Lieber Herr Wenning,
lieber Herr Schneider,
lieber Herr Beck,
meine Damen und Herren,
ich freue mich hier sein zu können, weil ich meinen Respekt sagen
möchte gegenüber einer großartigen Tradition, einer Tradition
in Sport und Kultur. Aber auch Respekt sagen will vor den Anstrengungen eines
Unternehmens, das in schwieriger gewordenen Zeiten den Sport und die Kultur
sponsert.
Gibt es doch viele, die den gegenteiligen Standpunkt vertreten und in kalten
Zahlen rechnen. Sie haben es erwähnt, Herr Wenning, dass für die
Bayer AG motivierte Mitarbeiter ganz wichtig sind für den Erfolg des
Unternehmens. Und diese nicht zuletzt dadurch zu motivieren sind, dass sie Teil
eben dieses Unternehmens sind, das sich kulturellen und sportlichen Aufgaben
ganz selbstverständlich widmet und die dafür erforderlichen Mittel
auch zur Verfügung stellt.
Wenn ich über Bayer 04 Leverkusen nachdenke, dann kommen mir
bei dem Thema „100 Jahre TSV Bayer 04“ ein paar Dinge in den
Sinn:
Erstens. Er ist in der Tat der älteste Werksverein in
Deutschland.
Zweitens. Wenn auch jetzt, jedenfalls was die öffentliche Wahrnehmung
angeht, gelegentlich anderes im Vordergrund steht:
Die großen Verdienste von Bayer Leverkusen liegen in der
Leichtathletik – das muss man immer wieder betonen.
Drittens. Die Fußballabteilung ist inzwischen faszinierendes
Aushängeschild des Vereins.
Viertens. Soziales Engagement im Behindertensport und die
außerordentlichen Leistungen, die hier erzielt werden.
Meine Damen und Herren, gegründet wurde dieser älteste deutsche
Werksverein im selben Jahr wie die Kulturvereine der Bayer AG. Etwa der Bayer
Männerchor oder aber das Sinfonieorchester, das wir heute hören.
Für Carl Duisberg war damals die Förderung der Kultur, die
Unterstützung sozialer Einrichtungen - einschließlich des
Werkswohnungsbaus – ein beachtlicher Teil des sozialen Gesamtengagements
der Bayer Werke.
Der TSV 04 gehört zur Identität des Unternehmens; damals
wie heute.
Die Bayer AG ist nämlich weit mehr als lediglich der Hauptsponsor des
Vereins. Das Unternehmen engagiert sich im Sport weit über den Werksverein
hinaus. Es investiert regelmäßig in Sportanlagen und schließt
Sponsorenverträge für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler.
Verein und Unternehmen helfen den Sportlern auch beim Übergang in ein
Leben nach dem Leistungssport. Gewiss gibt es sehr viele Profis, die das gar
nicht brauchen. Aber hinter dem, was etwa im Fußballsport an
Gehältern gezahlt wird, verbirgt sich oft die Tatsache, dass viele
Spitzensportlerinnen und -sportler, die nicht in den ganz spektakulären
Bereichen wie Fußball aktiv sind, diese Hilfe beim Übergang vom
Leistungssport in ein Berufsleben sehr wohl brauchen. Das wird auch in Zukunft
so bleiben, und dass die Bayer AG dabei hilft, finde ich sehr
positiv.
Meine Damen und Herren,
die Zahl von rund 50.000 Mitglieder in den Bayer
Sportvereinen, an allen Standorten übrigens des Unternehmens,
spricht dabei für die Leistungsfähigkeit und die
Begeisterungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den
Sport. Es ist aber auch ein Beweis für die Attraktivität des Sports
und für die Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eben durch
Sport, genauso wie durch Kultur.
Die Leichtathletik ist die Vorzeige-Sportart von Bayer 04
Leverkusen. Während vieler Weltmeisterschaften und Olympischer Spiele
konnte man fast eine Gleichung aufmachen: Bayer Leverkusen stellte die
Nationalmannschaft, zumindest dominierte der Verein in den jeweiligen Teams.
Bis heute ist Bayer Leverkusen der erfolgreichste deutsche
Leichtathletikclub.
Ich fand es schön, Herr Wenning, dass Sie gewiss nur beispielhaft die
Namen einiger Olympiasieger genannt haben. Heide Ecker-Rosendahl,
Ulrike Nasse-Meyfarth, Heike Henkel, Dieter Baumann, Dr. Arnd Schmitt, aber
eben auch Willi Holdorf.
Die Älteren, zu denen ich auch gehöre, werden das Bild am Schluss des
1500-m-Laufes nicht vergessen, wo er ziemlich kaputt, aber genauso
glücklich aussah – und er hatte berechtigten Grund dazu.
Die Erfolge in der Leichtathletik schmälern nicht die in anderen
Sportarten, wie beispielsweise im Handball. Früher wurde – wie man
auf den Bildern sehen konnte – noch Feldhandball gespielt, eine fast
vergessene Sportart, bei der wundervolle Tore erzielt worden sind. Volleyball
ist bei Bayer 04 Leverkusen gespielt worden, Fechten ist hier groß
geworden, aber natürlich wurde zurecht auch auf Basketball
hingewiesen.
Das, meine Damen und Herren, ändert nichts daran, dass die
Fußballabteilung inzwischen, jedenfalls was die nationale und
internationale Wahrnehmung im breiten Publikum angeht, das Aushängeschild
des Vereins geworden ist. Die Leistungen der Profi-Fußballmannschaften
sind es, mit denen die Fans, aber auch die anderen Sportinteressierten, sich
identifizieren. Und, meine Damen und Herren, ich möchte hier einen nennen,
der besonders zu diesem Erfolg von Bayer 04 Leverkusen beigetragen hat und der
im positiven Sinne immer wieder auffällt: Ich meine Rainer
Calmund.
Wir denken auch an die beiden sportlichen Tragödien, die Bayer 04
Leverkusen gleich zweimal, - unter Christoph Daum und unter Klaus
Toppmöller – die Deutsche Meisterschaft, aber wirklich um
Haaresbreite, gekostet haben. Man hat da Männer weinen sehen. Das wird im
Gedächtnis bleiben. Ich erinnere aber auch an das Erreichen der Champions
League und des DFB-Finales. Während der nationale Titel gewonnen wurde,
scheiterte man beim europäischen Titel unglücklich.
Leverkusen hat sich, daran sollte man sich in diesen Tagen einmal erinnern,
auch für die Fußball-Nationalmannschaft stark engagiert. In diesem
Zusammenhang, wie könnte das anders sein, muss von Rudi Völler die
Rede sein. Er stellte sich der Nationalmannschaft in einer schwierigen Lage zur
Verfügung, obwohl er nicht nur andere Ambitionen, sondern auch andere
Perspektiven hatte. Rudi Völler hat diese Mannschaft förmlich neu
aufgebaut, ist mit ihr unerwartet Vizeweltmeister geworden. Und er hat das Team
für die Europameisterschaft qualifiziert: Das ist längst nicht jedem
gelungen! Die Entscheidung Rudi Völlers zurückzutreten verdient unser
aller Respekt. Ich sage aber auch, dass ich ein bisschen traurig darüber
bin, denn er hat einen guten Job gemacht.
Meine Damen und Herren, Sie Herr Wenning, haben zu Recht über den
Behindertensport geredet. Das ist nun wirklich nicht nur ein sehr bedeutender
Bereich für den TSV Bayer 04 Leverkusen, sondern auch ein
außerordentlich erfolgreicher. Dabei geben die behinderten
Spitzenathletinnen und -athleten eine wichtige Orientierung. Menschen mit
Behinderungen sehen, dass es möglich ist, Spitzenleistungen zu erbringen
und über diese Spitzenleistungen ein Stück Selbstbewusstsein zu
gewinnen. Das ist mit Sicherheit auch im beruflichen Leben und bei der
beruflichen Eingliederung sehr hilfreich.
Stellvertretend für viele nenne ich Britta Siegers. Sie ist die
erfolgreichste Behindertenschwimmerin. Dass sie sich in diesem Jahr noch einmal
im Rollstuhltennis für die Paralympics qualifiziert hat, unterstreicht
ihre ganz persönliche Ausnahmestellung.
Gern erinnere ich daran, dass vor zwei Jahren die Behindertensportabteilung
des TSV 04 mit dem Grünen Band für die vorbildliche
Talentförderung im Verein ausgezeichnet wurde. Ausdrücklich
unterstreiche ich die gelungene Integration der Sportlerinnen und Sportler mit
Behinderungen in den Sportbetrieb der Nichtbehinderten. Das ist ein eminent
wichtiger Punkt für alle. Dass es in Leverkusen den
Leistungsstützpunkt für behinderte Aktive gibt, ist bekannt.
Einem breiten Publikum sollte durch die Medien aber vermittelt werden, dass vom
ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG, Herbert Grünewald, die
Stiftung für Behinderten- und Leistungssport gegründet
wurde.
Den Menschen mit Behinderung muss verstärkt das Gefühl gegeben
werden, dass sie ohne Ausnahme und ohne Einschränkung, außer der,
mit der sie leben müssen, zu uns allen gehören. Das ist gerade im
Sport so eminent wichtig, dass ich alle Verantwortlichen bitte, auch
zukünftig engagiert weiter zu machen. Es zahlt sich für die ganze
Gesellschaft aus, denn der Zusammenhalt aller wird gestärkt. Denjenigen,
die das Glück haben, ohne Behinderungen leben zu dürfen, sollte die
Hilfe, die sie gewähren, eine Selbstverständlichkeit sein.
Meine Damen und Herren, ich gratuliere besonders gerne zu diesem
Jubiläum. TSV Bayer 04 danke ich für viele schöne, unvergessene
Erfolge, an denen sich alle Sportanhänger erfreuen konnten.
Der Bayer AG, ich betone das noch einmal, danke ich dafür, dass sie Sport
und Kultur fördert. Das Unternehmen erkauft sich seinen Erfolg nicht
– lassen Sie es mich so ausdrücken – mit
betriebswirtschaftlichem Geiz, indem die Kosten für Sport und Kultur
zusammengestrichen werden. Ich kann das nur begrüßen.
Es zeigt, dass die Unternehmensführung weiß, dass motivierte
Mitarbeiter gebraucht werden, und dass diese nur zu motivieren sind, wenn sie
spüren, dass ihr Unternehmen sich für mehr als nur den
wirtschaftlichen Erfolg einsetzt. Zum anderen bin ich überzeugt, dass ein
Unternehmen, das in globalisierten Märkten tätig ist, gut daran tut,
zu wissen, dass Wirtschaft auch für die Gesellschaft da ist.
Dass Bayer das in all den Jahrzehnten geschafft hat, und dass wir deswegen
100 Jahre Sport- und Kulturförderung feiern können, freut nicht nur
mich. Es freut viele Menschen in Deutschland mit mir. Und diese vielen werden
sich sicher meinem Glückwunsch anschließen, den ich gern
ausspreche.