Wichtiger als Bestmarken präsentieren zu können, ist für das
Organisationsteam um den neuen Meeting-Direktor Christian Schenk in diesem Jahr
allerdings etwas anderes gewesen. Es ging darum, mit einem überzeugenden
Golden-League-Finale sicher zu stellen, dass das wichtigste deutsche
Leichtathletik-Meeting auch im nächsten Jahr zur dann auf sechs Sportfeste
verkleinerten Golden-League-Serie gehört. Das ist den
Istaf-Verantwortlichen offenbar gelungen. Wie Quellen aus dem
Leichtathletik-Weltverband (IAAF) bestätigten, kann Berlin so gut wie
sicher sein, den Status auch in den nächsten Jahren zu behalten. Damit
wäre die Zukunft des ISTAF gesichert. Am 14. September, im Rahmen des
Grand-Prix-Finales in Paris, wird die IAAF die Entscheidung bekannt geben,
welche der acht Bewerberstädte im nächsten Jahr zur Golden League
gehören.
Um Gold ging es gestern für ein Quartett von Athleten. Alle vier
– der 1500-m-Läufer Hicham El Guerrouj (Marokko/3:30,00 Minuten),
der 400-m-Hürdenläufer Felix Sanchez (Dominikanische Republik/ 48,05
Sekunden), die 100-m-Sprinterin Marion Jones (USA/11,01 Sekunden) und die
400-m-Läuferin Ana Guevara (Mexiko/49,91 Sekunden) – gewannen auch
in Berlin ihre Disziplin. Sie teilen sich nun nach sieben Siegen in der
„goldenen Liga“ den mit 50 Kilogramm Gold dotierten Jackpot.
„Ich wäre läuferisch stark genug gewesen, um meinen Weltrekord
zu brechen, aber psychisch war ich nicht mehr frisch genug“,
erklärte Hicham El Guerrouj, dessen 1500-m-Rekord bei 3:26,00 Minuten
steht. Doch der Marokkaner stellte eine andere Art von Rekord auf: Er ist der
erste Athlet, der bereits zum vierten Mal die Golden League gewann. Marion
Jones schaffte dies gestern zum dritten Mal.
Für Dieter Baumann (Tübingen) lief es nicht wie erhofft.
Aussichtsreich ging der 10000-m-Vize-Europameister als Zweiter in die letzte
Runde über 5000 m, doch dann schien er eingeklemmt, und am Ende fehlte der
überzeugende Spurt. So blieb nur Rang elf in 13:13,39 Minuten,
während Luke Kipkosgei (Kenia/13:10,41) gewann. Eigentlich wäre es
vom Verlauf her Baumanns Rennen gewesen. Doch es gab zwei andere deutsche
Sieger im Jahn-Stadion: Boris Henry (Saarbrücken) gewann wie schon bei den
Golden-League-Meetings von Oslo und Brüssel das Speerwerfen mit 85,82 m.
Heike Drechsler (Karlsruhe) gewann den Weitsprung mit 6,45 m. Dass das
Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion nicht unbedingt der geeignete Ort ist, um
schnelle Sprintzeiten zu erzielen, war vorher klar. Gegenwind, oft ein
negativer Faktor in der Arena, herrschte gestern zwar nicht, doch die Bahn
scheint einfach zu weich zu sein für Topzeiten. Da Maurice Greene (USA) in
dieser Saison ohnehin seiner Form hinterläuft, blieben die Uhren für
ihn gestern erst nach 10,20 Sekunden stehen. So langsam war der Olympiasieger
und Weltrekordler schon lange nicht mehr, und die Zeit reichte beim Istaf auch
nur zu Rang sechs. Zugleich war es auch die sechste Niederlage für Maurice
Greene in diesem Jahr. „Ich habe nach der WM sieben Monate pausiert,
daher kann ich in dieser Saison nicht so gut sein – nächstes Jahr
wird ein ganz anderer Maurice Greene zurückkommen“, sagte der
28-Jährige. Geschlagen wurde er gestern einmal mehr vom Europameister:
Dwain Chambers lief 10,02. Der Engländer hatte Greene in dieser Saison
bereits zum Auftakt der Golden League in Oslo sowie in Sheffield, London und
nun in Berlin geschlagen.
Einen kleinen Rekord gab es dann doch noch: eine uralte Istaf-Bestmarke fiel
im 1500-m-Rennen der Frauen. Vor 14 Jahren war die Rumänin Paula Ivan
4:00,24 Minuten gelaufen. Nun war es die Europameisterin Süreyya Ayhan,
die für die erste Istaf-Zeit unter vier Minuten sorgte. Die Türkin
gewann überlegen in 3:58,43 Minuten.
Zu langsam waren die Tempomacher, als dass Berhane Adere (Äthiopien)
über 5000 m den Weltrekord hätte angreifen können. Sie gewann am
Ende in 14:41,43 Minuten. Während Wilfred Bungei (Kenia) den 800-m-Lauf in
1:44,62 gewann, wurde Olympiasieger Nils Schumann (Großengottern) hier
Fünfter in 1:45,41.