Der Marathon gehört zu Frankfurt wie die Börse, die Banken-Skyline,
der Flughafen Rhein-Main, die Zeil, die
Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität und, und, und ...
Der Eurocity Marathon Messe Frankfurt, so der vollständige Titel des
42,195 km-Spektakels durch Mainhattan und dem Zieleinlauf in der Festhalle, ist
in der langen Folge der Marathonereignisse seit dem Auftakt 1981 vor den
Werkstoren der Hoechst AG ein national wie international gut angesehener Lauf,
der in vielfältiger Weise Zeichen gesetzt hat – auch wenn man
hinsichtlich der Finisherzahlen hierzulande hinter Berlin, Hamburg, Köln,
München und dem KarstadtRuhr-Marathon derzeit nur die Nummer sechs
ist.
„Wir haben mit aktuell 9 723 Anmeldungen
eine beachtliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr“, bewertet
Organisator Jo Schindler am Freitag den Meldestand des Marathons, der
traditionsgemäß in Deutschland den Abschluss der großen
Stadt-Marathonläufe bildet.
Einschließlich der Nebenstrecken liegen die Frankfurter mit 14 226
Einschreibungen auf einem strammen Kurs in Richtung 15.000 Meldungen-Kurs.
„Ob nun eine neun oder eine zehn vorweg steht, das ist eigentlich
nebensächlich. Wir sind auf einem guten Weg in Frankfurt. Einer
Spiridon-Auswertung nach sind wir in Deutschland die Nummer vier.
Mit dieser „Holzmedaille“ wollen wir uns allerdings nicht zufrieden
geben! Es sollte schon ein Stockerl-Platz sein!“ kündigt Schindler
eine offensive Marschrichtung an. Einer Auswertung des
Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF) zufolge sind die Frankfurter unter
Berücksichtigung der Siegerzeiten, Organisation und Begeisterung als
Nummer drei in Deutschland hinter Berlin und Hamburg gelistet.
Egal, wie nun auch der Ansatz auch ist, der älteste deutsche Stadtmarathon
muss seine Daseinsberechtigung keineswegs alljährlich aufs Neue unter
Beweis stellen. Der Frankfurt-Marathon ist eine Institution.
Ein neuer Streckenrekord soll’s schon sein am
Main
Wenn am Sonntag um 11.00 Uhr am Messetower der Startschuss fällt, dann ist
freilich längst die Frage nach dem Wetter entschieden. Zumeist war es
nicht so berauschend, deshalb sind die Leistungen der großen
Marathonläuferschar höher einzuschätzen als diese in Minuten und
Sekunden belegen. Doch nach den neuesten Wetterprognosen soll es keineswegs so
schlecht sein, wie es noch zu Wochenanfang ausgesehen hat.
Der zumeist böige Wind wird dabei ebenso zu den Legenden gehören wie
vermutlich auch der traditionelle Regen, der Läuferträume wie
Seifenblasen zumeist platzen ließ. Das schnellste Männerfeld aller
Zeiten haben die Macher am Main angekündigt. „Unsere Zielrichtung
ist unter 2:10, genauer gesagt, ein neuer Streckenrekord!“ kündigt
der Berliner Christoph Kopp an, der für die Athleteneinkäufe
verantwortlich ist.
Und diesen könnte der Vorjahressieger und bisherige Streckenbeste Boaz
Kimaiyo unterbieten, schließlich hat er sich nach einem
Frühjahrseinbruch in Seoul mit einer 2:14er Endzeit vier Monate
gewissenhaft auf seinen Auftritt in Frankfurt vorbereitet. „Ich werde
mein bestes geben!“ kündigte der 29jährige an, der immerhin auf
einen Hausrekord von 2:08:46 verweisen kann, den er vor zwei Jahren in
Amsterdam gelaufen war. Mitgebracht hat Kimaiyo gleich drei Teamkollegen aus
dem Rennstall des Italieners Gabriele Rosa, die allesamt für eine
Topplatzierung gut sein sollten. Vielleicht wird am Sonntag kurz nach 13.00 Uhr
einer der John Rono, Simon Kasimili und Fred Mogaka am stärksten in der
sicherlich gut gefüllten „Gud Stubb“ gefeiert.
Nach Schussverletzung greift Chicago-Sieger Osoro wieder
an
Die schnellste Zeitvorgabe mit 2:06:54 bringt hingegen der Kenianer Ondoro
Osoro mit an den Main. Als Sieger des Chicago-Marathons schaffte dieser Osoro
1998 das schnellste Debüt seinerzeit – und war auf dem besten Wege,
ein ganz Großer der Szene zu werden. Doch viele Rückschläge
vereitelten die große Läuferkarriere. So wurde er bei einem
Überfall durch einen Schusswechsel verletzt und ist zwar heute
schmerzfrei, aber noch „nicht 100% geheilt“, wie er am Freitag
nochmals bestätigte. „Ich kann gewinnen. Oder auch nicht!“ Wer
die Kenianer kennt, der sollte im Vorfeld eines wichtigen Rennens kaum eine
andere Prognose erwarten.
Last minute-Startnummern sind oftmals für Überraschungen gut. Dies
könnte auch bei der 2004er Auflage des Frankfurt-Marathon Wahrheit werden,
wenn die wegen Visaprobleme kurzfristig in Frankfurt anklopfenden Eric Kiptoon
und Samson Loywapet nun am Main richtig Gas geben werden.
Nach Zaituc-Absage offener Ausgang bei den Frauen
Bei den Frauen fehlt nach der Umorientierung von Luminita Zaituc in Richtung
New York diesmal der erklärte Favorit, doch dafür könnte es bis
in die Festhalle hinein überaus spannend werden. Dafür sollten schon
die Vorjahreszweite Larissa Malikova oder die Mainz-Marathon-Erste Julia
Vinokurova sorgen, oder die vornehmlich im Ultrabereich besonders starken
Zwillinge Olesya und Elena Nurgalieva.
Die bislang schnellste Zeit hat die Kenianerin Mary Ptikany mit 2:32:02 zu
vermelden. Die von Volker Wagner betreute Kenianerin gilt ebenso als eine der
Sieganwärterin wie auch deren Landsfrau Gladys Asiba, die mit einer
Empfehlung als Zweite beim Country-Music-Marathon in Nashville angereist
ist.
Ohne Druck will Carsten Eich primär eines: Deutsche
Jahresbestzeit laufen!
Im Schatten der schnellen Kenianer plant Carsten Eich einen versöhnlichen
Saisonausklang, nachdem er zwar die Marathonläufe in Köln (2003) und
Düsseldorf (2004) gewinnen konnte, aber nicht die Gunst der
Verantwortlichen des DLV und des Nationalen Olympischen Komitees, als es um die
Nominierung für die Olympischen Spiele ging. „Ich habe den Anspruch,
die Saison als bester Deutscher zu beenden!“
Das hieße, zumindest die Saisonbestmarke von Stephan Freigang zu
unterbieten, der als deutscher Meister in Hannover 2:14:02 gelaufen ist.
„Das ist das Minimalziel. Bei guten Bedingungen sollten 2:12 möglich
sein! Ich bin froh, ohne Druck laufen zu können. Ich brauche hier in
Frankfurt nicht an irgendeine Norm zu denken noch an
Verbandsvorgaben!“
Der 34jährige Kaufmännische Angestellte einer Direktbank in
Nürnberg hat längst alle Verbandsfesseln abgelegt und trainiert mit
hohem Aufwand „so profimäßig“ wie es seine
50-Prozent-Anstellung in der Wertpapierabteilung zulässt. Und das reicht,
um derzeit in Deutschland Spitze zu sein. Zu mehr jedenfalls nicht. Siehe die
Nicht-Nominierung für Athen. Vielleicht lehrt Carsten Eich auf dem
Frankfurter Asphalt die Funktionäre eines Besseren ...
Wilfried Raatz