Die Sache sieht an sich ganz einfach aus: Der Start befindet sich am Fuße
des Hermanns-Denkmals im Lipperland nahe der Stadt Detmold in knapp 400 Meter
Höhe, und das Ziel nach genau 30,6 km durch den Teutoburger Wald befindet
sich auf der Promenade unmittelbar vor der Sparrenburg, dem Wahrzeichen der
ostwestfälischen Metropole Bielefeld; auf rund 170 Meter Höhe. Wer
jedoch daraus schließt, es handele sich um einen locker-leichten
Berg-ab-Lauf, der muss schnell eines besseren belehrt werden … und sich
auf allerhand “Höhen“ und “Tiefen“ gefasst machen,
die jeden Läufer und jede Läuferin in mehrfacher Hinsicht unterwegs
erwarten:
Da geht es schon im ersten Teilabschnitt nach dem Einlaufen schnell wieder
hinauf zum Großen Ehberg, ein weiterer lang gezogener Anstieg kommt nach
der Stapelager Schlucht am Truppenübungsplatz von Augustdorf dann mit dem
Tönsberg vor der Bergstadt Oerlinghausen, wo neuerdings die City
durchlaufen wird und der zweite Teil der Strecke längst begonnen hat: Das
Schopketal und die Überquerung der Autobahnbrücke A 2 zwischen
Dortmund und Hannover in Höhe Lämershagen mit dem
berühmt-berüchtigten Treppenanstieg sind weitere markante Punkte, die
Läuferherzen höher schlagen lassen, bevor mit dem Eisernen Anton und
dem Ebberg die (wirklich!) letzten “Höhepunkte“ warten. Am
Rande der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel kann man sich dann so langsam
auch mental auf den Zieleinlauf einstimmen, wo zu beiden Seiten applaudierende
Zuschauer die weitere Streckenführung markieren und eng führen. Hier
kann dann nichts mehr schief gehen …
Die Idee zum Hermannslauf hatten einst sportbegeisterte Männer vom
Bielefelder Ski-Club, die 1971 auf der Rückreise vom Wasa-Skilanglauf in
Schweden den Plan skizzierten, einen Landschaftslauf entlang des Hermannsweges
im Teutoburger Wald zu kreieren. Damals mit dabei war auch der Polizist Peter
Gehrmann, ebenfalls langjähriger Bundestrainer im Orientierungslauf und
Mitte der 1970er Jahre Initiator der sog. Deutschlandstaffel, sowie der Jurist
Prof. Dr. Wolfgang Schlüter, der jetzige Schirmherr DES Hermannslaufes in
der Nachfolge des vor ein paar Jahren verstorbenen ehemaligen
DLV-Präsidenten und früheren Bielefelder Oberstadtdirektors Prof. Dr.
Eberhard Munzert.
Veranstalter des Hermannslaufes seit 1989 ist der TSVE 1890 Bielefeld, einer
der größten Breitensportvereine im Bielefelder Innenstadtbereich mit
“Präses“ Günter Entgelmeier, Jürgen Schulz, Host
Szuba und LA-Abteilungsleiter Rudi Ostermann an der Spitze eines
vielköpfigen ehrenamtlichen Organisationsteams, das dem Lauf eine geradezu
familiäre Atmosphäre verleiht. Die Teilnehmerzahlen beliefen sich
anfangs auf einige wenige Hundert, 1979 wurde erstmals die Tausender-Grenze
überschritten, danach pendelte man sich bei rund 3.000 ein, bevor kurz vor
der Jahrtausendwende wie vielerorts ein dynamischer Wachstumsschub mit
Verdoppelung einsetzte und damit den Kapazitäten – allein wegen der
teilweise engen Wegführung – geradezu natürliche Grenzen
gesetzt wurden.
Den Streckenrekord beim Hermannslauf hält seit 2002 Rene Witt von der
LG Vogtland mit 1:43:09 Std., der auch im Jahr davor siegreich war. In diesem
Jahr müssen Philipp Brouwer vom actice sportshop team (1:46:23 Std.) und
Heike Mohn von der SV Brackwede (2:05:59 Std.) ihre Titel verteidigen –
was in der Geschichte des Hermannslaufes nicht allzu häufig gelang, obwohl
viele Siegerinnen und Sieger aus der Region kamen: Nur noch wenige erinnern
sich vermutlich an den mittlerweile 75-jährigen Helmut Bode aus dem
Bielefelder Stadtteil Oldentrup, der die ersten beiden
“Hermänner“ 1972 und 1973 gewann, darüber hinaus 1975 und
1976 jeweils vierter wurde und heute die Läuferinnen und Läufer kurz
vor km 22 in Lämershagen an der Strecke Beifall klatschend
begrüßt.
Der Hermannslauf gilt als Landschaftsklassiker mit “krummer
Distanz“. Manche nennen ihn gar den “Rennsteig des Westens“.
Der Lauf wurde 2002 als Volkslauf des Jahres vom Westfälischen
Fußball- und Leichtathletik-Verband ausgezeichnet und gehörte 2002
und 2003 jeweils zu den TOP TEN- Läufen in Deutschland, die nach einer
Umfrage der in Berlin herausgegebenen Zeitschrift LAUFZEIT ermittelt wurden. So
bleibt es nicht aus, dass der 33. Hermannslauf in diesem Jahr wieder mit 7.053
Teilnehmerinnen und Teilnehmern schon rund einen Monat vorher
“ausverkauft“ war. Wer also unbedingt einmal dabei sein
möchte, sollte sich bereits jetzt merken: Der nächste Hermannslauf
kommt bestimmt … immer am letzten Sonntag im April um Punkt 11 Uhr!
Dr. Detlef Kuhlmann
Der Autor ist langjähriger Ressortleiter Kultur beim real,-
BERLIN-MARATHON bzw. bei SCC-RUNNING. Er lebte von 1954 bis 1988 in Bielefeld,
absolvierte den Hermannslauf 20-mal und erzielte dabei Zeiten zwischen 3:02:57
und 2:14:03 Std.
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