Das IAAF Golden League-Meeting in Brüssel, die sechste und letzte Station
der Serie, wurde zu einem rauschenden Fest der Laufwettbewerbe. Kein anderes
Meeting weltweit bot eine derartige Klasse bei den Mittel- und Langstrecken in
dieser Saison. Und Brüssel zeigt auch beispielhaft, wie man Leichtathletik
präsentiert und das Stadion füllt. 47.000 Zuschauer erlebten das
Memorial van Damme und sorgten in einer ausverkauften Arena für
erstklassige Stimmung. Fünf Jahresweltbestzeiten in acht Laufwettbewerben
sagen alles über die Klasse dieses Meetings.
Eine, die umjubelt wurde, war Maria Mutola. Der 800-m-Läuferin aus
Mosambik gelang der sechste Sieg im sechsten IAAF-Golden-League-Meeting. Und
damit schaffte sie ein Novum, denn zum ersten Mal knackte eine Athletin alleine
den kompletten Jackpot der Golden League. Maria Mutola verdiente mit ihrem Sieg
in 1:57,78 Minuten eine Million Dollar plus das Sieggeld des Abends: 15.000
Dollar. Mutola muss aber, um die Prämie zu bekommen, nun am nächsten
Wochenende in Monte Carlo beim World Athletics Final antreten. Dort braucht sie
aber die 800 Meter nicht zu gewinnen.
Hochklassig war das 3000-m-Hindernisrennen. Der Weltmeister Saif Saaeed
Shaheen setzte sich dabei in der Jahresweltbestzeit von 8:00,06 Minuten durch.
Seit gut drei Wochen startet Shaheen für Katar, zuvor lief er für
sein Heimatland Kenia. Lange Zeit bot ihm der zweitplatzierte Paul Koech
Paroli. Doch im Endspurt hatte der Kenianer keine Chance, obwohl das Ergebnis
knapp aussah. Koech lief 8:00,42 Minuten. “Ich bin sehr froh über
diese persönliche Bestzeit. Ich hatte nicht den Eindruck während des
Rennens, dass ich Shaheen hätte schlagen können. Für mich ging
es um die Zeit, nicht um den Sieg. Ich war mir eigentlich sicher, dass wir
unter acht Minuten laufen würden – daher bin ich auch ein kleines
bisschen enttäuscht“, sagte Paul Koech.
Eine weitere Jahresweltbestleistung rannte Wilfred Bungei. Der Kenianer, der
die WM-Qualifikation krankheitsbedingt verpasst hatte, steigerte seine eigene
Saisonbestzeit auf 1:42,52 Minuten. In dem hochklassigen Rennen blieben die
ersten sechs Läufer unter 1:44 Minuten. Mbulaeni Mulaudzi wurde Zweiten in
1:42,89 Minuten, Hezekiel Sepeng (beide Südafrika) Dritter in 1:43,12.
“Ich habe alles gegeben, um eine persönliche Bestzeit zu erreichen.
Ich bin müde, aber sehr zufrieden, dass ich es geschafft habe“,
erklärte Mulaudzi später. Und der viertplatzierte Weltrekordler
Wilson Kipketer (Dänemark) meinte: “Wow, was für ein Rennen mit
Superzeiten. Ich bin sehr zufrieden, denn ich war gestern leicht krank.“
Kipketer lief 1:43,28 Minuten. “Es war eine große Enttäuschung
für mich, die WM am Fernseher zu erleben. Deswegen war dieses Rennen heute
sehr wichtig für mich, und ich bin sehr froh“, sagte Wilfred
Bungei.
Mit einem türkischen 1500-m-Rekord meldete sich Süreyya Ayhan
zurück, nachdem sie am vergangenen Sonntag bei der WM als große
Favoritin überraschend mit Silber zufrieden sein musste. In Brüssel
aber war Ayhan, die bei der WM gesundheitliche Probleme hatte, nicht zu
schlagen. Mit 3:55,33 Minuten lief sie auch eine Jahresweltbestleistung.
Die nächste Weltjahresbestleistung fiel im 1500-m-Rennen. Kurzfristig
hatte sich Hicham El Guerrouj gegen einen 3000-m-Start und für die 1500 m
entschieden. Der Weltmeister und Weltrekordler gewann in erstklassigen 3:28,40
Minuten vor dem Franzosen Mehdi Baala, der seinen nationalen Rekord auf 3:28,98
Minuten drückte.
Das 5000-m-Rennen der Frauen gewann die Äthiopierin Derartu Tulu in
flotten 14:44,22 Minuten vor der Kenianerin Isabella Ochichi (14:47,70).
“In Paris war ich krnak, daher gab ich im 10.000-m-Finale auf. Danach bin
ich nach Hause geflogen, um mich auf dieses Rennen vorzubereiten. Ich wusste,
dass ich schnell laufen kann und bin froh über diese persönliche
Bestleistung“, erklärte Derartu Tulu. Im 3000-m-Rennen der
Männer rannte Ali Saidi-Sief (Algerien) 7:30,79 Minuten und gewann knapp
vor Eliud Kipchoge (Kenia/7:30,91 Minuten).
Den Schlusspunkt der Läufernacht von Brüssel setzte Haile
Gebrselassie. Der Äthiopier rannte das drittschnellste 10.000-m-Ergebnis
aller Zeiten. Zwar verfehlte er in 26:29,22 Minuten das Ziel, seinen eigenen
Weltrekord (26:22,75 Minuten) zu unterbieten, doch er erreichte eine
großartige Jahresbestzeit. Und zudem zog er den 19-jährigen Kenianer
Nicholas Kemboi auf Platz vier der Bestenliste aller Zeiten (26:30,03).
Gebrselassie musste hart kämpfen, um den Angriff des Kenianers am Ende
abzuwehren. “Ich habe versucht, meinen Weltrekord zu brechen, aber in den
letzten fünf oder sechs Runden habe ich mich nicht so gut gefühlt,
weil sich mein Wadenmuskel merkwürdig anfühlte“, erklärte
Haile Gebrselassie. Dritter in diesem Ausnahmerennen wurde Abdullah Ahmad
Hassan, der seit kurzem für Katar startet und 26:38,76 Minuten lief. Auch
er ist eigentlich ein Kenianer. Bis vor kurzem hieß Hassan noch Albert
Chepkirui.