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Deutsche Meisterschaften Halbmarathon

"Das ist ein außergewöhnlich gutes Meisterschaftsergebnis"

staunte Bundestrainer Wolfgang Heinig über den Auftritt der Frauen bei den

deutschen Straßenlaufmeisterschaften in Arnstadt. Den größten

Anteil daran hatte zweifellos Petra Wassiluk, die in einer spannenden

Auseinandersetzung mit Sonja Oberem und Luminita Zaituc nicht nur in der

zweiten Streckenhälfte für das Renntempo verantwortlich zeichnete,

sondern auch dadurch maßgeblichen Anteil für die bislang

größte Dichte auf den Medaillenrängen bei deutschen

Halbmarathonmeisterschaften hatte. "Für mich Lohn einer engagierten

Tempoarbeit" ergänzte der Bundestrainer, der sich vor allem über

den "überragenden Auftritt" von Petra Wassiluk erstaunte. Die

Art und Weise, wie die 32jährige Darmstädterin nach dreijähriger

Halbmarathonabstinenz für die 21,095 km-Distanz zurückkehrte, das

imponierte. Als nach 10 km und einer Durchgangszeit von 33:27 Minuten das Tempo

zu verschleppen drohte, da übernahm die erst am Dienstag aus dem

US-Trainingscamp in San Diego zurückgekehrte zweifache Olympiastarterin

das Tempodiktat - und gab dies bis ins Ziel im Schloßpark in Arnstadt

nicht mehr ab.

"Jetzt habe ich die Titelsammlung fast komplett", freute sich die

Darmstädterin im Trikot der LG Eintracht Frankfurt mit Blick auf die

Meisterpalette von Cross über 5000 m und 10 000 m bis hin zur

Halbmarathonstrecke. "Jetzt fehlt alleine nur noch Marathon!" weist

Petra Wassiluk mit Blick auf ihr frühes Saisonziel den Weg in die

nächste Zukunft. Beim Hansaplast-Marathon in Hamburg möchte Petra

Wassiluk ihr Marathondebüt geben - und in einer Art deutschen

Meisterschaft auf Sonja Oberem, Luminita Zaituc, der in Arnstadt vorzeitig

ausgestiegenen Claudia Dreher, aber auch voraussichtlich auf Katrin

Dörre-Heinig sowie Kathrin Weßel, die am Sonntag in Berlin als eine

der Favoritinnen ins Rennen gehen wird, treffen.

Mit 1:10:36 Stunden lief Petra Wassiluk auf dem Drei-Runden-Kurs durch das

kleine Thüringer Städtchen nicht nur Meisterschaftsbestzeit, sondern

auch persönliche Bestzeit, wenn man die wegen zu starkem Gefälle

erzielten 1:08:13 in Las Vegas (1997) außer acht läßt. Aber

nicht nur die Siegerin zeigte sich im Thüringischen zufrieden, sondern

auch Sonja Oberem mit ihren 1:11:13, ihrer zweitschnellsten Zeit

überhaupt. "Ich habe in der Vorwoche noch 240 km gelaufen, deshalb

war ich mit dem Tempo zufrieden. Immerhin war ich eine Minute schneller als in

Freiburg im Vorjahr...." und läßt den Gedanken freien Lauf.

Schließlich soll in Hamburg eine schnelle Marathonzeit folgen! Trotz

Debüt in 1:11:26 wollte sich bei Luminita Zaituc die Zufriedenheit nicht

recht einstellen, schließlich plagten Seitenstiche die

Cross-Doppelmeisterin. "Wenn diese fünf Kilometer lang sind, dann ist

dies kein Spaß mehr!" Wie sehr das Debüt der Braunschweigerin

die Konkurrentinnen beschäftigte, das verdeutlichte Petra Wassiluk:

"Ich hatte weniger Angst vor Sonja, sondern vielmehr vor der spurtstarken

Luminita. Deshalb mußte ich unterwegs aufs Tempo drücken!"

Diese Maßnahme jedenfalls sollte der Darmstädterin recht geben.

Während Petra Wassiluk die an sich recht winklige Strecke lobte

("Sie läßt sich dennoch gut laufen"), klagte

Männersieger Carsten Eich nach seinen im Alleingang erzielten 1:03:50

Stunden über die permanenten Rhythmuswechsel, die ihm die angestrebte

schnelle Siegerzeit vermasselte. "Dennoch bin ich mit meiner Vorbereitung

auf Hamburg zufrieden...". Im Kampf um Rang zwei setzte sich der

wiedererstarkte Stephan Freigang mit allerdings fünfzig Sekunden

Rückstand durch. "Vizemeister ist doch auch schon wieder etwas. Ich

weiß aber, daß ich noch einige Defizite habe, die ich bis Leipzig

aufholen muß!" Vor einer glänzenden Saison steht

Cross-Überraschungsmeister Jens Borrmann, der sich im dichten Zieleinlauf

knapp vor dem anstürmenden Sebastian Bürklein die Bronzemedaille

sicherte. Dagegen klagte der letztjährige Vizemeister Michael Fietz

über einen unerwarteten "Systemausfall" nach einer

Magen-Darm-Infektion zwei Tage zuvor, die kaum mehr als einen Trainingslauf

zuließen. Eines jedenfalls hat sich in Arnstadt in den Endzeiten klar

ausgedrückt: Die deutschen Frauen sind derzeit international alleinig

konkurrenzfähig, bei den Männern dürfte alleinig nach der

souveränen Vorstellung der Fürther Carsten Eich internationales

Format besitzen. Nur sollte er dieses auch bei nächster Gelegenheit in die

entsprechende Endzeit umsetzen. Wer wie die Freigang, Fietz, Bürklein und

Co. mehr zaudernd als forcierend dem davoneilenden Eich nachblickt, der sollte

seine internationalen Ansprüche schnellstmöglich vergessen.

Gut in Form waren die Helfer des ESV Lok Arnstadt, die trotz umfangreicher

Arbeiten und stattlicher Kosten für Absperrmaßnahmen eine

atmosphärische Straßenlaufmeisterschaft auf die Beine zu stellen

wußten. Mit der Resonanz unzufrieden jedoch Veranstaltungsleiter Reingert

Richter: "Das gilt natürlich nicht für die Spitze, sondern

alleine für die Breite. Das hat in erster Linie aber mit dem

Austragungsort Arnstadt zu tun, denn anders als in Freiburg ist in

Thüringen keine Laufszene, die hier hätte mobilisiert werden

können!" Unüberhörbar aber wie schon in Freiburg kritische

Worte, weil einmal mehr Leistung (sprich 45 Mark Meldegeld) und Gegenleistung

(Auswertung) nicht in Einklang stand. "Es kann doch nicht sein, daß

unsere Siegerehrung fast zwei Stunden nach Zieleinlauf erst stattfindet.

Außer den Beteiligten ist da doch keiner mehr vor Ort!" Und

Altmeister Günter Mielke sprach vielen Läufern aus dem Herzen:

"Wann führt endlich der DLV bei derartigen Meisterschaften die

Chip-Zeitmessung ein. Da könnten sich viele Probleme von alleine

erledigen!"

Nachwuchs bereitet Freude und Kopfzerbrechen

Werner Grommisch, mitverantwortlich beim DLV für den Laufnachwuchs,

blickt wenig hoffnungsvoll in die Zukunft. "Es wird leider immer

weniger" und meint die nationale Spitze im Jugendbereich, denn die Breite

ist schon längst abgebrochen. Trotz aller bedenklicher Minen gab es in

Arnstadt aber auch Erfreuliches. So wußte Antje Hoffmann drei Wochen nach

dem überzeugenden Auftritt bei den Crossmeisterschaften in Regensburg auch

in Arnstadt auf ihre Klasseform hinzuweisen, auch wenn sie einmal mehr nicht

gefordert wurde. "Mir macht aber Cross mehr Spaß" stellt die

19jährige die Gewichtung zwischen Cross und Straße her, wenngleich

sie die beiden Titel in ihrem Stellenwert gleich hoch angesiedelt haben

möchte. Trennten in Regensburg Katharina Walther noch Längen von der

Konkurrenz, mußte sich der 16jährige Neuzugang beim SV Creaton

Großengottern über 7,5 km auf der Straße gegen Steffi

Günther mächtig strecken, um zum zweiten Einzeltitel zu kommen.

Mangelnde Spannung jedenfalls durfte DLV-Nachwuchstrainer Grommisch

zumindest bei den Jungen nicht beklagen. Vor allem das packende Duell zwischen

dem fast ausschließlich das Tempo bestimmende Jan Förster und seinem

"Schatten" André Pollmächer, der sich mit einem scharfen

Antritt schon fast wie der neue Titelträger fühlen durfte, aber auf

den letzten Metern bei Zeitgleichheit von 47:58 Minuten doch noch wieder vom

Berliner zurückgedrängt werden konnte. Unter den Fittichen des

früheren Langstreckenmeisters Helmut Schu wächst in Saarbrücken

neben dem Juniorenvizemeister Florian Neuschwander mit dem B-Jugendsieger

Johannes Schmitt ein weiteres Talent heran, das auch die DLV-Vertreter vor Ort

beeindruckt hatte.

Wilfried Raatz