Es war vor fast 40 Jahren im Grunewald, als der damals 26-jährige Horst
Milde den ersten Berliner Volkslauf startete. Dass an jenem 8. November 1964
über 700 Läufer bei dem Crossrennen am Teufelsberg starteten, galt
damals als eine Sensation. Denn Läufe für Jedermann hatte es vorher
nicht gegeben. Es war nun wieder im Grunewald, aber in anderer Umgebung im
Forsthaus Paulsborn, als Horst Milde am Donnerstagabend seinen Rücktritt
als Race-Director der SCC-RUNNING Events GmbH bekannt gab. Zugleich gab er den
Staffelstab innerhalb der Familie weiter, denn der neue Cheforganisator ist
sein 30-jähriger Sohn Mark.
Horst Milde – bekannt als ,Der Mann, der Berlin das Laufen
beibrachte’ – hat eine Erfolgsgeschichte geschrieben, die einmalig
ist in Deutschland und auch international kaum zu übertreffen ist. Seit
jenem ersten Crossrennen 1964 starteten Horst Milde und sein Organisationsteam
genau 348 Lauf-Events, bei denen exakt 1.268.649 Anmeldungen registriert
wurden. Längst ist aus dem rein ehrenamtlichen Organisationsstab ein
professionelles Unternehmen geworden, das aber natürlich nach wie vor auf
großen ehrenamtlichen Einsatz angewiesen ist. Horst Milde selbst hatte
erst vor wenigen Jahren, nach der Aufgabe der familieneigenen Konditorei am
Tempelhofer Damm, begonnen, die Leitung der über ein Dutzend
jährlichen Laufveranstaltungen zu seinem Beruf zu machen. Bis Ende Januar
war er auch Geschäftsführer von SCC-Running.
Die Entwicklung der letzten Jahre war enorm. 2003 zählte der
Veranstalter die Rekordzahl von 123.778 Anmeldungen. Derartige Zahlen werden
weltweit nur vom New York Road Runner’s Club, der unter anderem den
legendären New-York-Marathon organisiert, noch übertroffen. Der
Teilnehmerzuwachs in Berlin betrug in den letzten fünf Jahren rund 95
Prozent.
Vor allen Dingen ist es natürlich der BERLIN-MARATHON, den Horst Milde
zu einem der hochkarätigsten und spektakulärsten internationalen
Straßenrennen machte. Eckpunkte in der Entwicklung waren dabei der erste
Lauf durch Ost und West am 30. September 1990, als drei Tage vor der deutschen
Wiedervereinigung 25.000 Athleten durch das Brandenburger rannten, sowie neun
Jahre zuvor der erste Lauf durch die City von West-Berlin. Zuvor hatte das
Rennen sieben Mal am Grunewald stattgefunden. Doch mit dem ersten Laufboom in
den 80er Jahren setzte sich Horst Milde mit seinem Ziel durch, in Berlin einen
Stadtmarathon zu etablieren. „Die Straßen sind für die Autos
da“, musste sich Horst Milde damals von der Polizei sagen lassen, als er
den Streckenverlauf vorstellte. Doch mit Hilfe der US-amerikanischen Alliierten
setzte er einen Kurs durch, der am Checkpoint Charlie vorbeiführte und auf
dem Kurfürstendamm endete. So konnte sich der BERLIN-MARATHON zu einem der
besten Werbeträger der Stadt entwickeln.
„Für mich war es wichtig, dass eine personelle Struktur bestehen
bleibt, mit der es ohne weiteres möglich sein wird, den erfolgreichen Weg
fortzusetzen. Mit meinem Sohn an der Spitze bin ich sehr optimistisch –
es ist eine Traumlösung für mich“, erklärte Horst Milde,
der in den neu formierten Aufsichtsrat wechseln wird. „Ich werde
natürlich dem Team weiter beratend zur Seite stehen.“
Die Geschäftsführung bei SCC-RUNNING hat Rüdiger Otto
übernommen. Der 64-Jährige war 25 Jahre lang in dieser Funktion beim
Gerling-Konzern in Berlin tätig. Otto ist zudem Schatzmeister des SC
Charlottenburg, dem Gesellschafter der SCC-RUNNING Events GmbH. Aufgrund des
familiären Hintergrundes ist Mark Milde schon seit über zwei
Jahrzehnten in die Organisation des BERLIN-MARATHON integriert. Als Kind half
er in der Startnummernausgabe aus, seit einigen Jahren ist er mit großem
Erfolg für die Verpflichtung der Topathleten zuständig. In den
letzten sechs Jahren wurden in Berlin vier Marathon-Weltrekorde gelaufen.
Außerdem war es Mark Milde, der die Rennen der Inline-Skater
initialisierte. Das Organisationstalent liegt offensichtlich in der Familie
– einen besseren Übergang hätte es in der Position des
Race-Directors nicht geben können.