Inline Skater sind - als Verkehrsteilnehmer - eher Fußgänger denn
Radfahrer. Zu dieser Bewertung kam der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in seinem
höchstrichterlichen Urteil vom 19. März 2002.
Das bedeutet in der Praxis: Inline Skater müssen z.B. in geschlossenen
Ortschaften Gehwege benutzen. Dort sei >>Disziplin gefordert<, was
bedeutet, dass sich Inline Skater der Geschwindigkeit der Fußgänger
anzupassen haben.
Die Nutzung von Fahrbahnen, von zahlreichen Initiativen gefordert, ist
innerorts Skatern untersagt. Außerhalb geschlossener Ortschaften
müssen sich Skater wie Fußgänger auf Straßen ohne
Bürgersteige links fortbewegen.
Eine Anerkennung als Fahrzeuge bleibt Inline Skates verwehrt.
Dazu die Meinung des Speedskating Clubs Kölner Roll-Möpse 98
e.V.:
Der SSC Kölner Roll-Möpse 98 e.V. hat sich schon vor eineinhalb
Jahren mit aller Deutlichkeit dagegen ausgesprochen, Inline Skates im Sinne der
Straßenverkehrsordnung als Fahrzeuge zu definieren. Wir waren und sind
weiterhin der Auffassung, dass zu vielen Inline Skater ohne ausreichende
Beherrschung ihrer Skates eine fatale Rechtssicherheit suggeriert worden
wäre, hätte man ihnen das Skaten auf Fahrbahnen erlaubt.
Schließlich hat der Inline Skater keine Knautschzonenreserve. Noch so
viele Rechte können sein Leben nicht schützen. Unter diesem Aspekt
teilen wir die Auffassung des BGH, Inline Skater auf Fahrbahnen vom Grundsatz
her nicht zuzulassen.
Die Verbannung der Inline Skater auf Gehwege ist jedoch auch keine
Lösung. Ohne sonderliche Anstrengung bewegt sich jeder Inline Skater
doppelt so schnell voran wie jeder normale Fußgänger. Ein Inline
Skater, von dem laut BGH-Urteilsverkündung >>Disziplin gefordert<
wird, wird im Falle eines Rechtskonflikts mit einem Fußgänger
wahrscheinlich immer der Unterlegene sein.
Für den Alltagsgebrauch wäre es ein soeben noch vertretbarer
Kompromiß gewesen, der BGH hätte den Inline Skatern die Nutzung von
Fahrradwegen während der hellen Tagesstunden erlaubt. Allerdings
hätte ausdrücklich darauf hingewiesen werden müssen, dass sich
Skater auf Fahrradwegen ebenso an die Verkehrsregeln zu halten hätten wie
Fahrradfahrer (die selten die Regeln respektieren).
Auch wenn das BGH-Urteil höchstrichterlich ist, so kann es nicht der
Weisheit letzter Schluß sein. Denn es basiert auf dem Entwicklungsstand
der Inline-Skater-Szene von vor sechs, günstigstenfalls fünf Jahren.
Seitdem aber vollzieht sich ein Szenewandel.
Aus dem massenhaften Fit-for-Fun-Freizeitgerät wird seit gut fünf
Jahren in immer größerem Umfang ein solides Sportgerät.
Für die breite Öffentlichkeit wird der Wandel deutlich anhand der
immer rasanter ansteigenden Teilnehmerzahlen bei den bundesweit verbreiteten
City-Inline-Marathons - von Köln über Bonn, Hamburg und Berlin - mit
Tausenden von Teilnehmern. Hinzu kommt das immer größere Angebot an
lokalen und regionalen Skater-Renn-Veranstaltungen - darunter auch seit dem
Jahre 2000 die Veranstaltung INLINE IN COLONIA des SSC Kölner
Roll-Möpse 98 e.V.
Inline-Speedskaten gehört mit zu den Sportarten mit den höchsten
Zuwachsraten in Deutschland. Übrigens wächst der Speedskater-Sport
nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Und das besondere
Phänomen: Rasant steigt die Zahl der Wettbewerbsteilnehmer an, die
über 40 Jahre alt sind und damit eigentlich das jugendliche
Höchstleistungssportleralter längst überschritten haben.
Wer seine Inline Skates als Sportgerät nutzt - sei es als Fitness- oder
wettkampforientierter Skater - muß auch ein ordentliches Training
durchführen. Ohne Training kann kein Spitzenskater die 42,195
Marathonkilomter in einer Stunde zurücklegen. Und ein 50jährige
würde es auch niemals auf ein Stundenmittel von mehr als 30
Stundenkilometer bringen, wenn er nur auf Bürgersteigen trainieren
dürfte.
Das BGH-Urteil ist lobenswert, so fern es nicht ausreichend geübte
Nutzer von Inline Skates vor der fatalen Selbstüberschätzung
schützt. Und ebenso lobenswert ist es, wenn durch das BGH-Urteil
undisziplinierten Skatern Regeln auferlegt werden, die durch ihren
falschverstandenen Freiheitsdrang die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer
einengen.
Aber es nimmt auch jene in die Pflicht - Politik und Verwaltung der
Kommunen, der Länder und des Bundes - die allgemeinen gesellschaftlichen
Entwicklungen Folge zu leisten haben. Es ist einfach unredlich, wenn sich
Metropolen wie z.B. Köln, Berlin oder Hamburg mit Skater-Veranstaltungen
als sportfreundliche Städte brüsten, dann aber letztlich einer immer
größer werdenden Sportlerschar keine Bewegungs- und
Trainingsräume ausweisen, in denen die Skater nicht mit dem Gesetz in
Konflikt geraten. Night-Skating-Veranstaltungen sind falsche Alibis.
Das Urteil von Karlsruhe drängt viele Skater, die mit einem relativ
jungen Sport ein neues Lebensgefühl entwickelt haben, in eine schwierige
Situation.
Politik und Verwaltung aber setzt es unter Druck, endlich adäquate
Räume zu schaffen bzw. auszuweisen, in denen sich auch neuzeitliche Formen
des Sports konfliktfrei entwickeln können.
Hanspeter Detmer
Vorsitzender des SSC Kölner Roll-Möpse 98 e.V.
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