Beim New-York-Marathon am 4. November werden Vertreter des real,-
BERLIN-MARATHON voraussichtlich die für die Opfer der Terroranschläge
gesammelten Spenden an die New Yorker Feuerwehr übergeben. Dass für
die Hinterbliebenen der ums Leben gekommenen Feuerwehrleute gesammelt wird,
hängt auch mit einer persönlichen Verbindung zusammen: So wird Victah
Sailer am nächsten Sonntag beim real,- BERLIN-MARATHON auf einem Motorrad
sitzen. Hinter dem Fahrer und verkehrt herum, also Rücken an Rücken.
Auf dem Motorrad wechselt er Filme und Fotoapparate während der Fahrt.
Victah Sailer ist Sportfotograph. Der Amerikaner hat sich auf die großen
Marathonrennen spezialisiert, und er zählt zu den besten seines Faches
weltweit. Sailer kennt die meisten Veranstalter, Manager und viele
Weltklasseläufer persönlich. Oft ist er besser informiert als die
meisten Journalisten.
Seit sechs Jahren kommt der New Yorker nun schon zum real,- BERLIN-MARATHON
und macht eindrucksvolle Bilder aus allen denkbaren Perspektiven. Er braust als
Beifahrer auf dem Motorrad zwischen den führenden Männern und den
einige Minuten dahinter laufenden Frauen hin und her, klettert auf das
Zielgerüst, lässt sich am Brandenburger Tor auf einer Leiter bis auf
die Höhe der Quadriga heben, um das Läuferfeld von oben zu
fotografieren und hätte nichts dagegen, aus einem offenen Hubschrauber
Bilder vom Marathon zu machen. Höhenangst kennt er nicht. Denn Victah
Sailer ist Feuerwehrmann in New York.
Obwohl er seine Bilder inzwischen weltweit an Magazine und Zeitungen
verkauft, hat er seinen ursprünglichen Job nicht aufgegeben. An jenem 11.
September hatte Victah Sailer Dienst in seiner Wache in Queens. Der East River
trennt den Bezirk von Manhattan. Doch der New Yorker hatte großes
Glück. Seine Schicht endetet um 8.50 Uhr. Kurz zuvor war das erste
Flugzeug in das World Trade Center geknallt, doch Victah Sailer wurde
abgelöst. Vielleicht haben ihm diese Minuten das Leben gerettet.
Vielleicht hätte er trotzdem Glück gehabt, denn nur ein relativ
kleiner Teil der getöteten Feuerwehrleute kam aus Queens.
„Als ich die Wache verließ, hörte ich den Notruf und
wusste, dass etwas am World Trade Center passiert war“, erzählt
Victah Sailer. Doch die Katastrophe konnte er nicht ahnen, deshalb fuhr er zu
einem Freund, um ihm Fotos zu bringen. Im Auto hörte er im Radio, dass ein
Flugzeug in das World Trade Center geflogen. „Ich dachte, es handelte
sich um ein kleines Flugzeug.“ Erst bei seinem Freund sah er im Fernsehen
den brennenden Turm. „Mein Freund fragte mich, was die Feuerwehrleute
machen werden. Und ich erklärte ihm, dass es ungefähr eine halbe
Stunde dauern würde, bis meine Kollegen überhaupt dort oben ankommen
würden. Es ist für uns in New York der schlimmste Fall, ein Feuer von
innen bekämpfen zu müssen.“ Auf dem Weg nach Hause hörte
Victah Sailer die weiteren Meldungen im Radio. „Es war der reine Horror.
Als ich hörte, dass ein zweites Flugzeug in das WTC gerast war, war klar,
dass es sich um eine Terrorattacke handelte. Dann hörte ich mit Schaudern,
dass alle Flughäfen geschlossen wurden und praktisch die ganze Nation.
Dann kam die Attacke auf das Pentagon. Und als in New York der erste Turm
zusammenbrach, wusste ich, dass ich in diesem Augenblick mindestens 100
Kollegen verloren hatte. Ich konnte es nicht glauben. Ich dachte nur noch
daran, dass dieser riesige Turm zusammengebrochen war und unter sich tausende
unschuldiger Menschen und die Rettungskräfte begraben hatte.“
Als Victah Sailer zu Hause angekommen war, traf er auf seine höchst
beunruhigte Frau Lisa. Ihre Schwester arbeitet am World Trade Center. Wie sich
später herausstellte, war sie mit ihrem Freund nur einen Block vom World
Trade Center entfernt, als das erste Flugzeug den Turm traf. Sie kehrte sofort
wieder um und fuhr mit dem Auto zurück nach Hause.
„Ich machte zu Hause den Fernseher an und sah, wie der erste Turm
zusammengebrochen war – es war unglaublich.“. Dann sah Victor
Sailer auf dem Fernsehschirm einen Aufruf, dass alle Feuerwehrleute zurück
zur Arbeit kommen sollten. Auf dem Weg zurück, sah er von weitem noch den
zweiten Turm, als er in der Feuerwache ankam, war auch dieser
zusammengebrochen. „Mir wurde schwindelig bei dem Gedanken, dass die
Tragödie nun mindestens doppelt so groß sein würde und ich
vielleicht über 300 Kollegen verloren hatte.“
Äußerst bedrückt war die Stimmung, als Sailer und hunderte
anderer Feuerwehrleute sich versammelten, um für den Einsatz koordiniert
zu werden. In etlichen 24-Stunden-Schichten hat Victah Sailer seitdem
gearbeitet. „Wir müssen unsere normale Arbeit machen, wir sind am
World Trade Center, und wir versuchen, zu möglichst vielen Beerdigungen zu
gehen, um die Angehörigen zu unterstützen.“ Dennoch rechnet er
fest damit, am nächsten Sonntag den real,- BERLIN-MARATHON fotografieren
zu können.
„Bitte“, schrieb Victah Sailer noch in der Nacht nach der
Katastrophe per E-Mail zu Freunden nach Berlin, die auf ein Lebenszeichen
warteten, „betet für meine Kollegen, die morgen nicht mehr aufwachen
und für ihre Familien.“
Der real,- BERLIN-MARATHON hat ein Spendenkonto zu Gunsten der
Hinterbliebenen der getöteten Feuerwehrleute bei der Berliner Bank
eingerichtet: real,- BERLIN-MARATHON, Stichwort: Feuerwehr/Polizei New York,
Bankleitzahl: 100 200 00, Konto: 0845 339 000.