Marco Gaiardo ließ bei den Berglauf-Europameisterschaften am Monte
Bondone bei Trento mit einem überlegenen Sieg die Gastgeber letztlich doch
noch jubeln. Vor heimischem Publik mußten die Azzuri nämlich ohne
den wegen Achillessehnenbeschwerden pausierenden Altmeister Antonio Molinari
antreten, zudem erwies sich Marco de Gasperi auf dem reinen Berglaufkurs als
nicht medaillenfähig. Seine überaus erfolgreiche Karriere beschloss
der inzwischen 40jährige Österreicher Helmut Schmuck auf der13 km
langen Strecke mit einer Höhendifferenz von 1460 m auf den Monte Bondone
nicht minder überzeugend mit Silber. Bei den Frauen sorgte die
leichtgewichtige Catherine Lallemand für eine weitere Überraschung,
als sie im steilen Ziel-Anstieg Angela Mudge und die als Favoritin gehandelte
Antonella Comfortolla auf die Plätze verweisen konnte. “Sie ist den
Berg regelrecht hinaufgeflogen“, zeigte sich die Schottin noch eine
Stunde später bei der Siegerehrung regelrecht konsterniert über den
Antritt der 35 kg schweren Läuferin aus Charleroi. “Für mich
ist die Silbermedaille ok“, vergass sie allerdings nicht
hinzuzufügen. Aus dem deutschen Team wußte alleine der deutsche
Meister Helmut Schließl aus Buchenberg mit Rang zehn überzeugen, die
Mannschaften landeten auf den Rängen sieben (Männer) und acht
(Frauen).
“Natürlich hätte es besser laufen können“, zog
der deutsche Berglaufchef Wolfgang Münzel ein erstes Fazit, “doch
wir haben uns einmal mehr unter den besten acht Nationen platziert. Bei den
Männern konnten wir mit Helmut Schließl, Frank Türk und Markus
Jenne drei Läufer unter die Top Dreißig bringen. Das ist angesichts
der doch deutlich stärker werdenden Konkurrenz immer noch eine
Richtschnur. Bei den Frauen mußten wir bedingt durch die
Anti-Doping-Regeln des DLV auf mindestens zwei leistungsstarke Läuferinnen
verzichten, weil diese es verpaßt hatten, sich rechtzeitig für den
ST-Kader zu melden!“
Mit Blick auf die für den Berglauf-Bereich doch recht bescheidenen
finanziellen Mittel stellte Münzel am Monte Bondone jedoch unumwunden
fest: “Der Berglauf ist nach dem Bahnbereich die stärkste Disziplin
im Block Lauf, das ist doch auch etwas!“
Mit Helmut Schießl hat der DLV ein neues Aushängeschild, das auf
Anhieb im internationalen Geschehen eine beachtliche Rolle spielt. Der
31jährige Herrgottschnitzer aus Buchenberg bei Kempten mit Vorliebe
für die Ultrastrecken ist in der Tat ein Gewinn für den
Berglaufbereich. Unbekümmert tummelte sich der Novize inmitten der
namhaften Läuferkonkurrenz, um letztlich als Zehnter (“ein
Traumergebnis“) eine vorzügliche Leistung einzubringen. Zufrieden
zeigte sich aber auch Frank Türk, der als Siebzehnter endlich einmal ein
Vorzeigeresultat schaffen konnte, nachdem er bei Einsätzen im
Nationaltrikot bislang wenig glücklich agierte. Dagegen mußte ein
Markus Jenne, EM-Vierter auf dem allerdings bergauf-bergabführenden Kurs
auf Madeira, erkennen, dass die Luft international recht dünn wird, wenn
man nicht in Topform an den Start gehen kann. Als 26. blieb er im Bereich
seines aktuellen Leistungsvermögens, mit dem er vor Wochenfrist den
Berglauf Grindelwald-Männlichen sogar gewinnen konnte.
Bei den Frauen hatte die deutsche Meisterin Stefanie Buss Probleme, im
starken Feld Schritt zu finden. Erst im steilen Skihang rückte sie auf
einen letztlich nicht ganz zufriedenstellenden 22. Rang vor. Dicht dahinter
Ellen Schöner, die allerdings mit Wadenproblemen von Beginn an zu
kämpfen hatte und diesmal nicht in der gewohnten Form punkten konnte.
“Ich habe mich heute wie vor zehn Jahren gefühlt“, freute
sich Helmut Schmuck über seine überraschende Silbermedaille. Der
40jährige Polizist, vor zehn Jahren an die Weltspitze mit seinem Sieg in
Susa/ Italien gerückt, wird sich mit diesem Coup aus der internationalen
Szene endgültig verabschieden, nachdem er bereits vor zwei Jahren die
Aktivenlaufbahn der sportliche Leitung im österreichischen Verband
nachgeordnet hatte. “Ich habe in diesem Winter mein Training umgekrempelt
und bis April viele Einheiten mit den Langlaufbrettern absolviert. Viele
Trainingseinheiten habe ich nach Dienstschluß aber auch auf dem Laufband
im Keller gemacht, wenn es draußen dunkel oder ungemütlich
war!“ Informative Aspekte zur sensationellen Abschiedsvorstellung von
Helmut Schmuck. Während die Italiener einmal mehr die Teamwertung
beherrschten, zeigen sich die mitfavorisierten Franzosen etwas geknickt. Im
Verbund mit dem Vorjahreszweiten Raymond Fontaine sollte heuer der große
Coup gelingen, doch mit 39 Punkten verpaßte das Trikolore-Team sogar noch
eine Medaille, auch wenn dies bei Punktgleichheit mit den Tschechen hinter
Italien (19) und der Slowakei (30) unglücklich endete.
Seit der Premiere der Berglauf-Europameisterschaften unter der
Federführung des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA) im
vergangenen Jahr auf Madeira hat sich gerade auf diesem Sektor einiges getan.
Mit 26 Nationen waren diese zweiten Titelkämpfe nicht nur quantitativ
stark besetzt, sondern auch hinsichtlich der Qualität brauchen sich die
Bergläufer keineswegs zu verstecken. Dies vor dem Hintergrund, dass die
derzeit weltbeste Bergläuferin Svetlana Demidenko vom russischen Verband
keine Starterlaubnis zur Titelverteidigung erhalten hat, da sie für die
Weltmeisterschaften in Paris für die Marathondistanz vorgesehen ist. Im
Berglaufbereich scheint sich allerdings ein Wandel abzuzeichnen. Mit Vehemenz
drängen die osteuropäischen Nationen wie Tschechien und die Slowakei
stärker in die Medaillenränge, zudem werden Medaillengaranten wie
Helmut Schmuck oder Antonio Molinari sich aus Altersgründen aus dem
internationalen Geschehen zurückziehen, um jungen Leuten Platz zu machen.
.
Berglauf-Europameisterschaften Trento/ Italien (6.7.):
Männer (13,5 km/ HD 1460 m): 1. Marco Gaiardo (Italien) 1:06:05, 2.
Helmut Schuck (Österreich) 1:07:13, 3. Robert Krupicka (Tschechien)
1:07:31, 4. De Gasperi (Ita) 1:08:03, 5. Pasquion (Fra) 1:08:15, 6. Gex-Fabry
(Sui) 1:08:19, 7. Roux (Fra) 1:08:32, 8. Vanko (Svk) 1:08:36, 9. Matanin (Svk)
1:08:39, 10. Helmut Schießl (Ger/ TSV Buchenberg) 1:09:09, 11. Castaner
(Esp) 1:09:32, 12. Jöhl (Sui) 1:09:43, 13. Bajcicak (Svk) 1:09:56, 14.
Manzi (Ita) 1:10:18, 15. Davies (Gbr) 1:10:42, 16. Faschingbauer (Cze) 1:10:46,
17. Frank Türk (Ger/ SpVgg Mössingen) 1:10:50, 18. Namleev (Rus)
1:11:06, 19. Kröll (Aut) 1:11:11, 20. Havlicek (Cze) 1:11:11, 21. Cura
(Tur) 1:11:25, 22. Quinn (Gbr) 1:11:37, 23. Ceh (Slo) 1:11:41, 24. Brown (Gbr)
1:11:49, 25. Rieder (Aut) 1:11:52, 26. Markus Jenne (Ger/ USC Freiburg)
1:12:00, 27. Fontaine (Fra) 1:12:06, 28. Lopez (Esp) 1:12:08, 29. Tastan (Tur)
1:12:19, 30. Batory (Svk) 1:12:26..... 52. Dirk Debertin (Ger/ SG Walldorf
Astoria) 1:16:59 – Mannschaften: 1. Italien 19, 2. Slowakei 30, 3.
Tschechien 39, 4. Frankreich 39, 5. Österreich 46, 6. Schweiz 50, 7.
Deutschland 53, 8. Groß-Britannien 61, 9. Spanien 70, 10. Türkei
86.
Frauen (8,0 km/ HD 855 m): 1. Catherine Lallemand (Belgien) 43:48, 2. Angela
Mudge (Groß-Britannien) 44:01, 3. Antonella Confortola (Italien) 44:30,
4. Zatorska (Pol) 45:08, 5. Guillot (Fra) 45:27, 6. Gassmann (Sui) 45:37, 7.
Salvini (Ita) 45:42, 8. Pichrtova (Tschechien) 45:51, 9. Bottinelli (Ita)
46:11, 10. Sadkova (Cze) 46:38, 11. Moreiras (Por) 46:58, 12. Hizar (Slo)
47:12, 13. Brindley (Gbr) 47:15, 14. Gaviglio (Ita) 47:23, 15. Melicherova
(Svk) 47:33, 16. Baumann (Aut) 47:37, 17. Farget (Fra) 47:39, 18. Rausch (Aut)
47:40, 19. Rueda-Oppliger (Sui) 47:58, 20. Docouto (Fra) 48:04, 21. Matyasova
(Cze) 48:20, 22. Stefanie Buss (Ger/ ASC Rosellen-Neuss) 48:40, 23. Jurisic
(Cro) 48:44, 24. Sharp (Gbr) 48:57, 25. Martinez (Esp) 48:58, 26. Erofeeva
(Rus) 49:03, 27. Ellen Schöner 49:04 (Ger/ LG Domspitzmilch Regensburg)
49:04, 28. Onat (Tur) 49:07, 29. Berberoglu (Tur) 49:15, 30. Lehmann (Sui)
49:20, 31. Kapuscinski (Aut) 49:40, 32. Czuta-Pakosz (Pol) 49:48, 33. Andrea
Scharrer (beide Ger/ LG Domspitzmilch Regensburg) 50:04 – Mannschaften:
1. Italien 19, 2. Tschechien 39, 3. Groß-Britrannien 39, 4. Frankreich
43, 5. Schweiz 55, 6. Österreich 64, 7. Polen 71, 8. Deutschland 82, 9.
Türkei 96, 10. Belgien 98.
Offenes Rennen (13,5 km/ HD 1460 m): Männer: 1. Torresani (Ita)
1:11:58, 2. Cox (Gbr) 1:12:48, 3. Pintarelli (Ita) 1:14:31. Frauen: 1. Lisa
Reisinger (Ger/ SSC Hanau-Rodenbach) 1:33:06, 2. Bailoni (Ita) 1:36:14, 3.
Derigo (Ita) 1:39:12.
-wira