Der real,-
BERLIN-MARATHON ist seinem Ruf als eines der spektakulärsten und zugleich
schnellsten Rennen weltweit über die klassischen 42,195 Kilometer einmal
mehr gerecht geworden. Ein Jahr nachdem Naoko Takahashi in Berlin als erste
Frau unter 2:20 Stunden gelaufen war, siegte die Olympiasiegerin erneut mit
einer Weltklassezeit. Die 30-Jährige lief 2:21:48 Stunden und erzielte
damit die 13.-beste Zeit aller Zeiten und die viertbeste in diesem Jahr.
Vergleichsweise noch hochkarätiger und zudem spannender war das Rennen der
Männer, das der Kenianer Raymond Kipkoech in 2:06:47 Stunden gewann. Dies
ist die zehntbeste je gelaufene Zeit und wie Takahshi die viertschnellste in
diesem Jahr. Zum ersten Mal blieben in Berlin zudem gleich drei Läufer
unter 2:07 Stunden. Beim kenianischen Durchmarsch – die ersten Fünf
kamen aus dem afrikanischen Laufland Nummer eins – blieben auch Simon
Biwott (2:06:49 Stunden) und Vincent Kipsos (2:06:53) unter der
prestigeträchtigen Marke. Lediglich einmal – beim London-Marathon im
April – blieb noch ein Läufer mehr unter 2:07 Stunden. Und nur
dieses Ausnahmerennen in England war in diesem Jahr bisher insgesamt noch
besser als das gestrige in Berlin.
Überschattet wurde der 29. real,- BERLIN-MARATHON allerdings vom
fünften Todesfall in der Geschichte des Laufes. Ein 40-jähriger
Läufer brach an der Fasanenstraße, weniger als einen Kilometer vor
dem Ziel, zusammen und konnte nicht mehr wiederbelebt werden. Dies gelang den
Rettungsteams aber bei einem Franzosen, der ebenfalls zusammengebrochen war.
Willi Heepe, der ärztliche Leiter der Veranstaltung des Laufes, hatte
schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass man mit derartigen Fällen bei so
großen Teilnehmerfeldern rechnen muss. Über den medizinischen
Hintergrund des Todesfalles wurde gestern zunächst nichts bekannt. Vor
zwei Jahren waren zwei Läufer beim real,- BERLIN-MARATHON gestorben.
Hintergrund derartiger Fälle sind meistens versteckte
Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Infekte, mit denen Läufer trotzdem an den
Start gegangen sind.
Rund 800.000 begeisterte Zuschauer bekamen von dem tragischen Fall
allerdings nichts mit. Sie sorgten für Volksfeststimmung auf den 42,195 km
und feuerten die insgesamt 48.599 Teilnehmer aus 90 Nationen an. Diese
Rekordzahl teilte sich auf in 32.752 Läufer, 8369 Skater, 121
Rollstuhlfahrer und 134 Walker. Außerdem beteiligten sich 7223
Schüler am real,- MINI-MARATHON über rund 4,2 km.
Nie zuvor in
der Geschichte des real,- BERLIN-MARATHON lagen die ersten drei Männer am
Ende so dicht zusammen. Lediglich fünf Sekunden trennten den Sieger
Raymond Kipkoech vom drittplatzierten Vincent Kipsos. Und da die ersten drei
alle aus Kenia kamen, gab es doch noch einen Streckenrekord. Kenias
Männer-Trio benötigte als Mannschaft 6:20:28 Stunden. Nur zwei
Sekunden fehlten zum inoffiziellen Team-Weltrekord, den ebenfalls Kenia
hält. Dabei hatte es anfangs gar nicht nach einem derart schnellen Rennen
ausgesehen. Fast verhalten war das Feld gestartet und hatte den ersten
Kilometer auf der Straße des 17. Juni erst nach 3:13 Minuten. Doch der
erste war der mit Abstand langsamste Kilometer dieses Marathons. Mit
Kilometerzeiten von teilweise deutlich unter 3:00 Minuten zog der Kenia-Express
durch Berlins Straßen.
Im Rennen der drei Sieger der vergangener Jahre hatte Simon Biwott, der
Gewinner in Berlin 2000, die besten Karten. Schon frühzeitig war bei dem
immer schnelleren Tempo der Brasilianer Ronaldo da Costa aus der Spitzengruppe
herausgefallen. Es war allerdings schon vorher klar, dass da Costa weit
entfernt sein würde von einer Form wie 1998, als er in der damaligen
Weltrekordzeit von 2:06:05 Stunden gewann. Dieser Streckenrekord schien im
Laufe des Rennens in Gefahr zu geraten. Doch als da Costa als 16. in 2:12:52
Stunden ins Ziel kam, hatte seine Bestzeit noch Bestand. Als die Spitzengruppe
zuvor mit dem Wilden Eber einen der Stimmungshöhepunkte erreicht hatte,
hatte kurz zuvor auch der später noch auf Platz 20 zurückgefallene
Vorjahressieger Joseph Ngolepus (Kenia) den Kontakt verloren. Nun entwickelte
sich ein Vierkampf, in dem lange Zeit der Marathon-Debütant Boniface
Usisivu (Kenia) eine gute Rolle spielte. Die Entscheidung fiel dann erst auf
der Tauentzienstraße, als Kipkoech überraschend im Spurt den
Vize-Weltmeister Biwott hinter sich ließ.
Obwohl hinter der Form von Naoko Takahashi ein Fragezeichen stand,
päsentierte sich die Japanerin in Berlin einmal mehr souverän. Bis
Kilometer 25 lief sie im Windschatten der später zweitplatzierten
Mexikanerin Adriana Fernandez (2:24:11). Dann zog „Die Tochter des
Windes“, wie Takahashi in Japan genannt wird, davon und kam zum sechsten
Sieg in ihrem siebenten Marathon. Nur bei ihrem ersten Versuch über die
42,195 km 1997 in Osaka hat die 30-Jährige, die sich in Berlin ebenso wie
Raymond Kipkoech insgesamt 60.000 Euro verdiente, nicht gewonnen.
Die im Rahmen des real,- BERLIN-MARATHON veranstaltete Deutsche
Meisterschaft gewann Martin Beckmann (LG Leinfelden), der in der Gesamtwertung
mit 2:16:07 Stunden Rang 23 belegte. Bei den Frauen triumphierte die Berlinerin
Kathrin Weßel vom Veranstalterklub SCC in 2:36:36. Damit wurde die
35-Jährige im Gesamtklassement Achte. Bester Berliner Läufer war
Jirka Arndt (SCC), der mit 2:21:31 Stunden auf Platz 38 lief.
Im Wettbewerb der Inline-Skater verfehlten die Spitzenathleten einmal mehr
die erste Zeit unter einer Stunde. Der Kolumbianer Juan Carlos Betancur siegte
im Spurt in 1:04:44,4 Stunden mit dem minimalen Vorsprung von einer
Zehntelsekunde vor Kalon Dobbin (Neuseeland). Schnellste Frau war die
Streckenrekordhalterin: Angèle Vaudan hatte, ebenfalls im Spurt, in
1:13:59,7 Stunden zwei Zehntelsekunden Vorsprung vor Silvia Nino (Kolumbien).
Zu einem schweren Unfall war es bei Kilometer 15 gekommen, als Skater
stürzten und weitere, dicht folgende Athleten nicht mehr ausweichen
konnten. Mehrere Skater erlitten offenbar Knochenbrüche.
„Business as usual“ gab es bei den Rollstuhlfahrern. Zum 15 Mal
hieß der Sieger des real,- BERLIN-MARATHON Heinz Frei. Der Schweizer
blieb zwar deutlich über seinem fünf Jahre alten Streckenrekord von
1:21:39 Stunden, hatte aber mit 1:28:28 immer noch einen komfortablen Vorsprung
von exakt einer halben Minute auf den Japaner Jun Hiromichi. Für Heinz
Frei war es der zwölfte Sieg in Serie in Berlin – auch das ein wohl
einmaliger Rekord. Auch bei den Frauen gab es keine neue Siegerin in Berlin.
Edith Hunkeler (Schweiz) wiederholte ihren Vorjahreserfolg und hatte nach
1:45:53 Stunden das Ziel auf der Tauentzienstraße erreicht. Für sie
ist es der dritte Sieg in Berlin.