Die angekündigten Hitzegrade verhießen im Vorfeld nichts Gutes beim
20. Rhein-Ruhr-Marathon mit integrierten deutschen Meisterschaften. Knappe
dreißig Grad am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr machten es letztlich den
knapp 2 300 Startern, darunter 500 Meisterschaftsläufer, erdenklich
schwer, die 42,195 km-Distanz mit Anstand zu bewältigen. Im Kampf um die
Marathontitel führte diesmal kein Weg an Michael Fietz und Sylvia Renz
vorbei, die als eindeutige Favoriten gehandelt praktisch vom Start weg einsam
ihre Kreise ziehen mussten. “Das war das härteste, was ich bislang
durchgemacht habe!“ gestand der Wattenscheider nach seiner Endzeit von
2:23:17 Stunden ein. “Aber es ist ein tolles Gefühl , weil ich noch
nicht zu oft Deutscher Meister geworden bin!“
In der Tat, der 36jährige hat es mit seinem Sieg 2001 in Frankfurt erst
auf nunmehr zwei Meistertitel gebracht. Ob es allerdings dabei bleiben wird,
das muss hinter den Kulissen neu verhandelt werden. Denn Fietz hatte sich erst
nach seinem vorzeitigen Aussteiger beim Ruhr-Marathon Mitte Mai für einen
Start in Duisburg erwärmen können, immerhin drei Wochen nach dem
offiziellen Meldeschluss des DLV.
“Das Risiko war mir zu hoch, mit Michael anzulaufen und dann
fürchterlich einzugehen“ rechtfertigte Dirk Nürnberger seine
Taktik, die ihm dank einer flotteren zweiten Hälfte letztlich Rang zwei im
Zieleinlauf in 2:26:27 einbrachte. Michael Fietz war nach dem Ausstieg seines
Tempomachers Karsten Kruck ab km 11 nämlich alleine auf der
sprichwörtlich weiten Flur und verlor, wie zu befürchten war, viel
Zeit auf dem zweiten Streckenabschnitt, aber hielt tapfer durch bis zum
traditionsreichen Wedaustadion, in dem die Leichtathletik wegen des Umbaues zu
einer modernen Fußballarena wohl letztmals auf dem Spielplan stand.
“Am Schluss bin ich von Wasserdusche zu Wasserdusche gelaufen, auch wenn
dies kaum Abkühlung mehr gebracht hat!“ Mit seinem neuen Verein LG
Bonn/ Troisdorf kam Nürnberger aber dennoch zum Erfolg, denn die
Eickmann-Truppe holte sich den Mannschaftssieg deutlich vor Tusem Essen und
Grün-Weiss Kassel, dem Team des früheren Marathon-Bundestrainers
Winfried Aufenanger.
Abkühlung verdiente sich auch Altmeister Herbert Steffny, der in einer
der kleinen Verfolgergruppen meisterhaft Regie führte und sich mit
Jürgen Theofel und Uli Wolf die Seniorentitel der Kategorien M 40 bis M 50
teilen durfte. Der inzwischen 50jährige frühere EM-Dritte möchte
in seiner Mastersklasse noch einmal auf Rekordjagd gehen. So plant der
längst erfolgreiche Buchautor und Marathon-Animateur im Herbst auf dem
schnellen Berliner Kurs beim 30. real,- BERLIN-MARATHON eine Zeit unter 2:28
Stunden.
Der Gewinn des ersten Meistertitels ließ bei Sylvia Renz hingegen
keine Freude aufkommen. “Ich schäme mich, mit 2:42:00 Deutsche
Meisterin geworden zu sein! Ich wollte eigentlich zeigen, dass es noch weitere
Läuferinnen gibt, die in Deutschland schnell laufen können“.
Doch aus der angestrebten WM-Norm wurde ebenso wenig wie aus der
persönlichen Bestzeit, die seit ihrem Frühjahrsstart in Hamburg auf
2:35:39 steht. Seitenstiche und Magenkrämpfe hatten die Berlinerin
mürbe gemacht. “Seit meinem Trainingsaufenthalt in Australien habe
ich Probleme mit meiner Darmflora. Seit einigen Wochen bin ich bei Dr. Willy
Heepe in Berlin in Behandlung, ich hoffe, dass er mir helfen kann!“ Trotz
einer sieben Minuten langsameren zweiten Hälfte hatte Sylvia Renz im Ziel
des ausgedünnten Frauenfeldes zwölf Minuten Vorsprung vor gleich drei
der W 40 (!) angehörenden Verfolgerinnen.
Wie hart der Marathonsektor derzeit umkämpft ist, das mussten die
Verantwortlichen des Rhein-Ruhr-Marathons gerade bei der zwanzigsten Auflage
erfahren. Mit der Integrierung eines Halbmarathons, der
Inline-Halbmarathon-Europameisterschaft der Senioren und den am Vortage
durchgeführten Mini-Marathonläufen gab es letztlich versöhnliche
5 512 Anmeldungen, wenngleich die 2 515 Marathoninteressierten weitaus im
Schatten der bereits 1987 aufgestellten Rekordmarke von 3 808 stehen.
“Uns fehlen die regionalen Läufer, die in diesem Jahr entweder beim
Rhein-Marathon in Düsseldorf oder beim Ruhr-Marathon von Bochum nach
Dortmund gestartet sind. Das konnten letztlich nicht die Deutschen
Meisterschaften kompensieren“, gestand der Sportliche Leiter Bernd
Düngen ein. Allerdings werden die Duisburger Macher das aktuelle Konzept
auch überdenken müssen, denn die Marathonspitze verhedderte sich im
Pulk der 30 Minuten später gestarteten Halbmarathonläufer. “Bei
den Verpflegungstischen hattest du am Ende keine Chance mehr, eine Trinkflasche
zu greifen“ monierte Herbert Steffny und goss sich gleich eine Wanne
Wasser über den erhitzten Körper im großzügig angelegten
Versorgungsbereich im Ziel.
Wilfried Raatz
Deutsche Marathon-Meisterschaften/ 20. Rhein-Ruhr-Marathon (1. 6.):
Ergebnisse: Männer: 1. Michael Fietz (TV Wattenscheid) 2:23:17, 2. Dirk
Nürnberger (LG Bonn/ Troisdorf) 2:26:27, 3. Peter Kapitza (LG badenova
Nordschwarzwald) 2:28:48, 4. Merkel (PSV GW Kassel) 2:29:53, 5. Bartholome (TSV
Kirchdorf) 2:30:52, 6. Ahrenberg (Tusem Essen) 2:31:11, 7. Austin-Kerl (LG
Göttingen) 2:32:21, 8. Friedrich (Chemnitzer PSV) 2:33:53, 9. Flade
(Chemnitzer LV Megware) 2:34:29, 10. Jöhring (Tusem Essen) 2:34:43, 11.
Theofel (FV Wallau) 2:35:58, 12. Portner (LG Bonn/ Troisdorf) 2:36:11, 13.
Achten (DJK Armada Würselen) 2:36:28, 14. Schedler (LTF Marpingen)
2:36:39, 15. Wolf (TV Wetter) 2:36:45, 16. Steffny (SV Kirchzarten) 2:37:20,
17. Jahnke (PSV GW Kassel) 2:39:19, 18. Dienert (Viersener TV) 2:39:57, 19.
Dittrich (PSV GW Kassel) 2:40:00, 20. Hollain (LG Bonn/ Troisdorf) 2:40:13.
Mannschaften : 1. LG Bonn/ Troisdorf (Nürnberger, Portner, Hollain)
7:42:51, 2. Tusem Essen (Ahrenberg, Jöhring, Losch) 7:47:24, 3. PSV GW
Kassel (Merkel, Jahnke, Dittrich) 7:49:12, 4. DJK Armada Würselen 8:06:25,
5. SC DHfK Leipzig 8:14:09, 6. TAV Tübingen 8:26:36, 7. SpVgg Groß
Bülten 8:34:33, 8. TuS Eintracht Bielefeld 8:44:02, 9. LG Geroldseck Lahr
8:51:54, 10. LAC Veltins Hochsauerland 8:52:25.
Frauen : 1. Sylvia Renz (OSC Berlin) 2:42:00, 2. Katharina Kaufmann (LG
Domspitzmilch Regensburg) 2:53:56, 3. Ulrike Hoeltz (LSG Karlsruhe) 2:55:16, 4.
Schöffmann (LG Domspitzmilch Regensburg) 2:56:26, 5. Carlsohn (LG Nike
Berlin) 2:59:18, 6. Gertsch (LG badenova Nordschwarzwald) 3:03:09, 7. Leptihn
(LG Domspitzmilch Regensburg) 3:03:10, 8. Berkmiller (beide LG Domspitzmilch
Regensburg) 3:07:33, 9. Hoffmann (LG Sieg) 3:07:47, 10. Spallek (LG
Wilhelmshaven) 3:08:17, 11. Heinold (TSG Wiesloch) 3:08:42, 12. Hildebrand (SSC
Hanau-Rodenbach) 3:09:59. Mannschaften: 1. LG Domspitzmilch Regensburg
(Kaufmann, Schöffmann, Leptihn) 8:53:32, 2. ASV Duisburg (Möller,
Gaspercic, Schäfer) 9:44:30, 3. LSF Münster 10:01:10.
Senioren: M 40 : 1. Wolf 2 :36 :45, 2. Müller (SC DHfK Leipzig)
2:40:53, 3. Kirschey (BBC Koblenz-Horchheim) 2:43:10. M 45: 1. Theofel 2:35:58,
2. Minnich (SpVgg Groß Bülten) 2:44:57, 3. Knisel (LAV
Tübingen) 2:46:05. M 50: 1. Steffny 2:37:20, Henninger (LG Geroldseck
Lahr) 2:41:00, 3. Branse (SV Rheinland Westum) 2:41:26. M 55: 1. Fernholz (LAV
Oberhausen) 2:50:14, 2. Augustin (LG Bielefeld) 2:51:46, 3. Ries (TG Biberach)
2:53:54. M 60: 1. Günter (LG Kreis Dachau) 3:06:02. M 65: 1. Günther
(TSV Burgdorf) 3:03:06. M 70: 1. Bittmann (LG Esslingen) 3:36:02. M 75: 1.
Storz (TV Mülheim) 4:01:02.
Seniorinnen: W 35: 1. Berkmiller 3:07:33, Spallek 3:08:17, 3. Gaspercic (ASV
Duisburg) 3:14:50. W 40: 1. Kaufmann 2:53:56, 2. Hoeltz 2:55:16, 3.
Schöffmann 2:56:26. W 45: 1. Fischer (ATS Cuxhaven) 3:11:09, 2. Rosen (LG
Eifel-Runners) 3:19:15, 3. Hirth (LC Waldachtal) 3:23:04. W 50: 1. Ziegler (LSF
Münster) 3:16:10. W 55: 1. Suwelack (LSF Münster) 4:02:16. W 60: 1.
Mandel (LT Bittermark Dortmund) 3:57:04. W 65: 1. Heidemann (Pulheimer SC)
4:43:23.