h. Erst darunter und darüber
gilt diese Empfehlung nicht mehr, zum einen, weil die Grenzbelastung mehr
ausgelotet werden kann und zum zweiten, weil oberhalb dieser Endzeit ja
offensichtlich Gehpausen eingeplant sind, die nicht speziell trainiert werden
müssen. Viele Leistungsdiagnostiker sehen langsame Dauerläufe als
unwirksam an, dabei sind diese wie der Mörtel in einem Ziegelbauwerk
unentbehrlich zum Zusammenhalt des ganzen Programms. Der alte englische Spruch
„one day easy, one day hard“ aus der Urzeit des Laufens gilt trotz
und gerade aller Elektronik noch immer.
BMI unter 25
Ausdauer kann man trainieren, parallel dazu muss man sich dem Idealgewicht
nähern. Wer einen Body Mass Index über 25 hat, verschafft sich
buchstäblich einen unnötigen Klotz am Bein. Training allein reicht da
nicht, man muss sich auch ernährungsmäßig einstellen. Es
genügt allerdings ein langsames Abnehmen bis hin zum Marathontag. Daneben
spielt die Grundschnelligkeit eine Rolle. Nach drei Monaten sollte man in der
Lage sein, 1.000 m in 4:30 min zu laufen. Und wer zu Trainingsbeginn 50 m auf
der Bahn fliegend (also mit Anlauf) langsamer als 12 sec läuft, sollte als
Anfänger seine Marathon-Ambitionen überdenken (verschieben).
Schließlich spielt auch keiner Basketball, der den Ball nicht bis in
Korbhöhe werfen kann.
Einer Gruppe anschließen
Der angehende Marathonläufer sollte sich möglichst einer Gruppe
anschließen, denn wenn er immer als „einsamer Wolf“ durch die
Gegend rennt, wird er in den heutigen Massenfeldern eines Marathonlaufs nicht
zurecht kommen. Es genügt, wenn er/sie einmal in der Woche mit der Gruppe
bei einem Lauftreff oder im Verein aktiv ist und dann zwei-dreimal alleine
läuft. In der Gruppe wird er merken, ob er adäquat läuft. In
einem guten Lauftreff wird er tempomäßig in die richtige Gruppe
verwiesen, wo er jederzeit aerob läuft, das heisst im Gleichgewicht
zwischen Sauerstoffaufnahme und Sauerstoffverbrauch. Es muss unbedingt
vermieden werden, dass man in einer zu schnellen Gruppe hinterher hechelt. Hier
sollte man keinen falschen Ehrgeiz entwickeln, sondern sich nach hinten
absetzen Bei der Organisation der Laufgruppen sollte unbedingt darauf geachtet
werden, dass sich niemand überfordert. Natürlich können
Läufer mit divergierenden Leistungen zusammen trainieren. Wenn die
Besseren mit 75% Belastung trainieren, laufen sie auch richtig, wenn sie andere
hinter sich her schleifen mit 90% Belastung, sind diese überfordert und
objektiv übertrainiert.
Das Grundlagentraining für die Monate November und
Dezember
für Über-Vier-Stunden- Marathonaspiranten ist ganz einfach zu
beschreiben:
Tag 1 (Mo, Di): 10 km MDL
Tag 2 (Mi, Do): 10 km MDL
Tag 3 (Sa, So): 22 km LDL
Wer die 22 km am Stück noch nicht packt, muss eine Einheit mehr
laufen:
Tag 1 (Mo, Di): 10 km MDL
Tag 2 /Mi, Do) 10 km MDL
Tag 3 (Fr) 7 km MDL
Tag 4 (Sa, So) 15 km LDL
LDL = langsamer Dauerlauf, MDL = mittlerer/ mäßiger Dauerlauf
(wird fortgesetzt)
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