Mit Rücksicht auf das Bischofsamt in Schäßburg, welches schon
Wochen vorher gegen den Namen “Dracula-Marathon“ zum kirchlichen
Osterfest protestiert hatte, wurde der Lauf kurzerhand in
“Transilvania-Marathon“ umgetauft. Insgesamt 30 Deutsche begaben
sich auf Draculas Spuren. Sie waren sichtlich beeindruckt von der
ausgezeichneten Organisation dieser Sportveranstaltung und freuten sich
gemeinsam mit den rumänischen Gastgebern über die gelungene
Marathon-Premiere zwischen den Städten Schäßburg und Mediasch
in Siebenbürgen.
Hauptorganisator Horst Schuller, in Mediasch geboren und seit 1966 in Berlin
lebend, hatte in unermüdlicher Kleinarbeit die Behörden vor Ort von
seiner Marathonidee überzeugt und fand in Deutschland mit seinem alten
Freund Johann Menning (Management, Sponsoring) sowie unserem Berliner
Marathon-Team aktive Mitstreiter.
Auf dem weitläufigen Platz, direkt vor dem Hotel “Central“
in Mediasch, waren der Start/Ziel – Bereich für die drei
Rahmenwettbewerbe, das Marathonziel, eine große Bühne für die
Siegerehrung (mit Folklore-Darbietungen und Live-Musik) sowie mehrere Zelte des
Hauptsponsors (eine örtliche Brauerei) aufgebaut.
Da 4 verschiedene Strecken für jung und alt zur Auswahl standen, war
halb Mediasch an beiden Osterfeiertagen auf den Beinen. So nahm dieses
Laufspektakel einen regelrechten Volksfest-Charakter an.
Los ging es am Samstag 15 Uhr mit einem stimmungsvollen Mini-Marathon
über 4,2 km, an dem sich rund 150 Kinder und Jugendliche, aber auch
Erwachsene beteiligten. Eine Stunde später erfolgte der Start zum
10-km-Lauf über drei Runden durch die Altstadt. Hier hatten unsere
deutschen LäuferInnen zwar keine Chance auf vordere Platzierungen, aber in
den Alterklassen räumten sie ab...
Nach 31:02 min lief Petre Hriste aus Panciu/Rumänien vor 17 weiteren
Landsleuten als umjubelter Sieger in Ziel. Bester Deutscher war der Berliner
Werner Scuda, der nach 38:49 min Platz 19 belegte. Die herausragende Leistung
gelang der 26jährigen Rumänin Rodica Chirita (CSM Craiova). Die
Marathon-Siegerin von Belgrad (Bestleistung 2:36 h) rannte 32:24 min (!) und
träumt von Olympia 2004. Am Ostersonntag nahmen in Mediasch über 200
Kinder mit großer Begeisterung am 700 m langen “Lauf der
Zwerge“ teil. Alle “Zwerge“ erhielten im Ziel ein kleines
Präsent. Zur gleichen Zeit erfolgte in Schäßburg bei
strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen um 15°C der Start zum
1. Internationalen Transilvania-Marathon. 55 Läufer aus Rumänien,
Deutschland, den Niederlanden und Italien hatten sich zur Premiere gemeldet und
unterhalb der schönsten Burg Siebenbürgens in der Nähe des Vlad
Dracul Hauses (hier soll im 15. Jahrhundert der berüchtigte Graf Dracula
gelebt haben) eingefunden. “Gemeldet“ im wahrsten Sinne des Wortes,
denn ein rumänischer Kampfrichter las die Namen der Starter einzeln vor
und die Aufgerufenen mussten sich melden.
Das reizte die Stimmungskanone in unserer Gruppe Ecki Broy zu der Bemerkung:
“Jetzt weiß ich auch, warum der BERLIN-MARATHON in diesem Jahr zwei
Tage dauert!“. Die nicht leichte Marathonstrecke, Werner Scuda und ich
hatten sie 3 Tage vorher mit Fahrrädern und Jones-Counter nach
AIMS-Richtlinien vermessen, führte nach 2km mit einem langgezogenen
steilen Anstieg bis KM 4 aus Schäßburg hinaus auf die leicht wellige
Asphaltstraße nach Mediasch. Eingebettet zwischen den Hügelketten
des Kokelgebirges erinnerte mich die Landschaft stark an das Harzvorland. In
Mediasch selbst wurden noch schwere 5 km kreuz und quer durch die Stadt
gelaufen, ehe man das Ziel auf dem Zentralplatz erreichte. Allerdings war ein
Verlaufen unmöglich, da überall genügend Markierungen und
Streckenposten vorhanden waren. Polizeipräsenz, Rotkreuz-Fahrzeuge auf der
Strecke, ausreichend bestückte Verpflegungspunkte alle 5km – das
alles war selbstverständlich.
Roland Winkler im Ziel
Außergewöhnlich hingegen war, dass extra wegen des Marathons die
Schlaglöcher auf der Wettkampfstrecke ausgebessert wurden! Das Geld
dafür kam von der Regierung aus Bukarest!! Kaum zu glauben bei dem
ansonsten erschreckenden Verfall vieler Häuser und manch historischer
Bauwerke.
Die rumänischen Marathon-Sieger Hugues Moutsinga bei den Männern
(2:32:43 h) und Ana Lupan bei den Frauen (2:51:59 h) gehören mit ihren
Bestzeiten von 2:28 h bzw 2:38 h zur erweiterten Spitzenklasse des Landes. Die
beiden Sportstudenten lobten die tolle Organisation des Laufes und wollen im
nächsten Jahr wiederkommen. Hinter der Rumänin Ana-Maria Popescu
(3:14:06 h) gelang Marion Sarasa (SCC Berlin) mit dem 3. Platz in 3:46:26 h der
schönste Erfolg ihrer Laufbahn. Unser 64järiger “Oldie“
Hans Meinel aus Schwäbisch-Hall (diesjährige Bestzeit 2:58 h !) war
trotz seines starken Rennens nicht ganz zufrieden, denn knapp vor dem Ziel
konnte ich ihn noch überholen und nach 3:11:11 h als bester Ausländer
den 11. Platz erreichen.
Der Wettkampftag klang mit einer eindrucksvollen Siegerehrung aus. Unsere
deutschen Läufer wurden dabei förmlich mit Pokalen und
Ehrengeschenken überschüttet. Allerdings gibt es in Rumänien
(noch) keine breite Laufbewegung, sodass die verschiedenen Altersklassen recht
dünn besetzt waren.
Nach dem Wettkampf und am Abschlussabend fanden wir ausreichend Gelegenheit,
unsere mitgebrachten Geschenke (Laufschuhe und Laufkleidung) zu verteilen,
welche sehr dankbar angenommen wurden. Im Gegenzug erhielten wir oft
“Selbstge-brannten“, welcher nicht unerheblich zu unserer ohnehin
guten Stimmung auf der Rückfahrt beitrug. Wir als Premieren-Gäste
wünschen der Region, dass der Transilvania-Marathon in Siebenbürgen
zukünftig zur Tradition werden möge!
Roland Winkler