Die Geschichte des
alten Bislett-Stadions von Oslo ging ohne einen Weltrekord zu Ende. Es war
allerdings knapp. Denn beim Auftakt der IAAF Golden League rannte Berhane Adere
über 5000 m die zweitschnellste Zeit aller Zeiten und verpasste die
Bestmarke der Chinesin Jiang Bo (14:28,09 Minuten) um weniger als 1,5 Sekunden.
Die Äthiopierin lief 14:29,32 Minuten und stellte damit einen Afrikarekord
auf und die zweitschnellste Zeit von Olga Jegorowa (Russland) auf die
Hundertstelsekunde genau ein. Es war der Höhepunkt der Schlussvorstellung
im Bislett-Stadion, denn die Arena wird abrissen. In zwei Jahren soll die IAAF
Golden League wieder nach Oslo zurückkehren und im neuen Bislett-Stadion
stattfinden.
Wenn Berhane Adere gut 50 Meter früher zum Endspurt angesetzt
hätte, dann wäre der Weltrekord wahrscheinlich gefallen. Doch die
29-Jährige hatte eine Konkurrentin im Nacken: Ihre Landsfrau Worknesh
Kidane, die erst 21-Jährige Cross-Weltmeisterin, rannte während des
gesamten Rennens direkt hinter ihr. Vielleicht hat Adere sich deshalb mehr auf
das Siegen konzentriert. Als sie dann 200 Meter vor Schluss zum Spurt ansetzte,
war Kidane sofort geschlagen – doch der Weltrekord war außer
Reichweite.
Nach ihrem Sieg erklärte Berhane Adere: “Das war kein hartes
Rennen für mich – allerdings ist das Training sehr hart, um diese
Leistungen erreichen zu können.“ Die Tempomacherin Olga Komjagina
(Russland) hatte bis 2200 Meter die Führungsarbeit geleistet, danach schon
war Berhane Adere auf sich alleine gestellt – mit der Konkurrenz im
Nacken. “Wenn ich eine Tempomacherin bis 3000 Meter gehabt hätte,
dann wäre ich wohl Weltrekord gelaufen.“ Doch der nächste
Termin für den Rekordversuch steht schon so gut wie fest: in London am 8.
August will sie es wieder versuchen. “Ich bin aber nicht entäuscht
– ich bin froh über die gute Zeit“, sagte Berhane Adere, die
in Detmold bei Volker Wagner trainiert. Einen Weltrekord gab es übrigens
trotzdem noch, denn die drittplatzierte Tirunesh Diababa (Äthiopien)
stellte mit 14:39,94 Minuten eine Junioren-Bestzeit auf.
Hochspannung herrschte im 5000-m-Rennen der Männer, wo Äthiopiens
neuer Star Kenenisa Bekele sich am Ende hauchdünn gegen die Kenianer
behauptete. Die ersten fünf Läufer lagen weniger als eine dreiviertel
Sekunde auseinander. Und fast sah es so aus als ob der schnellste der Kenianer,
Sammy Kipketer, Bekele noch abfangen könnte. Doch der Äthiopier, der
in Hengelo vor einem Monat bereits Haile Gebrselassie über 10.000 m
bezwungen hatte und als dessen Nachfolger angesehen wird, rettete sich gerade
noch ins Ziel in 12:52,26 Minuten. Sieben Hundertstelsekunden später
überquerte Kipketer die Ziellinie. Und auch bei den Männern gab es
einen Junioren-Weltrekord: Eliud Kipchoge lief als Dritter 12:52,61
Minuten.
Unterschiedlich gingen die beiden 800-m-Rennen aus. Eine Überraschung
gab es bei den Männer, denn während der bisherigen Saison hatte
Wilfred Bungei den stärksten Eindruck hinterlassen. Doch am Ende wurde der
Kenianer nur Zweiter und fiel damit von vornherein aus dem Rennen um den
Golden-League-Jackpot. Bungei lief 1:44,15 Minuten, der Südafrikaner
Mbulaeni Mulaudzi aber 1:44,11. “Das ist ein großer Sieg für
mich. Ich habe mich nur auf mein Rennen konzentriert und wusste, dass ich auf
den letzten 100 Metern stark sein würde“, sagte Mulaudzi.
Business aas usual gab es bei den Frauen, denn Maria Mutola (Mozambique) war
wiederum zur rechten Zeit fit und gewann in 2:00,62 mit drei Zehntelsekunden
Vorsprung vor Stephanie Graf (Österreich). “Dies war mein erstes
Rennen in Europa in dieser Saison, und ich bin sehr zufrieden, gleich beim
Golden-League-Meeting gewinnen zu können. Ich freue mich auf die Saison,
obwohl es schwer wird mit der Golden League und der WM“, sagte Maria
Mutola. Die fünfte Laufentscheidung von Oslo ging an eine Ukrainerin:
Irina Lisinskaja gewann die 1500 m in 4:04,62 Minuten.