Die großen Zeiten der Joan Benoit-Samuelson liegen knapp zwei Jahrzehnte
zurück. Damals wurde die Amerikanerin Olympiasiegerin im Marathon, der
1984 für Frauen zum ersten Mal zum olympischen Programm zählte. Zuvor
war sie mit 2:22:43 Stunden Weltbestzeit gelaufen, später steigerte sie
sich noch auf 2:21:21 Stunden. Damit ist Joan Benoit-Samuelson heute noch die
fünftschnellste Marathonläuferin aller Zeiten und natürlich noch
US-Rekordhalterin. Am Sonntag wird die inzwischen 44-Jährige, die ihre
leistungssportliche Karriere natürlich längst beendet hat, beim
New-York-Marathon an den Start gehen.
Keine der Favoritinnen dieses Rennens weist eine annähernd so gute
Bestzeit auf wie Joan Benoit-Samuelson, die in der amerikanischen Laufszene
nach wie vor eine Persönlichkeit ist. Das ist kein Wunder, denn
spitzensportlich hatte der renommierte New-York-Marathon im letzten Jahrzehnt
deutlich an Boden verloren. Die amerikanischen Rennen in Boston oder Chicago
aber auch internationale Marathonläufe wie der in Berlin standen mehr im
Blickpunkt. New York lebte hauptsächlich vom Spektakel. Das wird am
Sonntag nicht viel anders sein. Und doch ist es nach den Ereignissen vom 11.
September eine Art Wiedergeburt des New-York-Marathons.
"Ich glaube, das wird aus sehr vielen unterschiedlichen Gründen
ein sehr emotionales Rennen für viele unterschiedliche Menschen auf der
Welt", erklärte Joan Benoit-Samuelson gegenüber der
US-amerikanischen Fachzeitschrift "Runner’s World" und
fügte hinzu: "Ich habe entschieden, dass ich hier dabei sein
muss."
Rund eine Woche nach den Terroranschlägen vom 11. September hatten der
New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani und der Marathon-Chef Allan
Steinfeld bereits erklärt, dass der Marathon auf jeden Fall stattfinden
wird. Eine Streckenänderung war nicht nötig, denn die 42,195
Kilometer führen von der Verrazano-Bridge bis zum Ziel im Central Park
zwar durch fünf Bezirke der Metropole, jedoch nicht in den Bereich des
Unglücksortes. "Nach den schrecklichen Vorfällen des 11.
September wird dieser New-York-Marathon die Energie und die Zähigkeit der
Stadt New York in den Blickpunkt rücken wie nie zuvor", sagte Allan
Steinfeld, der unmittelbar nach den Anschlägen zunächst nicht daran
geglaubt hatte, dass dieser New-York-Marathon stattfinden könnte.
"Ich dachte, es wäre zwar schön, aber dieser Marathon fällt
bestimmt aus." Am Sonntag dürfte der New-York-Marathon nun eine
weltweite Aufmerksamkeit erlangen wie nie zuvor. In Deutschland wird das Rennen
zum ersten Mal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen live gezeigt. Die ARD,
die Ende September bereits beim real,- BERLIN-MARATHON mit bis zu zwei
Millionen Zuschauern so hohe Einschaltquoten verzeichnete wie nie zuvor bei
einer derartigen Übertragung, hat sich die Rechte gesichert.
Mit über 30.000 Teilnehmern wird der New-York-Marathon etwa so viele
Starter haben wie in den letzten Jahren. Das gemeinsam mit London
weltgrößte Marathonrennen verzeichnete nach den Ereignissen am 11.
September offenbar nur eine geringe Zahl von Absagen. Wie Allan Steinfeld
erklärte, haben nur sehr wenige Läufer ihre Startnummer
zurückgegeben, weil sie Angst hatten nach New York zu reisen. Die
Organisatoren tun in Zusammenarbeit mit der Polizei alles, um die Veranstaltung
zu sichern. Ihre Umziehsachen dürfen die Läufer vor dem Start
beispielsweise nur in offizielle, durchsichtige Plastiktüten packen. Um
den Start des Massenrennens auf der Verrazano-Bridge, die die Bezirke Staten
Island und Brooklyn verbindet, zu sichern, soll sogar der New Yorker Hafen
teilweise gesperrt werden.
Von knapp zehn Läufern wissen die Organisatoren, dass sie zu den Opfern
der Anschläge auf das World Trade Centre zählten. In einigen
Fällen laufen nun Familienmitglieder mit der betreffenden Startnummer im
Gedenken an ihre Verwandten. Ein Trauerflor mit dem Motto „United We
Stand, United We Run“ wird an alle Teilnehmer verteilt, ebenso ein
Anstecker mit dem Motto „I Love New York“. Rund eine Million Dollar
an Spendengeldern hoffen die Veranstalter zu Gunsten der Opfer der
Terroranschläge zu sammeln.
Auch aus Berlin gibt es am Sonntag ein Zeichen der Anteilnahme. Das 25 x 40
Meter große und 160 Kilogramm schwere Banner mit dem Motto „United
we run“, das vor dem Start des real,- BERLIN-MARATHON über die
Köpfe der Läufer hinweggezogen worden war, wurde nach New York
transportiert und wird dort in gleicher Form zu sehen sein. Das Transparent war
kurzfristig vom Berliner Sponsor Bewag finanziert worden. Der Berliner
Cheforganisator Horst Milde wird in New York auch einen ersten Teil des
Erlöses der nach wie vor laufenden Berliner Spendenaktion zugunsten der
Familien der getöteten Feuerwehrleute übergeben. Bisher wurden gut
70.000 DM gesammelt.
Spenden können nach wie vor auf das Konto des real,- BERLIN-MARATHON
überwiesen werden: Berliner Bank, Bankleitzahl: 100 200 00, Konto: 845 339
000, Stichwort: Feuerwehr / Polizei New York.