Vor zehn Jahren zählte der AVON RUNNING Berliner Frauenlauf des SCC nicht
einmal 1000 Teilnehmerinnen. Nun waren es bei der 18. Auflage des mit Abstand
größten deutschen Rennens dieser Art im Tiergarten schon 6083
Läuferinnen, die entweder über 10 km, 5 km oder beim Girlie-Lauf
über 800 m an den Start gingen. Das bedeutete eine rund 20-prozentige
Steigerung verglichen zum Vorjahr, als 5093 Starterinnen gezählt wurden.
Es waren beeindruckende Bilder eines Massenlaufes im Tiergarten – und es
war eine ebenso beeindruckende Stimmung. „Wir sind in einem Umbruch, hier
entsteht ein neue Bewegung“, sagte Organisationschef Horst Milde und
erklärte: „Viele Frauen fühlen sich bei einem reinen Frauenlauf
wohler als bei gemischten Rennen – das ist ein anderes Ambiente.“
Und die Siegerin dieses großen Laufevents durch den Tiergarten sorgte
für einen weiteren Rekord. Denn Restituta Joseph (Tansania) erreichte das
Ziel im 10-km-Rennen nach 32:14 Minuten – eine Zeit, die auch
internationalen Maßstäben gerecht wird. Wie gut dieser neue
Streckenrekord ist, zeigt sich auch im Vergleich zur 10-km-City-Nacht auf dem
Kurfürstendamm. Obwohl bei diesem Rennen der Spitzensport viel
stärker im Blickpunkt steht, ist der Kursrekord nun langsamer als beim
AVON RUNNING Berliner Frauenlauf im Tiergarten. Erst vor knapp drei Wochen
hatte Restituta Joseph in Berlin den zweiten Platz belegt. Bei den 25 km von
Berlin behinderten sie in der Schlussphase des Rennens Muskelprobleme. Dieses
Mal gab es keine Behinderungen, und die Läuferin der LG Nike Berlin zeigte
ein glänzendes Rennen. Auf dem zweimal zu durchlaufenden Rundkurs lag sie
schon frühzeitig in Führung und hatte nach der ersten Runde bereits
einen deutlichen Vorsprung auf Kathrin Weßel (SCC Berlin), die wiederum
deutlich vor Claudia Dreher (TV Friesen Naumburg) lag. Mit Restituta Joseph
gewann die Favoritin im Tiergarten. Die Läuferin, die zur Gruppe von
Volker Wagner in Detmold zählt und eine Trainingspartnerin von
Marathon-Weltrekordlerin Tegla Loroupe (Kenia) ist, hatte im vergangenen Jahr
eine der besten Halbmarathonzeiten weltweit erzielt. In Malmö gewann sie
in 67:55 Minuten. Das Interesse am AVON RUNNING wird von Jahr zu Jahr
größer – und auch international erfahrene und erfolgreiche
Athletinnen laufen gerne einmal unter sich. „Das ist genau der richtige
Rahmen für mein Comeback“, hatte Claudia Dreher gesagt. Die
30-Jährige hatte krankheitsbedingt kurzfristig auf den Olympiamarathon von
Sydney sowie den Hamburg-Marathon vor rund einem Monat verzichten müssen.
Im Oktober war sie zwar beim Frankfurt-Marathon Dritte gewesen, hatte jedoch in
2:31:56 Stunden ihr tatsächliches Potenzial nicht zeigen können.
Claudia Dreher, die 1999 bei der WM Platz neun im Marathon belegte, startete
zum ersten Mal in diesem Jahr – und zum ersten Mal bei einem Frauenlauf.
„Ich freue mich auf diesen Lauf, gerade weil es ein reines Frauenrennen
ist. Es ist gut, dass das Fitnessbewusstsein von Frauen jetzt auch in
Deutschland immer stärker wird“, hatte Claudia Dreher gesagt, die
schließlich in 34:09 Minuten Dritte wurde.
Vor einem Jahr hatte Kathrin Weßel ebenfalls den Frauenlauf zu einem
Comeback nach einer Babypause genutzt – und gewonnen. Dieses Mal wurde
die 33-jährige Läuferin Zweite in 33:04 Minuten. Das zeigt aber auch
die höhere Qualität des diesjährigen Rennens. Denn 2000 reichte
der Berlinerin eine um zwei Minuten langsamere Zeit zum Sieg. „Mit der
Leistungsentwicklung sollte ich noch nicht ganz zufrieden sein, die Entwicklung
muss noch weitergehen“, sagte Kathrin Weßel, die begeistert war von
der Atmosphäre im Tiergarten: „Dieser Lauf war super. Alle
Läuferinnen, die ich in der zweiten Runde überrundet habe, haben
geklatscht. Es ist einfach Wahnsinn, wie sich die ganze Laufszene in
Deutschland entwickelt hat.“
Ein Jahr nach ihrem ersten Lauf nach einer Babypause hat sich Kathrin
Weßel, die schon 1987 bei der WM in Rom eine Bronzemedaille über
10.000 m gewonnen hatte, wieder in die deutsche Spitze vorgearbeitet. Beim
Hamburg-Marathon wurde sie Dritte und blieb mit 2:29:43 zum ersten Mal unter
2:30 Stunden. Kurzfristig hat sie deswegen ihre ursprünglichen Pläne
geändert und wird nun bei den Weltmeisterschaften im August in Edmonton
Marathon laufen und nicht beim real,- BERLIN-MARATHON am 30. September.
„Ich habe in Hamburg die Norm geschafft. Und der Bundestrainer hat mir
inzwischen gesagt, dass ich vornominiert bin“, erklärte Kathrin
Weßel, die damit die erste Berlinerin ist, die für die WM
qualifiziert ist. Ihre Tochter Nele ist inzwischen eineinhalb. Die Betreuung
haben die Eltern auch ohne Hilfe der Großeltern organisiert. „Ins
Trainingslager fahre ich jetzt eben alleine“, nennt Kathrin Weßel
ein Beispiel. In dieser Zeit betreut ihr Mann und Trainer André die
Tochter. So ist die Athletin eine Art Idealbeispiel für den Berliner
Frauenlauf: Familie und Laufsport schließen sich nicht aus - genau das
versuchen die Veranstalter mit zunehmendem Erfolg zu vermitteln.