Auf die deutschen Marathonläuferinnen ist Verlaß! Im Frühjahr
wiederholte Sonja Oberem in Hamburg ihren Vorjahreserfolg, bei den
Europameisterschaften gab es für Luminita Zaituc und Sonja Oberem Silber
und Bronze und im Verbund mit Ulrike Maisch als Dreingabe noch den
Europacupsieg vor Rußland – und beim 6. Ford-Köln-Marathon
setzten nun trotz widriger Bedingungen Claudia Dreher und Ulrike Maisch bei
ihrem Doppelsieg den Reigen der herausragenden Resultate dieser Saison in
eindrucksvoller Weise fort. „Ich bin super glücklich!“
beschrieb Claudia Dreher ihr Marathon-Comeback in Superlativen.
Schließlich hatte die Magdeburgerin nach einer Operation und einem
erschwerten Heilungsprozeß erst spät den Einstieg in die
Straßenlaufsaison geschafft und nach der 10 km-Vizemeisterschaft von
Salzgitter Mut für die Marathondistanz gefasst. In Superlativen muss
allerdings auch der Quantensprung von Ulrike Maisch umschrieben werden, denn
die 24jährige Rostockerin steigerte sich innerhalb eines Jahres in Bonn,
München und nun Köln um sieben Minuten und steht mit 2:32:15 Stunden
auf dem Sprung ins deutsche Weltmeisterschafts-Aufgebot für 2003.
„In diesem Jahr ging einfach alles glatt!“ freute sie sich mit
Trainer Klaus-Peter Weippert, der in seiner inzwischen zwanzigjährigen
Trainerlaufbahn plötzlich als Marathontrainer seinen bislang
größten Erfolg einfahren durfte.
Glückliche Minen auch bei den Verantwortlichen des 6. Ford
Köln-Marathon. Schließlich gab es neben einem spannenden
„Ausscheidungsrennen“ an der Männerspitze mit dem Sieg des
24jährigen Kenianers Ernest Kipyego mit der Steigerung seines
persönlichen Hausrekordes um zweieinhalb Minuten auf 2:10:52 Stunden einen
neuen Streckenrekord, zudem die Vertragsverlängerungen um drei weitere
Jahre durch Titelsponsor Ford und Präsenter Stadtsparkasse Köln und
damit die „Planungssicherheit für die nächsten Jahre“,
wie es Organisator Harald Rösch bezeichnete. Mit 17 656
Läuferanmeldungen bei einer Gesamtzahl einschließlich der Inliner (5
332) und Handbiker (42) von 23 030 ist bei der sechsten Marathon-Auflage in
Köln eine weitere Rekordmarke festgeschrieben, dem Marathonboom scheinen
in Köln eher logistische Grenzen gesetzt. Selbst Nieselregen und
stürmischer Wind konnten der Begeisterung zwischen Messe, Neumarkt,
Chlodwigplatz, Rudolphplatz, Ebertplatz und dem Ziel vor dem Hauptportal des
Kölner Domes kaum einen Abbruch tun. „Die Zuschauer waren absolut
Weltklasse“ lobte Claudia Dreher auch entsprechend das ausdauernde
Publikum. „Ich habe die Begeisterung sogar genossen, trotz der
großen Anstrengung!“
Auch wenn die fast ausschließlich afrikanische Männerspitze einen
spannenden Tanz auf regennassem Asphalt vollführte, bei dem
Vorjahressieger Simon Lopuyet als Vierter ebenso ausrutschte wie der hoch
gehandelte 2:09-Mann Andrew Sambu, das Augenmerk konzentrierte sich
verstärkt auf die Frauenspitze. Schließlich kämpfte eine
wiedererstarkte Claudia Dreher die leicht favorisierte Kenianerin Mary Ptikany
nieder, die sogar noch den sicheren zweiten Rang gegen die im Schlußteil
mächtig aufdrehende Uli Maisch verlor. „Nach der langen Auszeit
weiss ich jetzt wenigstens, wo ich stehe. Damit läßt sich gut die
WM-Saison angehen!“ freute sich die Claudia Dreher, die im zwölften
Marathonrennen bereits nach zweimal Lissabon, Hannover, Houston und nun
Köln den fünften Sieg einsammeln konnte. Und sich dazu noch ein
besonderes Zubrot verdiente, denn der Titelsponsor legte zur ausgelobten
Prämie in Anerkennung ihrer Leistung doch noch einen
Galaxy-Zündschlüssel samt der Fahrzeugpapiere hinzu, auch wenn die
Zielzeit von 2:30 deutlich verpaßt wurde. Die Frau der zweiten
Hälfte war aber eindeutig Uli Maisch, die mit 1:15:18 Stunden sogar im
Vorbeigehen eine neue Halbmarathon-Bestzeit (!) aufstellen konnte. Hier scheint
ein Marathontalent mit Weitblick und Augenmaß zur Spitze
herangeführt werden, auch wenn der „Schwung von München“
(O-Ton Uli Maisch) hier scheinbar auf dem Weg zur Bestzeit gewiss Pate
gestanden haben dürfte.
Den Schwung von München hätte auch gerne ein Sebastian
Bürklein verspürt, doch beim DLV hatte man trotz Heimvorteil auf die
Nominierung einer Männermannschaft verzichtet. „Mein Vorteil war
heute das konstante Tempo und die Tatsache, dass Michael Fietz immer auf
Sichtweite vor mir lief. Den richtigen Schub habe ich allerdings auf der
zweiten Hälfte bekommen, als ich einen nach dem anderen der schnellen
Spitzengruppe auflesen konnte!“ freute sich der Wattenscheider über
seinen Leistungssprung auf um mehr als eine Minuten auf 2:15:18 Stunden, der
zugleich das deutsche Duell gegen seinen Clubkollegen und letztjährigen
deutschen Meister Michael Fietz sowie den enttäuschenden Michael Wolf klar
für sich entscheiden konnte.
Wilfried Raatz
6. Ford Köln Marathon (6.10.):
Ergebnisse: Männer: 1. Kipyego (KEN) 2:10:52, 2. Sambu
(TAN) 2:11:33, 3. P. Osoro 2:11:37, 4. Lopuyet 2:12:39, 5. W. Kibet (alle KEN)
2:13:15, 6. Gordeev (BLR) 2:14:06, 7. Osman (POL) 2:14:28, 8. Kangogo (KEN)
2:14:41, 9. Bürklein 2:15:18, 10. Fietz (beide TV Wattenscheid) 2:15:47,
11. Naumov (UKR) 2:16:47, 12. J. Kiprono (KEN) 2:17:15, 13. Wolf (TSV Bayer
Leverkusen) 2:22:38, 14. Hailemariam (ETH) 2:22:58, 15. Holovnytsky (UKR)
2:26:00, 16. P. Kipketer (KEN) 2:30:17, 17. Sta’ib (QAT) 2:30:48, 18.
Bhattacharjee (TuS Köln rrh) 2:31:20, 19. Rester (LT DSHS Köln)
2:32:54, 20. Oksenyuk (UKR) 2:34:14, 21. Aymanns (VfB Alemannia Pfalzdorf)
2:34:20, 22. Pogutter (Sportfördergruppe Bundeswehr) 2:35:26, 23. Paschke
(Dürener TV) 2:35:34, 24. Nikrant (POL) 2:36:18, 26. Portner (LG
Bonn-Troisdorf-Niederkassel) 2:36:12.
Frauen: 1. Dreher (Friesen Naumburg) 2:31:30, 2. Maisch (1.
LAV Rostock) 2:32:15, 3. Ptikany (KEN) 2:35:08, 4. Fadeeva (UKR) 2:38:46, 5.
Willcox-Heidner (LG Braunschweig) 2:48:40, 6. Korsten (Pulheimer SC) 2:55:03,
7. Porschen (Kerpen) 2:57:24, 8. Huber (LG Mettenheim) 2:58:04, 9. Linnartz
(Germania Dürwiss) 2:58:11, 10. Noel-Stoffel (LUX) 2:59:09, 11.
Rüther (Bergisch Gladbach) 2:58:50 (1. W 55).