Seit 1990 pflegt der BERLIN-MARATHON eine Kooperation mit dem Lake Kawaguchi
Nikkan Sports Marathon in Japan. In jedem Jahr kommen Delegationen aus Japan
nach Berlin und umgekehrt zu den jeweiligen Läufen. Die Organisation des
Laufes in Japan liegt in Händen von Nikkan Sports, eine der
größten täglich erscheinenden Sportzeitungen Japans mit einer
Milllionenauflage. Die Gastgeber in Japan lassen den ausländischen
Delegationen eine große Gastfreundschaft angedeihen, beginnend und endend
in Tokyo, mit dem Höhepunkt des Laufes um den idyllischen See - aber mit
vielen offiziellen Empfängen.
Vom BERLIN-MARATHON sind seit 1990 ununterbrochen jeweils Delegationen
entsandt worden, dabei ist der real,- BERLIN-MARATHON in Japan Legende,
spätestens seit Naoko Takahashi in Berlin Weltrekord lief. Es gab
Originalübertragung zur besten Sendezeit im Jahre 2001 und 2002, aber
schon 1990 und 1991war der BERLIN-MARATHON ein TV-Knüller. In diesem Jahr
flogen als Vertreter des real,- BERLIN-MARATHON John Kunkeler, Trainer vom SCC
und Leiter der RBB-Laufbewegung im Tiergarten, sowie Ralf Preibisch zum Lake
Kawaguchi Marathon am 30. November 2003. Lesen Sie im folgenden den Bericht von
John.
Manche Sachen sind so schön, dass man sie am liebsten für sich
behalten möchte. Nicht nur der immer noch andauernde Jetlag erinnert mich
an einer Woche Kulturschock pur. Wahrscheinlich waren wir Europäer immer
schon anders als Japaner.
Die überwältigende Gastfreundlichkeit, die Bescheidenheit und das
grosse Interesse an anderen Kulturen. Alles Merkmale, die uns abhanden gekommen
zu sein scheinen. Unfreundlichkeit, der Hang zum Meckern und Egoismus, alles
Merkmale, die in Japan nicht zu existieren scheinen. Obwohl beim Marathon
organisatorisch auch einiges nicht gut lief!
Welchen Stellenwert Berlin (der real,-BERLIN-MARATHON) in Japan mittlerweile
hat, konnte man alleine daran schon sehen, dass die Organisatoren mir die
Startnummer 1 und Ralf Preibisch (Bestzeit 2:17 St) die Nummer 2 gaben.
Bei allen Empfängen musste ich Ansprachen halten, wobei sehr aufmerksam
zugehört wurde. Nur eine Bemerkung erstaunte die Japaner doch sehr und
löste kurze Verwunderung aus. Nämlich, dass beide japanischen
Landesrekorde für Marathon, bei den Herren sowie bei den Damen, in Berlin
aufgestellt worden sind ! Das hatten sie sich noch nicht so
vergegenwärtigt. Es stimmt aber !
Die Liveübertragung ab 17 Uhr (in Japan steht man 8 Stunden früher
auf) wäre normalerweise ein Strassenfeger, wäre es nicht so, dass in
Japan unglaublich viele Menschen leben.
Als wir auf der Rückfahrt zum Flughafen durch die Tokioter Innenstadt
fuhren, sahen wir ein Menschenansammlung von etwa 400 Personen, die vor einer
Fussgängerampel wartete. Als das Licht auf grün sprang, kam dies vom
Bild her, den Start eines Volkslaufes gleich !
Trotz der enormen Verkehrsdichte hörte man kaum hupende Autos, man sah
nirgendwo Graffitti. Die einzigen Polizisten, die wir gesehen haben, waren im
Einsatz beim Marathon.
Es goss in Strömen! Schon seit Freitag war von dem Vulkanberg FUJIjama
nichts zu sehen. Zusammen mit Delegationen aus Australien und USA und mit den
reizenden Begleiterinnen sind wir den Berg am Vortag hochgefahren. Unglaublich
!
Wie durch ein Wunder hörte es 5 Minuten nach dem Startschuss auf zu
giessen, nach 10 Minuten regnete es nicht mal mehr. Während des Laufes
verschwand die dicke Wolkendecke um den Fuji und ich vergass komplett die schon
eine Stunde andauernde Anstrengung.
Ach ja, Ralf Preibisch lief die volle Distanz in 2:34 St und wurde Siebter.
Ich war froh, dass es auch eine kürzere Variante über 27,2 km gab und
war mit 1:53 St sehr zufrieden. Ralf musste zwei Mal um den See (Lake
Kawaguchi), ich nur ein Mal.
Untröstlich waren die Organisatoren, als ich durch aufmerksame Helfer
im Ziel (ich hatte eine Startnummer für die volle Distanz bekommen und
galt für deren Begriffe als Aussteiger) daran gehindert wurde über
die Matte ins Ziel zu laufen. Es war Ihnen nicht beizubringen, dass mir das
egal war.
Bei der anschliessenden Siegerehrung musste ich mit Doug Bourne (Australien)
wiederum eine kurze Ansprache halten und von der Strecke berichten.
Traditionell gewinnt der Sieger des Lake Kawaguchi-Marathon eine Teilnahme
beim nächsten BERLIN-MARATHON. Seine international gesehen eher
bescheidene Zeit von 2:19 St. dürfte ihn wenig gestört haben.
Er wird hier genauso ein Kulturschockerlebnis haben, wie wir es hatten. Ralf
Preibisch und ich sind zutiefst dankbar, dass wir dies erleben durften. Gefreut
hat mich ausserdem, dass alle japanischen Begleiter Ralf und mich für zwei
Gleichaltrige hielten.
Dabei trennen uns 15 Jahre ! Tja, laufen hält offensichtlich jung !
John Kunkeler