Regenschlacht in Brüssel – Kenia gewinnt beide Teamtitel –
Tegla Loroupe auf Platz 43
Zwei Bahnspezialisten sorgten bei den total verregneten 11.
Halbmarathon-Weltmeisterschaften in Belgiens Hauptstadt Brüssel für
Furore: Trotz Kollision mit einem Zuschauer auf der Zielgeraden gewann die 10
000 m-WM-Zweite Berhane Adere den langen Sprint gegen Susan Chepkemei und
krönte ihre bislang äußerst sparsamen Straßenauftritte
ebenso wie zwei Stunden später Paul Kosgei, der sich in einem nicht minder
spannenden Finale gegen den überraschend stark auftrumpfenden Marokkaner
Jaouad Gharib durchsetzen wusste. In Abwesenheit vieler namhaften Marathonasse,
die allesamt die Frühjahrs-Klassiker in London, Rotterdam oder Boston oder
andernorts bestritten, mussten zwangsläufig andere wie eben Berhane Adere
oder Paul Kosgei in den Mittelpunkt rücken. Noch in Brüssel zeigte
sich der Leichtathletik-Weltverband mit IAAF-Präsident Lamine Diack an der
Spitze einsichtig ob der Interessenskonflikte und terminierte das
Halbmarathon-Weltchampionat künftig wieder auf Anfang Oktober.
Abonnement auf Silber Eigentlich durfte Susan Chepkemei nach zwei
Niederlagen gegen Paula Radcliffe in der belgischen Hauptstadt, übrigens
bereits schon 1993 einmal Schauplatz der Halbmarathon-WM, mit berechtigen
Siegeshoffnungen ins Rennen gehen, doch einmal mehr reichte es für die
27jährige Kenianerin nur zu Silber. Aus einer geschlossenen Spitze mit
zwanzig Läuferinnen hatten sich zwischenzeitlich Pamela Chepchumba und
Ludmilla Petrowa leicht absetzen können, dahinter lauerten mit Susan
Chepkemei und Berhane Adere die beiden im Vorjahr in Bristol Paula Radcliffe
unterlegenen Medaillengewinnerinnen zusammen mit weiteren Afrikanierinnen und
der japanischen Weltranglistenersten Mizuki Noguchi mit Olivera Jevtic, Mihaela
Botezan, Jelena Prokopchuka, Irina Safarowa, Sonia O’Sullivan und Marleen
Renders auch europäische Läuferinnen mit Medaillenhoffnungen. Nach
dem Zusammenschluss forcierten dann Adere und Chepkemei zum erfolgreichen
Finale, in dem gleich dreizehn Läuferinnen unter siebzig Minuten
blieben.
Renders kollidiert mit Motorrad und wird noch Achte „Das war ein
gefährlicher Moment. Ich dachte, jetzt musst du stürzen“,
gestand Berhane Adere bei der Schilderung der Schrecksekunde auf der
Zielgeraden. Während der Mann wenig später von Ordnern abgeführt
wurde, reagierte die Äthiopierin überraschend schnell mit einer
Sprintattacke. Das war freilich nicht der einzige Zwischenfall auf regennasser
Straße, denn nach zwei Kilometern kollidierte die belgische
Paris-Marathon-Siegerin Marleen Renders mit einem Kamera-Motorrad, zog sich
eine schmerzende Kopfverletzung an einem Absperrgitter zu – und
kämpfte sich dennoch als Achte unter die top ten. Zudem platzten auch bei
zwei anderen Weltklasseläuferinnen die Medaillenträume: Mit
erheblichen Rückenproblemen musste die dreifache
Halbmarathon-Weltmeisterin Tegla Loroupe sogar nach 5 km abstoppen, lief jedoch
weiter – und wurde undiskutable 43. mit mehr als fünf Minuten
Rückstand auf Berhane Adere. Auch Sonia O’Sullivan, die dreifache
Weltmeisterin über 5000 m und im Crosslauf, hat sich die Rückkehr
nach der Geburt ihres zweiten Kindes leichter vorgestellt, sonst hätte sie
nicht im Vorfeld ungeniert von einem Medaillengewinn in Brüssel
gesprochen.
Überraschend ging dennoch die Bronzemedaille an eine Europäerin:
Die Lettin Jelena Prokopchuka, deren Stern bei der European 10 000 m-Challenge
in Lissabon 2000 aufging, schlug in einem nicht minder begeisternden Finish die
vor vier Wochen im italienischen Camaiore die 10 000 m-Challenge gewinnende
Rumänin Mihaela Botezan, Pamela Chepchumba und Olivera Jevitic und holte
erstmals bei internationalen Meisterschaften eine Medaille für den jungen
baltischen Staat.
Halbmarathon-Titel als Ersatz für Nicht-Nominierung für Cross-WM
Dramatik pur auch bei den Männern auf der Zielgeraden auf dem Großen
Markt vor dem Regierungspalast, als der junge Kenianer Paul Kosgei den stark
attackierenden Marokkaner Jaouad Gharib, der bislang lediglich als
Vorjahresneunter in Bristol und als 10 000 m-Sieger der Mediteranen Spiele in
Tunis international aufgefallen war, in Schach halten konnte. „Ich war
unentschlossen, wann ich antreten musste“, gestand der eigentliche
Hindernis- und Cross-Spezialist, dem nach der Nicht-Nominierung für die
Cross-WM in Dublin kurioserweise als Trostplfaster ein Start in Brüssel
offeriert wurde. „Drei Kilometer vor dem Ziel sah ich, dass John Yuda
schwach wurde und ich war mir sicher, dass ich den Marokkaner im Spurt schlagen
würde!“ Mit der exzellenten Siegerzeit von 1:00:39 wusste sich der
Schützling des italienischen Coaches Casanova auf der profilierten Strecke
durch die belgische Hauptstadt auch auf Anhieb einen Spitzenplatz unter den
Straßen-Szepialisten zu sichern. Auch ohne den nach 15 km aus dem Rennen
gehenden Weltranglistenersten Robert Cheruiyot kam Kenia wie auch bei den
Frauen bei den Männern zum Teamerfolg, wenngleich auch 10 000
m-Weltmeister Charles Kamathi nur als Neunter finishte. Überraschend lief
der junge Eriträer Yonas Kifle als Vierter inmitten der Weltelite ein,
während als bester Europäer der Stramilano-Sieger Rachid Berradi
Siebter wurde.
Wilfried Raatz
Brüssel (5.5.): 11. IAAF-Halbmarathon-Weltmeisterschaften: Männer:
1. Paul Kosgei (KEN) 1:00:39, 2. Jaouad Gharib (MAR) 1:00:42, 3. John Yuda
(TAN) 1:00:57, 4. Yonas Kifle (ERI) 1:01:05, 5. Tesfaye Jifar (ETH) 1:01:11, 6.
Shadrack Hoff (RSA) 1:01:23, 7. Rachid Berradi (ITA) 1:01:32, 8. Atsushi Sato
(JPN) 1:01:37, 9. Charles Kamathi (KEN) 1:02:01, 10. Paul Kirui (KEN) 1:02:02,
11. Rey (ESP) 1:02:10, 12. Cortés (ESP) 1:02:13, 13. Tolossa (ETH)
1:02:19, 14. Mazza (ITA) 1:02:21, 15. Ramaala (RSA) 1:02:27, 16. Chaica (ROR)
1:02:29, 17. Kato (JPN) 1:02:35, 18. Togom (KEN) 1:02:59, 19. Umeki (JPN)
1:03:00, 20. Yiga (UGA) 1:03:04, 21. Tadesse (ERI) 1:03:05, 22. Nishikawa (JPN)
1:03:06, 23. Mourhit (BEL) 1:03:08, 24. Serbouti (FRA) 1:03:08, 25. Gomes (FRA)
1:03:09, 26. Morris (USA) 1:03:26, 27. Ndayisenga (BDI) 1:03:27, 28. Fays (FRA)
1:03:29, 29. Holmen (FIN) 1:03:33, 30. Gahungu (BDI) 1:03:35, 31. Thugwane
(RSA) 1:03:39, 32. Larson (USA) 1:03:42, 33. Cheboto (UGA) 1:03:44, 34. Juzdado
(ESP) 1:03:47, 35. Shenweta (SWE) 1:03:49, 36. Jurcevich (USA) 1:03:51, 37. El
Ahmadi (FRA) 1:03:52, 38. Bikila (ETH) 1:03:55, 39. Sell (USA) 1:03:57, 40.
Cuahutle (MEX) 1:03:59, 41. Caimmi (ITA) 1:04:00, 42. Bashingili (BOT) 1:04:18,
43. Collignon (BEL) 1:04:19, 44. Nemeth (BEL) 1:04:22, 45. Kebede (ETH)
1:04:23, 46. Pena (ESP) 1:04:24, 47. Hannot (FRA) 1:04:24, 48. Chibwe (ZAM)
1:04:28, 49. Gielen (NED) 1:04:33, 50. V. Dos Santos (BRA) 1:04:34, 51.
Faschingbauer (CZE) 1:04:39, 52. Zhan (CHN) 1:04:46, 53. Dihoro (BOT) 1:04:53,
54. Ntshiliza (RSA) 1:04:59, 55. Noguchi (JPN) 1:05:06, 56. Jaber (QAT)
1:05:07, 57. Zvadya (ISR) 1:05:08, 58. Bergmann (SWE) 1:05:08, 59. Campbell
(USA) 1:05:24, 60. Mallqui (PER) 1:05:26 (118 Läufer im Ziel).
Mannschaften: 1. Kenia (Kosgei, Kamathi, Kirui) 3:04:42, 2. Japan (Sato,
Kato, Umeki) 3:07:12, 3. Äthiopien (Jifar, Tolossa, Bikila) 3:07:25, 4.
Südafrika (Hoff, Ramaala, Thugwane) 3:07:29, 5. Italien (Berradi, Mazza,
Caimmi) 3:07:53, 6. Spanien (Rey, Cortés, Juzdado) 3:08:10, 7.
Frankreich (Serbouti, Gomes, El Ahmadi) 3:10:09, 8. Eritrea (Kifle, Tadesse,
Berhe) 3:10:26, 9. Belgien (Mourhit, Fays, Collignon) 3:10:56, 10. USA (Morris,
Larson, Jurcevich) 3:10:59, 11. Burundi 3:12:33, 12. Uganda 3:14:30, 13.
Weissrussland 3:16:51, 14. Peru 3:17:06, 15. China 3:17:51, 16. Qatar 3:18:22,
17. Türkei 3:21:20, 18. Mexiko 3:21:24, 19. Botswana 3:24:42, 20. Kroatien
3:26:31 (21 Mannschaften gewertet).
Frauen: 1. Berhane Adere (ETH) 1:09:06, 2. Susan Chepkemei (KEN) 1:09:13, 3.
Jelena Prokopcuka (LAT) 1:09:15, 4. Mihaela Botezan (ROM) 1:09:24, 5. Pamela
Chepchumba (KEN) 1:09:30, 6. Olivera Jevtic (YUG) 1:09:33, 7. Lenah Cheruiyot
(KEN) 1:09:39, 8. Marleen Renders (BEL) 1:09:40, 9. Mizuki Noguchi (JPN)
1:09:43, 10. Asmae Leghzaoui (MAR) 1:09:46, 11. McCann (AUS) 1:09:47, 12.
Sacharowa (RUS) 1:09:48, 13. Petrowa (RUS) 1:09:55, 14. O’Sullivan (IRL)
1:10:04, 15. Talpos (ROM) 1:10:08, 16. Safarowa (RUS) 1:10:22, 17. Gigi (ETH)
1:10:42, 18. Aman (ETH) 1:11:10, 19. Takanaka (JPN) 1:11:16, 20. Chenonge (KEN)
1:11:25, 21. Ogawa (JPN) 1:11:27, 22. Tomescu (ROM) 1:11:34, 23. Skvortsova
(RUS) 1:11:39, 24. Gemechu (ETH) 1:11:43, 25. Gherasim (ROM) 1:11:48, 26.
Haugen (NOR) 1:11:56, 27. Ozaki (JPN) 1:11:57, 28. Pomacu (ROM) 1:12:19, 29.
Wei (CHN) 1:12:23, 30. Guida (ITA) 1:12:26, 31. Klimina (RUS) 1:12:33, 32.
Marconi (ITA) 1:12:41, 33. Dällenbach (FRA) 1:12:50, 34. Zhang (CHN)
1:13:04, 35. Kaminkova (CZE) 1:13:08, 36. Sommagio (ITA) 1:13:31, 37. Abel
(ESP) 1:13:58, 38. Tola (ETH) 1:13:58, 39. Abramski (ISR) 1:13:59, 40.
Söderström-Lundberg (SWE) 1:14:01, 41. Heeren (NED) 1:14:11, 42.
Aboulahcen (BEL) 1:14:13, 43. Loroupe (KEN) 1:14:23, 44. Jin Li (CHN) 1:14:36,
45. Capelli (ITA) 1:14:38, 46. Moroianu (FRA) 1:14:49, 47. Wright-Allen (GBR)
1:14:53, 48. Rademeyer (RSA) 1:15:19, 49. Taustyhina (BLR) 1:15:27, 50. Van den
Haesevelde (BEL) 1:15:31 (68 Läuferinnen im Ziel).
Mannschaften: 1. Kenia (Chepkemei, Chepchumba, Cheruiyot) 3:28:22, 2.
Russland (Sacharowa, Petrowa, Safarowa) 3:30:05, 3. Äthiopien (Adere,
Gigi, Aman) 3:30:58, 4. Rumänien (Botezan, Talpos, Tomescu) 3:31:06, 5.
Japan (Noguchi, Takanaka, Ogawa) 3:32:26, 6. Italien (Guida, Marconi, Sommagio)
3:38:38, 7. Belgien (Renders, Aboulahcen, van den Haesevelde) 3:39:24, 8. China
(Wei, Zhang, Jin) 3:40:03, 9. Frankreich (Dällenbach, Moroianu, Desprez)
3:46:49, 10. USA (Gutierrez, Demko, Pawelek) 3:50:49 (12 Mannschaften
gewertet).