Die 2:20-Stunden-Barriere war längst fällig – das wurde in
Chicago klar. Und es wäre keine Überraschung, wenn schon im
nächsten Jahr noch weitere Zeiten in diesen Regionen gelaufen werden. Denn
das Potenzial in der Weltspitze des Marathons ist bei den Frauen in den letzten
Jahren sehr groß geworden. Die Entwicklung der Weltbestzeit hielt sich
dagegen bis vor zehn Tagen in Grenzen. Es mag im ersten Augenblick bitter
für den real,- BERLIN-MARATHON sein, die Weltbestzeit nach nur einer Woche
schon wieder verloren zu haben, doch eines kann Berlin niemand mehr nehmen: Die
deutsche Hauptstadt geht als der Ort der ersten Zeit unter 2:20 Stunden in die
Leichtathletik-Historie ein.
Das nächste Jahr könnte im Frauen-Marathon nicht minder
interessant werden. Denn neben Naoko Takahashi (Japan) und Catherine Ndereba
könnten auch Lornah Kiplagat und, wenn sie wieder vollkommen erholt ist,
Tegla Loroupe (beide Kenia) Zeiten unter 2:20 Stunden anpeilen. Die junge
Japanerin Yoko Shibui lief in diesem Jahr bereits 2:23:11 Stunden, und in
London wird die Halbmarathon-Weltmeisterin Paula Radcliffe
(Großbritannien) im April ihr Marathon-Debüt laufen.
„Ich war überrascht und habe Gott dafür gedankt. Denn ich
hätte niemals gedacht, dass ich unter 2:19 laufen könnte. Und das,
obwohl ich noch nie bei so kaltem Wetter gelaufen bin“, sagte Catherine
Ndereba nach ihrer Weltbestzeit in 2:18:47 Stunden. Die Kenianerin, die 1997
eine Tochter zur Welt brachte, bezeichnete jetzt in Chicago ihren Ehemann
Anthony Maina als ihren Trainer: „Er hat mich hervorragend
vorbereitet.“ Seit ihrer Zeit in der Oberschule war sie zuvor von
El-Mostafa Nechchadi trainiert worden. Mit zwölf Jahren hatte sie einst
mit dem Training begonnen. Der Anreiz war, dass ihre Schule für die
schnellsten Läuferinnen Preise ausgelobt hatte. Es ging für sie
damals um Bleistifte oder Bücher. Ihr Vater, der ebenfalls Läufer
war, hatte sie zusätzlich motiviert, den Sport zu betreiben, obwohl dies
in Kenia für Mädchen nicht üblich war.
Während ihr Mann in Nairobi als Gefängniswärter angestellt
ist, war Catherine Ndereba dort als Telefonistin tätig. Angeblich soll sie
noch im vergangenen Jahr dort zur Arbeit gegangen sein, während sie sich
in Nairobi aufhielt. Zeitweise trainiert und lebt sie allerdings in
Philadelphia (USA). „Zu meiner Trainingsgruppe gehören auch Ben
Kimondiu und Peter Githuka – sie haben heute auch tolle Leistungen
gezeigt“, erklärte Catherine Ndereba, deren Tochter Jane ihr gesagt
hatte: „Fahre zu diesem Marathon und gewinne das Rennen.“
Bereits 1996 war sie die Straßenläuferin des Jahres in den USA.
Ein Jahr später machte Catherine Ndereba eine Babypause. Und 1998 war sie
wiederum die Nummer eins in der Straßenlaufszene der USA. Ihr
Marathondebüt lief die Kenianerin dann 1999 in Boston. Damals kam sie auf
Platz sechs. Ein Jahr später feierte sie in Boston ihren ersten
großen Triumph. Sie gewann in 2:26:11 Stunden und stoppte die
Boston-Siegesserie der Olympiasiegerin Fatuma Roba (Äthiopien). In ihrer
Heimat wurde sie damit zwar zu einer Heldin und fortan auch „Catherine
die Große“ genannt. Aber dennoch wurde sie vom kenianischen Verband
nicht für Olympia in Sydney nominiert. Stattdessen Lief die
Halbmarathon-WM-Dritte von 1999 den Chicago-Marathon und gewann in 2:21:33. Sie
war die erste Athletin, die die Marathonläufe von Boston und Chicago im
selben Jahr gewann. „Nach meinem Sieg im vergangenen Jahr, wusste ich,
dass ich auch unter 2:20 Stunden laufen kann.“ Auch in diesem Jahr hatte
sie zuvor den Boston-Marathon gewonnen. Vieles spricht dafür, dass sie
dort auch im nächsten Jahr an den Start geht. Vielleicht kommt es dort
dann sogar schon zu einem Duell mit Naoko Takahashi.