Es war die Nacht der Läufer beim Golden-League-Meeting in Brüssel.
Fünf Jahresweltbestzeiten wurden bei dem Leichtathletik-Meeting, das den
Abschluss der diesjährigen Golden-League-Serie bildete, erzielt. Zum
späten Saisonzeitpunkt Anfang September waren es alles Mittel- und
Langstreckenläufer, die diese Weltklasseergebnisse erreichten.
Brüssel hat dabei beim mit rund 50.000 Zuschauern ausverkauften Meeting
einmal mehr ein Beispiel dafür gegeben, wie man Leichtathletik heute
präsentieren muss, um Erfolg zu haben. Attraktive Disziplinen mit
hochklassiger Besetzung, dazu ein paar belgische Erfolgserlebnisse, eine
überzeugende Präsentation der Wettbewerbe und ein exzellente
Laufwettbewerbe.
Bei der Siegerehrung stand Maria Mutola in einem minutenlangen Silberregen.
Die 30-jährige 800-m-Läuferin aus Mosambik hatte beim letzten der
sechs Golden-League-Meetings zum sechsten Mal gewonnen und damit ein Novum
geschafft: Zum ersten Mal knackte eine Athletin alleine den kompletten Jackpot
der Golden League in Höhe von einer Million Dollar. Symbolisch bekam Maria
Mutola in Brüssel einen Scheck überreicht. Doch auf das Geld muss die
Olympiasiegerin noch eine Woche warten. Denn obligatorisch ist für die
Gewinnerin des Jackpots noch der Start beim World Athletics Final am
nächsten Wochenende in Monte Carlo.
Dort braucht Maria Mutola allerdings nicht mehr zu gewinnen. Insofern hat
sie sich schon ein paar Gedanken gemacht, was sie mit der Dollar-Million
anfangen wird. “Ein Teil des Geldes wird in die ,Maria-Mutola-Stiftung
fließen“, kündigte sie an. Die Stiftung fördert in ihrer
Heimat Kinder und Jugendliche. Sie erhalten eine schulische Ausbildung und
werden an die Leichtathletik herangeführt. “Einem 15-jährigen
Mädchen“, erzählt Maria Mutola, “konnten wir zum Beispiel
ermöglichen, in Eugene auf das Gymnasium zu gehen und dort zu
trainieren.“ Es ist ein ähnlicher Weg wie ihn einst Maria Mutola
selbst gegangen ist. Lange Zeit lebte die Läuferin in Eugene, bevor sie
nach Südafrika zog.
Doch das Golden-League-Meeting in Brüssel erlebte nicht nur aufgrund
des Sieges von Maria Mutola eine Nacht der Läufer. Fünf
Jahresweltbestzeiten wurden trotz des späten Saisonzeitpunktes Anfang
September von Mittel- und Langstreckenläufern erzielt. Vor rund 50.000
Zuschauern sorgte dabei einer für den Höhepunkt des Abends, der in
dieser Saison einem großen Sieg hinterhergelaufen war: Haile
Gebrselassie.
Vor zehn Jahren gewann der inzwischen 30-jährige Äthiopier seinen
ersten WM-Titel über 10.000 m in Stuttgart. Vor zwei Wochen wurde er im
Pariser WM-Finale geschlagen von seinem Landsmann Kenenisa Bekele. Doch in
Brüssel meldete sich Haile Gebrselassie großartig zurück. Er
gewann die 10.000 Meter in der drittschnellsten Zeit aller Zeiten mit 26:29,22
Minuten. Nur er selbst bei seinem Weltrekord (26:22,75 Minuten/1998) und der
Kenianer Paul Tergat (Kenia/26:27,85) waren jemals schneller. “Ich bin
nicht überrascht über meine Zeit, ich wollte Weltrekord laufen. Aber
ein paar Runden vor Schluss bekam ich ein merkwürdiges Gefühl in der
Wade“, sagte Gebrselassie. Sein schärfster Rivale, Bekele, war
allerdings nicht in dem Brüsseler Rennen sondern feierte in Addis Abeba
seinen WM-Sieg. Dennoch ist Gebrselassie optimistisch, Bekele im nächsten
Jahr schlagen zu können. “Ich werde wieder mehr für meinen
Endspurt trainieren.“ Seine Marathonpläne hat er nun erst einmal
verschoben. “Bei Olympia in Athen laufe ich die 10.000 Meter und auch
vorher keinen Marathon“, sagte Gebrselassie, hinter dem der unbekannte
Kenianer Nicolas Kemboi zur viertschnellsten je gelaufenen Zeit rannte.
“Ich kannte ihn nicht. Aber in Kenia haben sie so eine Art Fabrik. Sie
produzieren ständig neue Weltklasseathleten“, sagte Haile
Gebrselassie.