Auch wenn der Hessische Rundfunk mit dem anfangs noch nebelverhangenen Himmel
über die Mainmetropole noch seine Sendeprobleme hatte, den
Marathonläufern war dies eher gleichgültig, denn erstmals nach Jahren
von organartigem Wind und Regen gab es bei der 23. Auflage des ältesten
deutschen Stadtmarathons nahezu ideale Laufbedingungen.
Und Vorjahressieger Boaz Kimaiyo nutzte dies just zum Zeitpunkt, als der HR
nach einer Laufzeit von eineinhalb Stunden in Höchst endlich die passenden
Bilder senden konnte, zum siegentscheidenden Tempovorstoß, sprengte die
lange Zeit aus einer zwölfköpfigen (afrikanischen) Gruppe bestehenden
Spitze und zur neuen Streckenrekordzeit von 2:09:10 Stunden. „Das war
heute ein feines Rennen“, gestand der 27jährige Kenianer,
„denn es ist so gelaufen, wie ich es auch haben wollte. Leider musste ich
ab 30 km alleine laufen, deshalb habe ich die 2:09 Stunden nicht
unterboten!“
Steigerung seiner eigenen Streckenbestzeit
Aber auch so ist die Siegerzeit von 2:09:10 Stunden eine Steigerung seiner
eigenen Streckenbestzeit, die er bei seinem Sieg im Vorjahr auf 2:09:28 Stunden
fixiert hatte. „Ich habe vier Monate sehr intensiv trainiert, deshalb
auch die Verbesserung gegenüber dem Vorjahr!“ Dies war auch für
den Schützling des italienischen Laufdoktors Gabriele Rosa zwingend
notwendig, nachdem er im Frühjahr in Seoul mit 2:14:23 noch völlig
untergegangen war.
Boaz Kimaiyo hatte schlussendlich einen komfortablen Vorsprung von über
zwei Minuten auf seinen Landsmann Luke Kibet, dem mit Benjamin Rotich, John
Rono und seinem Laufkollegen Fred Mogaka weitere Landsleute folgten, aber
weitaus nicht in der Dichte, die die Veranstalter sich angesichts des
„stärksten je eingeladenen Starterfeldes“ in Frankfurt
versprochen hatten.
Carsten Eich verpasste Minimalziel
Selbst das Minimalziel des derzeit besten deutschen Marathonmannes Carsten Eich
erfüllten sich beim für den Frankfurt-Marathon untypischen Wetter
nicht, nämlich die deutsche Saisonbestmarke von aktuell 2:14:02 zu
unterbieten. Der lange Fürther im Dress der LG Braunschweig hatte
programmgemäß die Halbmarke in 1:05:53 absolviert, dann aber am
westlichsten Punkt der Strecke, im Stadtteil Höchst, völlig
eingebrochen und letztlich als Zwölfter in undiskutablen 2:17:00 ins Ziel
eingelaufen. „Nach 30 km hatte ich unerklärliche muskuläre
Probleme“, gestand ein sichtlich geschockter Carsten Eich später,
„so dass ich ziemlich eingebrochen bin. Diese Zeit ist absolut
unbefriedigend!“
Auch das angekündigte Duell um die deutsche Vorherrschaft zwischen Eich
und dem Wattenscheider Michael Fietz, der 1997 als letzter Deutscher in 2:10:59
Stunden überraschend den Frankfurt-Marathon hatte, fand im Prinzip nicht
statt. Fietz, geradewegs nach einer langwierigen Wadenverletzung genesen, hing
schon direkt nach dem Startschuss hinter Eich zurück und signalisierte
später in Höchst verzweifelt: „Es ist wieder die Wade.
So komme ich nicht durch ...!“
Mitfavorit Osoro lief hinterher
Den Deutschen ging es damit ähnlich wie dem als Mitfavoriten
angekündigten Ondoro Osoro, der einst als Chicago-Sieger mit einer
Fabelzeit von 2:06:54 Stunden debütierte, aber aufgrund eines
Raubüberfalles wegen einer Schussverletzung eine längere Auszeit
hinter sich hatte und nun in Frankfurt einen Neubeginn starten wollte. Der
Kenianer fiel bereits nach 24 km aus der Kopfgruppe heraus und beendete das
Rennen nicht minder enttäuscht als Neunter mit fast sieben Minuten
Verspätung auf Boaz Kimaiyo.
Quantensprung für die Nurgaliewa-Twins
Einen Quantensprung gelang bei dem deutlich schwächer besetzten Frauenfeld
den russischen Zwillingen Olesya und Elena Nurgaliewa, die eher auf den
Ultradistanzen angesiedelt sind und zuletzt beim Two-Oceans-Marathon über
56 km und dem Comrades-Marathon über 90 km in Südafrika große
Erfolge feiern durften und sich um sieben Minuten auf 2:29:48 bzw. 2:29:49
Stunden steigern konnten. Zwillings-Weltrekord übrigens. Mit unglaublicher
Präzision wussten die beiden Russinnen die beiden Halbstrecken
zurücklegen, wobei die zweite Hälfte sogar noch neun Sekunden
schneller war.
Schindler: „An Akzeptanz gewonnen“
„Wir sind stolz auf diese großartige Resonanz“, fasste
Frankfurts Sportbürgermeister Achim Vandreike ein erstes Fazit für
die 23. Auflage des Frankfurter Stadtmarathons, der mit insgesamt 15.238
Anmeldungen eine neue Höchstmarke erreichte, wenn man das Jahr 2001
ausklammert, als Deutsche Meisterschaften in den Frankfurt-Marathon integriert
waren. Aufgeschlüsselt ergaben dies jedoch für den Marathonbereich
zwar 10 361 Anmeldungen, im Ziel wurden freilich am späten
Sonntagnachmittag nur 8 299 Finisher registriert, das Frankfurt in der
Finisher-Statistik der Saison allerdings keinen Schub nach vorne einbrachte, wo
man hinter dem real,- BERLIN-MARATHON, Hamburg, Köln, München und dem
Ruhr-Marathon auf Rang sechs positioniert ist.
„Im Gegensatz zu den anderen großen Marathonläufen, bei denen
ein Gesamtrückgang zu verzeichnen ist, haben wir ein deutliches
Anmeldeplus von 15 Prozent. Ein Beleg, dass wir neue Akzeptanz gewonnen
haben!“
Streckenrekorde durch zwei holländische
Handbiker
In der Tat, seit Jahren herrschte nicht mehr so einen Andrang auf Frankfurts
Straßen wie in diesem Jahr. Und der Zieleinlauf in der Festhalle,
„ein emotionales Erlebnis“, so Organisationsleiter Jo Schindler,
ist zudem ein kräftiges Faustpfand, das sicherlich in der Szene
prächtig angenommen wurde.
Ein ansehnlicher Zuwachs bei den Handbikern und Rollstuhlfahrern, die in
Frankfurt das Finale der aus sechs Rennen bestehenden deutschen Handbike-Trophy
austrugen und mit den beiden Holländern Johan Reekers und Monique van der
Vorst sogar zwei neue Streckenrekorde einbrachten, rundeten eine beachtliche
sportliche Bilanz ab.
1000 Mini-Marathonläufer verirrten sich in
Mainhattan
Eigentlich eitel Sonnenschein in Mainhattan, wären da nicht die
fehlgeleiteten Mini-Marathonläufer im Alter von zehn bis siebzehn Jahren
gewesen, die letztlich „in der ganzen Stadt eingesammelt“ (so
Streckenchef Dieter Bremer) werden mussten. Durch eine falsche Absperrung war
der Laufnachwuchs zwischen fünf und zwölf Kilometer gelaufen und
planlos durch die Innenstadt geirrt. In Panik geratene Eltern waren noch
Stunden später nur schwer zu beruhigen. „Wir können uns nur bei
den Betroffenen entschuldigen“, so Schindler, „als
Entschädigung werden wir allen einen Freistart im kommenden Jahr
anbieten!“
Wilfried Raatz
Eurocitymarathon Messe Frankfurt (31.10.):
Ergebnisse:
Männer:
1. Boaz Kimaiyo (KEN) 2:09:10, 2. Luke Kibet (KEN) 2:11:28, 3. Benjamin Rotich
(KEN) 2:11:45, 4. John Rono (KEN) 2:12:59, 5. Fred Mogaka (KEN) 2:14:28, 6.
Dmitri Barankowski (UKR) 2:15:03, 7. Eric Kiptoon (KEN) 2:15:04, 8. Francis
Kiprop (KEN) 2:15:13, 9. Ondoro Osoro (KEN) 2:15:58, 10. Sergey Lukin (RUS)
2:16:24, 11. Antonio Sousa (POR) 2:16:54, 12. Carsten Eich (LG Braunschweig)
2:17:00, 13. Yirjö Pesonen (FIN) 2:17:42, 14. Onesma Ludago (TAN) 2:19:22,
15. Willy Mwemze (CGO) 2:22:05, 16. Henrik Sandstad (NOR) 2:22:16, 17. Vesa
Erojärvi (FIN) 2:22:44, 18. Mika Takala (FIN) 2:26:48, 19. Martin
Schönberger (LC Mengerskirchen) 2:28:53, 20. Dick van den Broek (NED)
2:29:52.
Frauen:
1. Olesya Nurgalieva (RUS) 2:29:48, 2. Elena Nurgalieva (RUS) 2:29:49, 3. Julia
Vinokurowa (RUS) 2:32:29, 4. Gladys Ashiba (KEN) 2:35:16, 5. Malja
Oravamäki (FIN) 2:39:37, 6. Malja Heller (Fürth) 2:55:25, 7. Marianne
Brüllisauer (SUI) 2:56:06, 8. Birgit Bartels (SV Kirchzarten) 2:57:31, 9.
Christiane Brede (Saarbrücken) 2:58:29, 10. Birgit Bohn (Spiridon
Frankfurt) 2:58:57, 11. Kaisa Salminen (FIN) 2:59:07, 12. Sonja Königseder
(DJK Fürsteneck) 3:00:29.
Handbike-Marathon:
Männer:
1. Johan Reekers (NED) 1:11:02, 2. Roel Bruijn (NED) 1:11:03, 3. Torsten
Purschke (Otto Bock Team) 1:17:03, 4. Errol Marklein (Team Sopur) 1:18:15, 5.
Markus Pilz (Team Sopur) 1:19:05, 6. Norbert Mosandl (Berg) 1:19:05.
Frauen: 1. Monique van der Vorst (HED) 1:19:05, 2. Andrea Eskau (Otto Bock
Team) 1:19:05, 3. Lily Anggreny (Team Sopur) 1:34:49.
Inliner-Marathon:
Männer:
1. Jörg Wecke (Skate Team Celle) 1:15:42, 2. Anders Holm Christensen (DEN)
1:15:48, 3. Marc Christen (SUI) 1:15:48, 4. André Wille (LIE) 1:15:49,
5. Christoph Luginbühl (SUI) 1:15:49, 6. Patrick Täubrecht
(Powerslide Racing Team) 1 :15 :49.
Frauen:
1. Tina Strüver (Turbine Halle Verducci) 1:23:07, 2. Evelyn Kalbe (Zepto
Skate Team) 1:23:07, 3. Maritje Sell (Blau-Gelb Groß-Gerau) 1:23:09.