Seit einigen Jahren gehört Jirka Arndt zur erweiterten deutschen Spitze
über 5000 m. Dies konnte für ihn allerdings alles andere als ein
Qualitätssiegel sein, denn diese Spitze ist abgesehen von Dieter Baumann
international bestenfalls drittklassig. Doch in dieser Saison hat sich Jirka
Arndt deutlich verbessert. Mit einer Steigerung auf 13:21,47 Minuten, gelaufen
beim Golden-League-Meeting in Rom, erfüllte der Läufer des SC
Charlottenburg die Olympianorm. Und mit einem zweiten Platz bei den Deutschen
Leichtathletik-Meisterschaften in Braunschweig machte er seinen Sydney-Start
perfekt. Hinter Dieter Baumann (Bayer Leverkusen/13:39,17) lief Jirka Arndt
13:45,66 Minuten.
Die erfolgreiche Entwicklung des Jirka Arndt hängt mit vorder- und
hintergründigen Dingen zusammen. Zwar arbeitet er nach wie vor mit seinem
alten Trainer Axel Pohlmann zusammen, doch primär kümmert sich seit
1999 Stéphane Franke um den 26-jährigen Läufer. Die im Laufe
des vergangenen Jahres immer stärkere Einbindung in die Potsdamer
Trainingsgruppe, zu der neben Franke vor allen der
3000-m-Hindernis-Europameister Damian Kallabis gehört, ist der
offensichtliche Grund für die besseren Ergebnisse. "Wenn man im
eigenen Saft schmort, kommt man nicht weit - die Kenianer trainieren auch
erfolgreich in Gruppen. Und Fehler, die ich früher gemacht habe,
müssen die anderen ja nicht noch mal machen", sagt Stéphane
Franke, der sich nach einem Achillessehnenanriss nun in der Olympiasaison auf
die Betreuung seiner Athleten konzentriert. Entscheidend für die
Entwicklung von Jirka Arndt war jedoch, dass sich in der neuen Trainingsgruppe
seine gesamte Einstellung grundlegend verändert hat. Diese
Veränderung hat auch Damian Kallabis beobachtet: "Seine Einstellung
ist professioneller geworden, er konzentriert sich viel mehr auf den Sport.
Manche, die ihn früher kannten, hätten das nicht für
möglich gehalten", erzählt Damian Kallabis, dem Stéphane
Franke selbst viel in punkto Professionalität vermittelt hat. Dazu
gehört zum Beispiel eine gesunde Ernährung oder auch ein dem Sport
angepasster Tagesablauf. Bei Jirka Arndt haperte es offenbar besonders an
letzterem.
"Ich war nicht konsequent genug und bin vor allem in den Jahren 1995
bis '97 zweigleisig gefahren", erzählt der aus Wolgast bei Usedom
stammende Läufer, der in Potsdam parallel sein Architekturstudium
vorantrieb und sich zudem viel mit Computergrafik beschäftigte. "Es
gab manche durchgearbeitete Nacht - und so bin ich dann in Wettkämpfe
gegangen. Das hat mich zurückgeworfen", erzählt Jirka Arndt, der
glaubt, dass sich viele Athleten in einer ähnlichen Situation befinden.
"Sie trainieren auch hart, haben aber Ablenkungen im täglichen Leben.
Wenn sie dann einiges in den Sport investiert haben und sehen, dass die Spitze
immer noch ein gutes Stück weg ist, dann ist das eine schwierige
Situation." Eine gewisse Resignation macht sich breit. So war es auch bei
ihm selbst. Obwohl der Deutsche 5000-m-Juniorenmeister von 1993 durchaus das
eine oder andere Erfolgserlebnis hatte. 1996 startete er beim Europacup, zwei
Jahre später wurde er dreimal Dritter bei nationalen Titelkämpfen:
über 3000 m in der Halle, 5000 und 10.000 m. "Aber es war vor allen
mein Trainer Axel Pohlmann, der mich motiviert hat, weiterzumachen." So
kann sich Jirka Arndt nun seinen Jugendtraum erfüllen: einen Start bei
Olympischen Spielen. "Mit diesem Ziel habe ich einst angefangen mit dem
Sport."
Auch der Anfang gelang damals im DDR-Sportsystem übrigens nicht auf
Anhieb. Bei einer Sichtung in Potsdam wurde Jirka Arndt zwar als talentiert
eingestuft, galt aber als zu klein. Ein Jahr später, 1987, kam er wieder,
war elf Zentimeter gewachsen und durfte in der Sportschule bleiben. Heute misst
er 1,79 m - groß genug für Olympia.