Das Fazit der deutschen 10 km-Straßenlauf-Meisterschaft ließe sich
kurz und knapp auf den einfachen Nenner bringen: Mit Carsten Eich und Luminita
Zaituc sind die deutschen Halbmarathonmeister von Burghaslach auch sechs Monate
später die Titelträger auf der 10 km-Distanz auf dem schnellen
Citykurs in Troisdorf. Und eine weitere Parallele drängt sich auf, die der
Marathonorientierung. Sprachen im Frühjahr (fast) alle von den
bevorstehenden Marathonstarts, so sind es nun für einen Großteil der
Erstplatzierten die anstehenden Herbstmarathonläufe in Berlin, Köln
oder Frankfurt.
Die Monate zwischen diesen beiden Titelkämpfen dürften unsere
Leistungsträger am liebsten schnell vergessen wollen, denn im “Tal
der Tränen“ platzte so manche der gehegten WM-Hoffnung. Sechs Monate
sind ins Land gegangen, die Motivation und die Angriffslust ist vielerorts
wiedergekehrt. Und das ist gut so, denn was wäre unsere weltweit
anerkannte Laufszene mit einer Vielzahl von hochkarätigen Veranstaltungen
ohne heimische Leistungsträger.
Es ist schon ein Novum in der jungen Geschichte der deutschen 10
km-Meisterschaften, denn innerhalb von nur drei Jahren organisierte die
Troisdorfer LG nun schon zum zweiten Male diese Titelkämpfe. Und für
den Troisdorfer Bürgermeister Manfred Uedelhoven kann dies auch in diesem
Rhythmus so weiter gehen. “Troisdorf ist ein sportbegeisterter Flecken.
Ich könnte mir diese Meisterschaften hier alle drei bis vier Jahre
vorstellen. Wir sind dazu bereit!“ Der Deutsche Leichtathletik-Verband
sollte dies als eine frohe Kunde aus dem Nordrhein aufnehmen, zumal die Strecke
bei den Athleten bestens ankommt. Gerade auf den Straßendistanzen und
aber auch im Crosslauf hängt vieles von einer intakten Infrastruktur ab,
ob eine Meisterschaft neben einer attraktiven Strecke bei den Läufern
ankommt. Regelungen nach dem Rotationsprinzip sollten für diese
Disziplinen über Bord geworfen werden, um den Stellenwert derartiger
Titelkämpfe zu steigern. In Troisdorf jedenfalls hat man dies
prächtig verstanden.
Meisterschaftsrekorde durch Eich und Braunschweigs
Frauen
“Die deutsche Bestenliste kann nach den Titelkämpfen in Troisdorf
neu geschrieben werden“, freute sich Thomas Eickmann, der im Verbund mit
TLG-Leichtathletik-Chef Helmut Buß die Organisationsfäden in den
Händen hielt. “Natürlich haben wir auch Dusel mit dem
Wetter!“ Ein Blick in die Ranglisten verdeutlichen dies
eindrücklich. Nicht nur, dass Carsten Eich und Luminita Zaituc, Susanne
Ritter und Birte Bultmann im Teamverbund der LG Braunschweig für neue
Meisterschaftsrekorde sorgten. Denn das sollte freilich kein
(ausschließliches) Kriterium für den Stellenwert einer Meisterschaft
sein. Vielmehr dürften die flotten Endzeiten im Männerbereich eher
den neuen Schwung im Laufbereich vermitteln, der sich in zarten Ansätzen
in Troisdorf offenbarte. Allerdings ist dies auch ein Resultat der
Terminkonstellation, die sich für viele der leistungsorientierten
Läufer zu Beginn der Herbsthöhepunkte als weitgehend ideal
erwies.
Carsten Eich: “Fast wieder der alte.....!“
Bei den Männern drückte Carsten Eich vom Start weg auf das Tempo,
das mit 14:05 unverhältnismäßig flott ausfiel, die Konkurrenz
mit Embaye Hedrit, Titelverteidiger Carsten Schütz und Oliver Dietz,
Martin Beckmann und Alexander Lubina nicht weit zurück. “Das war
natürlich nicht optimal. Eigentlich wollte ich den anderen in der
Spitzengruppe eher etwas weh tun. Aber nach 180 Wochenkilometern wurde aber
auch für mich die zweite Hälfte etwas zäh!“ Mit 28:34
Minuten lief schließlich der Leipziger im Trikot der LG Braunschweig im
Alleingang so schnell wie seit 1998 nicht mehr. “Ich bin fast wieder der
alte....“ kommentierte Carsten Eich sein Resultat, aber auch vor dem
Hintergrund der guten Vorstellungen bei seinem Halbmarathonsieg in Klagenfurt
in 1:03:31 oder dem über 10 km bei der Bewag City-Nacht in Berlin.
“Diese 28:34 kann man stehen lassen, aber alle Planungen sind auf den
Köln-Marathon ausgerichtet. Dort möchte ich nämlich die
Olympianorm für Athen laufen!“ Konsequent hat Eich dieses Ziel im
Verbund mit seinem Coach Axel Krippschock vorbereitet und in zweimal in der
Höhe von St. Moritz fleißig trainiert. “Ich weiß, dass
ich jetzt wieder richtig angreifen kann!“ Beim DLV wird man solche
Töne mit einer gewissen Erwartungshaltung registrieren, denn gerade im
Marathonbereich ist kräftiger Nachholbedarf angesagt.
Marathon ist zwar für den Meisterschaftszweiten Oliver Dietz derzeit
noch kein Thema, doch der Gerbrunner liebäugelt nach einigen guten
Saisonleistungen mittelfristig schon mit der längsten Olympiadistanz.
“Mit 28:54 habe ich heute schon gezeigt, was ich drauf habe“,
freute sich der BWL-Student, der nach einigem Klausurenstress den Augustmonat
zum Aufbau offensichtlich genutzt hat. “Das ist immerhin absolute
Bestzeit!“ Während Oliver Dietz einen schnellen Halbmarathon sucht,
haben sich Martin Beckmann und Sebastian Bürklein längst entschieden,
wo sie ihr Leistungsvermögen unter Beweis stellen möchten: Anfang
Oktober beim Köln-Marathon. Trotz Eich und Dietz reichte es aber für
den Mannschaftssieg nicht. Mit dem kurzfristig eingesprungenen Matthias
Strotmann hatte die LG Braunschweig dreißig Sekunden Rückstand auf
den TV Wattenscheid mit Carsten Schütz, Alexander Lubina und Sebastian
Bürklein.
Luminita Zaituc: “Keinen Druck!“
Dagegen gab es bei den Frauen ein Titelfestival für die Braunschweiger.
Luminita Zaituc meldete sich nach längerer Wettkampfpause in guter Form
zurück und kam nach Belieben zum klaren Sieg in 33:23 Minuten vor Kathrin
Weßel und ihrer Teamkollegin Susanne Ritter. Mit der Siebten Birte
Bultmann liefen die Braunschweigerinnen mit 1:41:44 zum überlegenen
Mannschaftserfolg vor der LG Domspitzmilch Regensburg. “Ich wollte den
Titel erfolgreich verteidigen“, erläuterte Luminita Zaituc ihre
erfolgreiche Renntaktik, “man kann nicht jede Woche an die Grenzen
gehen!“ Auch wenn sie vor Wochenfrist beim Düsseldorfer Kö-Lauf
mit 32:14 um über eine Minute schneller war, zeigte sie sich mit ihrem
Auftritt zufrieden. Ich trainiere praktisch erst wieder seit Juli und
dafür ist der Leistungsstand ordentlich. Wo ich tatsächlich stehe,
das werde ich bei der Halbmarathon-WM Anfang Oktober in Vilamoura wissen“
erläuterte sie ihre nächsten Vorstellungen.
Während Luminita Zaituc keine unmittelbaren Marathonpläne
(“Ich möchte jetzt noch keinen Druck haben, eine Entscheidung
möchte ich nach der WM treffen!“) hegt, ist die Zweite Kathrin
Weßel nach eigener Einschätzung für den 30. real,-
BERLIN-MARATHON gut gerüstet. “Das Ergebnis zeigt, dass ich nicht
schlecht drauf bin. Natürlich hoffe ich auf ein besseres Rennen als im
Vorjahr, auch wenn ich dabei deutsche Meisterin geworden war!“ Ganz in
Richtung Cross ist hingegen Susanne Ritter orientiert, die nach einer
völlig verkorksten Saison mit dem Troisdorfer Auftritt (“Ein
Unterschied wie Tat und Nacht“) wieder hoffnungsvoll in die nächste
Zukunft blicken kann. Hinter den Medaillenrängen gab es Hausrekorde am
Fließband für Carmen Siewert, Manuela Zipse und Michaela Schedler,
die damit wie auch der wegen Verletzung einige Zeit pausierende Terefe Desaleng
zum Juniorentitel laufen könnte.
Wilfried Raatz
Ergebnisse: Deutschen 10 km-Straßenlauf-Meisterschaften in Troisdorf
(14.9.):
Männer: 1. Carsten Eich (LG Braunschweig) 28:34, 2. Oliver Dietz (LG
Brunschweig) 28:54, 3. Embaye Hedrit (LAC Quelle Fürth/ München/
Würzburg) 29:10, 4. Carsten Schütz (TV Wattenscheid) 29:17, 5. Martin
Beckmann (LG Leinfelden-Echterdingen) 29:21, 6. Alexander Lubina (TV
Wattenscheid) 29:39, 7. Sebastian Bürklein (TV Wattenscheid) 29:41, 8.
Dominik Burkhardt (Eintracht Frankfurt) 29:50, 9. Terefe Desaleng (Eintracht
Frankfurt) 29:54, 10. Christian Güssow (TV Wattenscheid) 29:55 –
Mannschaften: 1. TV Wattenscheid 1:28:17, 2. LG Braunschweig 1:29:03, 3. TV
Wattenscheid II 1:31:26. Frauen: 1. Luminita Zaituc (LG Braunschweig) 33:23, 2.
Kathrin Weßel (SCC Berlin) 33:48, 3. Susanne Ritter (LG Braunschweig)
33:57, 4. Carmen Siewert (LG Vorpommern) 34:04, 5. Manuela Zipse (LC Rothaus
Breisgau) 34:09, 6. Michaela Schedler (LTF Marpingen) 34:13, 7. Birte Bultmann
(LG Braunschweig) 34:24, 8. Ines Cronjäger (LG Hannover) 34:39, 9. Ellen
Schöner (LG Domspitzmilch Regensburg) 35:03, 10. Nicole Güldemeister
(SC Potsdam) 35:04 – Mannschaften: 1. LG Braunschweig 1:41:14, 2. LG
Domspitzmilch Regensburg 1:48:05, 3. SCC Berlin 1:49:09.
Alle Ergebnisse unter: www.troisdorfer-lg.de