Vor drei Jahren kratzte mit John Kiprono schon ein Kenianer am seit 1988
gültigen Streckenrekord des Äthiopiers Belayneh Dinsamo, als er die
zehn Jahre sogar als Weltbestzeit geführte Marke von 2:06:50 Stunden exakt
einstellte – drei Jahre später lief dessen 23jähriger Landsmann
Felix Limo mit einem überzeugenden Schlussviertel trotz heftiger Windboen
bei der 24. Auflage des Fortis Rotterdam Marathon nun sogar 2:06:14 Stunden
folgen. Nach dem aktuellen Stand sogar Weltjahresbestmarke, die bislang dem
Südafrikaner Gert Thys nach seinem Sieg in Seoul mit 2:07:06 gehörte.
Momentaufnahme im schnelllebigen Marathonfrühling 2004, dem im Wochentakt
werden nun unter anderem London, Boston und Hamburg folgen. Damit hat der
unbestritten zu den Topläufen weltweit zählende Rotterdam Marathon
einmal mehr nachdrücklich unter Beweis gestellt, dass die Strecke mit
Start und Ziel am Coolsingel neben Berlin und Chicago zu den schnellsten der
Welt zählt und im Duell der Frühjahrstops einen klaren Vorteil
herausgearbeitet.
Nach starken Regenfällen und orkanartigem Wind glaubte selbst wohl kaum
einer der Verantwortlichen der mit 11.000 Teilnehmern größten
holländischen Laufveranstaltung mit diesem “Knüller“.
Vielleicht mit Ausnahme von Jos Hermens, dem umtriebenen Manager und
Athletenverpflichter in Rotterdam. Bei teilweise starkem Gegenwind leisteten
die Pacemaker Wilson Kigen und Eliud Lagat Schwerstarbeit in der bei Halbzeit
(1:03:13) noch siebenköpfigen Spitze mit den Kenianern Felix Limo, Michael
Rotich und Stephen Cheptot, dem marokkanischen Debütanten Salah Hissou und
dem überraschend stark wirkenden Brasilianer Romulo Wagner da Silva. Nach
25 km schrumpfte die Spitze um Lagat und Cheptot, weniger später hatten
aber auch Wagner da Silva und Hissou ihre Probleme. Wenig später beendete
Wilson Kigen seine vorzügliche Tempoarbeit und die beiden Favoriten Limo
und Rotich waren alleine in Front, Hissou zehn Sekunden zurück.
Beide Kenianer wussten sich im Vorjahr bereits mit 2:06er Zeiten zu
empfehlen, Rotich als Sieger des Paris-Marathon mit 2:06:33, Limo
debütierte hingegen in Amsterdam als Zweiter hinter William Kipsang mit
2:06:42. Als Felix Limo den 5 km-Abschnitt zwischen 30 und 35 km in 14:22
herunter hämmerte, musste sein Landsmann Rotich abreißen lassen. Der
Rückstand wuchs über dreißig Sekunden (35 km) rasch an auf 1:47
(40 km), im Ziel waren es sogar 2:54 Minuten! Noch ärger erwischte es
Salah Hissou, der letztlich bis auf Rang elf durchgereicht wurde und erkennen
musste, dass Marathon seine eigenen Gesetze hat.
“Ich denke, ich bin ein phantastisches Rennen gelaufen“, sagte
ein selbstbewusster Felix Limo im Ziel. Und mit Blick voraus: “Ich bin
sicher, wenn der Wind nicht so stark gewesen wäre, ich wäre nahe am
Weltrekord von Paul Tergat eingekommen. Und das versuche ich hier im kommenden
Jahr....!“ Michael Rotich gestand später ein, Wadenprobleme
hätten ihm nach 25 km zu schaffen gemacht. Er jedenfalls möchte bei
nächster Gelegenheit die Scharte gegen Felix Limo auslöschen und
kündigte sofort Revanche an. “Das nächste Mal werde ich ihn
schlagen!“
Bei den Frauen verlor die Russin Jelena Burykina nach 30 km den Kontakt zu
der Mexikanerin Madai Perez und der marokkanischen Debütantin Zhor el
Kamch. Erst auf den beiden letzten Kilometern gelang es der Nordafrikanerin,
sich von der erst 23jährigen Mexikanerin zu lösen und konnte mit
2:26:10 Stunden ein grundsolides Debüt hinlegen. Auch für Perez gab
es mit 2:27:08 einen neuen Hausrekord. Die frühere
Frankfurt-Marathon-Siegerin Maria Abel wurde hinter der Russin dann Vierte mit
2:32:23.
Wilfried Raatz